Umweltschutz

Punkteplan gegen Plastik

Johanna SchmellerKarin Billanitsch04. Dezember 2018
Immer mehr Plastikmüll wird zum Problem. Mit höheren Recyclingquoten und Abfallvermeidung will Bundesumweltministerin Svenja Schulze dagegen angehen.
Mit einem Fünf-Punkte-Plan will Bundesumweltministerin Svenja Schulze ab 2019 noch einmal verstärkt gegen Plastikmüll vorgehen. Damit sollen Einwegverpackungen im Handel reduziert werden. In den Kommunen wird die Entwicklung der Plastikmüllmengen besorgt registriert.

Lichterketten, Glitzerfolie, Glühwein-to-go: Gerade in der Adventszeit haben Verpackungen, Dekoelemente und Einwegbecher Saison – aber nicht mehr überall. Auf 32 Quadratmetern präsentiert der kleine Laden „Annas Unverpacktes“ in der Heidelberger Innenstadt ein Trockensortiment. Nüsse, Gewürze, Flocken, getrocknetes Obst gibt es hier in Gläsern zum Selbstabfüllen. „Durch die politische Dauer-Diskussion rückt Müllvermeidung endlich ins Bewusstsein von Leuten, die sonst vielleicht erst in zwei oder drei Jahren hergefunden hätten“, sagt Inhaber Andreas Wille. „Seit mindestens sechs Monaten hat das Thema Plastikmüll Konjunktur.“

Fünf Punkte gegen Plastik

Der neue Anti-Plastik-Plan von Bundesumweltministerin Svenja Schulze trägt dem jetzt Rechnung. Er stützt sich auf drei Prinzipien: Procycling, Recycling und Aufklärung – also Müllvermeidung, Wiederverwertung und möglichst viel Information darüber, wo Verpackungen überflüssig sind. Im Detail liest sich der Plan wie eine Reihe von Neujahrsvorsätzen, die schon im kommenden Jahr Wirklichkeit werden könnten: Von der EU beschlossene Vorgaben gegen Einwegplastikwaren, wie Ohrwattestäbchen oder Plastikbecher sowie Schweißverpackungen für Obst und Gemüse sollen noch 2019 in deutsches Recht umgesetzt werden. Für Produkte, bei denen recyceltes Material verwendet wird, ist eine Förderung durch niedrigere Lizenzentgelte geplant. Die Recyclingquoten sollen im kommenden Jahr von derzeit einem guten Drittel auf deutlich über die Hälfte gesteigert werden.

Kampf gegen Schutt im Meer

Für den Kampf gegen Meeresmüll sind im Bundeshaushalt 2019 insgesamt 50 Millionen Euro vorgesehen, und durch verbesserte Information über die Biotonne könnten Plastikanteile im Kompost künftig vermieden werden. Insbesondere Plastikflaschen bleiben 450 bis 500 Jahre im Meer, weshalb für das Trinken von Leitungswasser geworben wird – als Ersatz für Mineralwasser in Einwegflaschen. Mikroplastikbestandteile in Kosmetikwaren, die etwa über das Duschgel ins Grundwasser gelangen, sollen dann 2020 der Vergangenheit angehören.

Tatsächlich drängt die Zeit. In der EU entstehen nach Angaben der EU-Kommission jedes Jahr rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll. Nach Angaben von Meeresforschern landen international zwischen fünf und knapp 13 Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich in den Weltmeeren. Besondere Priorität hat daher auch das Thema Müllvermeidung. Der Fünf-Punkte-Plan der Bundesumweltministerin umfasst hierzu zum Beispiel eine Kampagne gegen die Wegwerfgewohnheiten unter dem Motto „Weniger ist mehr“.

BDE: „Mehr Rezyklate in der öffentlichen Beschaffung nutzen“

Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. hat den 5-Punkte-Plan von Bundesumweltministerin Svenja Schulze im Grundsatz begrüßt, jedoch deutlich weitergehende Maßnahmen angemahnt: „Das Konzept geht zwar in die richtige Richtung, genügt den Herausforderungen aber insgesamt noch nicht“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth. Beispielsweise wünscht sich der BDE-Präsident stärkere Verbindlichkeit beim Rezyklateinsatz in der öffentlichen Beschaffung: „Die öffentliche Hand in Deutschland kauft Jahr für Jahr für cirka 400 Milliarden Euro Materialien für sämtliche Behörden und Verwaltungen. Auch hier kann die Politik ein Zeichen für Rezyklate setzen und in den Ausschreibungskriterien Mindestanteile von Recyclingrohstoffen an neuen Produkten festlegen.“

 VKU: „Weg von der Einwegkultur“

In den Kommunen wird die Entwicklung der Plastikmüllmengen besorgt beobachtet: „Unsere Mitglieder beobachten, dass mit dem Food-to-go-Trend zunehmend mehr Einwegverpackungen in Umlauf geraten und dann auf Straßen Parks, Flüssen und schließlich in den Meeren landen“, sagt der der VKU-Vizepräsident der Abfallsparte Patrick Hasenkamp. „Überall quellen Mülleimer mit Einweggeschirr über.“ Das sei ökologischer Irrsinn. Hasenkamp weiter: „Entsorgen müssen den Müll die kommunalen Betriebe. Er weist darauf hin, dass das Geld kostet, das alle Bürger  über die Straßenreinigungsgebühren zahlen. Aus Sicht des VKU ist es folgerichtig, dass sich diejenigen, die den Müll in Verkehr bringen, auch an der Entsorgung oder Straßenreinigung beteiligen müssen. Der VKU koordiniert in Deutschland die Aktion „Europäische Woche der Abfallvermeidung“, die für das Thema sensibilisieren soll. Läden wie „Annas Unverpacktes“ gibt es mittlerweile auch in vielen Städten Deutschlands.

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