Digitalisierung

Ein Portal für alle und alles

Carl-Friedrich Höck11. Oktober 2017
Eng vernetzt: Das neue Onlinezugangsgesetz soll dazu beitragen, digitale Verwaltungsleistungen besser zu verzahnen.
Bund, Länder und Kommunen sollen ihre Verwaltungsportale miteinander verknüpfen. Den Bürgerinnen und Bürgern soll der „digitale Gang zum Amt” erleichtert werden. Die Kommunen fürchten, dass gewachsene Strukturen voreilig zerschlagen werden könnten.

Geht es nach Martin Schulz, werden Behördenangelegenheiten bald einfacher zu regeln sein. „Wir lassen die Daten laufen und nicht mehr die Bürger oder Unternehmen.“ So steht es in einem „Zukunftsplan“, den der SPD-Parteichef und Kanzlerkandidat im Juli vorgestellt hat. Darin umreißt er, wie er sich ein modernes Deutschland vorstellt. Ein zentraler Punkt: Die digitalen Portale von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen sollen miteinander verknüpft werden. Mit einer „gemeinsamen Kraftanstrengung“ wolle die SPD dafür sorgen, dass „weitestgehend alle Prozesse und Dienstleistungen in den nächsten fünf Jahren auf einem Deutschlandportal für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen verfügbar sind“, heißt es im Zukunftsplan.

Ob es um die Anmeldung zum Kindergarten geht, eine KfZ-Zulassung, einen Wohngeldantrag, die Steuererklärung, Rentenleistungen oder eine Baugenehmigung: Auf alle onlinefähigen Verwaltungsleistungen sollen die Nutzer über das Deutschlandportal zugreifen können.

Onlinezugangsgesetz regelt den Rahmen

Was nach Zukunftsmusik klingt, ist von der Bundesregierung bereits in die Wege geleitet worden. Im Juni haben Bundestag und Bundesrat ein Onlinezugangsgesetz (OZG) beschlossen – im Rahmen der Bund-Länder-Finanzreform. Es verpflichtet Bund und Länder, binnen fünf Jahren „ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten“ sowie diese miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Das bezieht sich laut Gesetzesbegründung auf „alle Verwaltungsleistungen sämtlicher Behörden, es sei denn, dass sich die Verwaltungsleistung – aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen – hierzu nicht eignet“. Hohe Hürden aufgrund sehr spezifischer Anforderungen erwartet die Bundesregierung insbesondere für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch oder im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Die Nutzer sollen die Leistungen des Verbundes mit einem einzigen Nutzerkonto in Anspruch nehmen können. Man muss sich also dann nur noch einmal registrieren und die eigenen Daten nicht mehrfach angeben. Um diese Zugänge einheitlich zu regeln, wurde das Grundgesetz geändert. (Artikel 91c, Absatz 5.) Dort ist nun die alleinige Gesetzgebungskompetenz des Bundes festgeschrieben, wenn es darum geht, den Zugang zu den Verwaltungsdienstleistungen von Bund und Ländern auszugestalten. Das betrifft etwa IT-Sicherheitsstandards sowie technische Kommunikationsstandards.

Städte und Gemeinden für Verbundlösung

Was aber bedeutet das OZG für die Kommunen? Vieles ist noch im Unklaren. Streng genommen verpflichtet das Gesetz nur Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen über den Portalverbund anzubieten. In der Begründung hat die Bundesregierung allerdings deutlich gemacht, dass sie die kommunale Ebene einbeziehen will. Der Bundesrat argumentierte im Gesetzgebungsverfahren, der Bund dürfe den Gemeinden und Gemeindeverbänden laut Grundgesetz gar keine Aufgaben übertragen.

„Eine Lösung ohne die Verwaltungsdienstleistungen und Angebote der Kommunen als nachgeordnete Ebene der Länder ist kaum vorstellbar und erscheint wenig sinnvoll“, äußert sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) auf Nachfrage. Auch die anderen kommunalen Spitzenverbände bewerten die Idee eines Portalverbundes grundsätzlich positiv. Sorgen macht man sich allerdings, dass bestehende Angebote zugunsten eines Einheitsportals entwertet werden könnten.

Kommunen wollen gewachsene Strukturen erhalten

„Wichtig ist, dass es sich um eine echte Verknüpfung, einen Verbund von Portalen handelt und kein einseitiges Durchregieren auf die eigenständigen kommunalen Portale erfolgt, die seit langen Jahren gewachsen sind“, sagt Kay Ruge, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages. Der Bund dürfe lediglich Regelungen für den gemeinsamen Zugang zu Bürgerportalen schaffen. „Jede Vorgabe von IT-Komponenten, die inhaltlich darüber hinausgeht und einseitig Fachverfahren in den Ländern und Kommunen vereinheitlichen will, ist daher eindeutig verfassungswidrig“, mahnt Ruge.

Auch ein Sprecher des Deutschen Städtetages warnt vor der Gefahr zentra­listischer Strukturen, die es unmöglich machen, Bestehendes einzubinden. Er fordert „intelligente Verknüpfung statt zentraler Neustrukturierung“. Damit ließen sich zudem erhebliche Kosten einsparen.

Projektgruppe klärt Details

Wie das OZG konkret umgesetzt wird, soll nun eine im Bundesinnenministerium angesiedelte Projektgruppe klären. In dieser sind auch die kommunalen Spitzenverbände vertreten. Es müssten „Ziele und Aufgaben dargelegt, Standards und Schnittstellen und Verantwortlichkeiten festgelegt werden“, fordert der DStGB. Der Bund müsse klar aufzeigen, was für Komponenten er welcher Ebene zur Verfügung stellt, wer für was zuständig ist und welche Kosten übernommen werden. Es klingt nach einem Mammutprojekt für die kommende Wahlperiode.

Aktueller Hinweis: Dieser Text stammt aus der gedruckten DEMO-Ausgabe 09/10 2017. Am 5. Oktober hat sich der IT-Planungsrat von Bund und Ländern in Potsdam getroffen und Grundprinzipien der IT-Architektur des geplanten Portalverbundes beschlossen. Wie der Planungsrat mitteilt, sei dies die Grundlage für eine „Verknüpfung der Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen unter Berücksichtigung der föderalen Strukturen”. Mehr dazu: it-planungsrat.de