SPD stellt Minister vor

Aus dem Rathaus ins Bundesministerium

Fabian SchweyherCarl-Friedrich Höck09. März 2018
Neben dem Europa-Staatsminister Michael Roth (ganz links) stehen die künftigen Minister: Hubertus Heil, Heiko Maas, Andrea Nahles, Olaf Scholz, Katarina Barley, Franziska Giffey und Svenja Schulze.
Die SPD-Spitze hat bekanntgegeben, wen sie für die der Partei zustehenden Ministerposten nominiert. Mit Franziska Giffey schafft eine Kommunalpolitikerin den direkten Sprung ins Bundeskabinett. Parteichef Scholz sagt über den Ämterwechsel: „Ich weiß nicht, was schwieriger ist.“

Seit Tagen schwelten die Gerüchte, welche sechs Politiker die SPD wohl als Bundesminister in die große Koalition entsenden würde. Zahlreiche Namen wurden gehandelt. Entsprechend groß ist der Andrang der Journalisten im Willy-Brandt-Haus am Freitagvormittag, dem Tag der Bekanntgabe.

Drei Männer, drei Frauen

Die Kamerateams drängeln sich vor einer kleinen Bühne, auf der die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Andrea Nahles und der kommissarische Parteivorsitzende Olaf Scholz stehen. Dann stellen sie drei Minister und drei Ministerinnen vor, die zeitgleich einer nach dem anderen auf die Bühne in das Scheinwerferlicht treten.

Unter ihnen ist auch eine Kommunalpolitikerin: Franziska Giffey, die bisherige Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln. Sie wird das Amt der Familienministerin übernehmen. Giffey habe gezeigt, dass sie durchsetzungsfähig sei, kommentiert der kommissarische SPD-Vorsitzende Olaf Scholz die Nominierung. Und das an Orten, an denen „das bestimmt mit am kompliziertesten ist“.

Neukölln sei ein großes Testfeld, sagt der SPD-Chef

Franziska Giffey und Katarina Barley
Franziska Giffey (rechts) neben der bisherigen Familien- und künftigen Justizministerin Katarina Barley

Mit ihren kommunalpolitischen Erfahrungen ist Giffey gut auf das Ministerium vorbereitet, ist Scholz überzeugt. „Ich weiß nicht, ob ein Bundesministerium schwieriger und herausfordernder ist als der Bezirk Neukölln. Auf alle Fälle ist es ein großes Testfeld für Aufgaben und Herausforderungen, die man zu bewältigen hat.“ Als Beispiel nannte Scholz Fragen der Kinderbetreuung, der frühkindlichen Förderung, des bürgerschaftlichen Engagements oder der Gleichstellung, etwa von Migrantinnen. „Und vergessen wir nicht“, ergänzte Scholz, „Neukölln ist, wäre es eine eigenständige Stadt, eine unter den 20 größten Städten in Deutschland.“

In Neukölln hatte Giffey der Kriminalität und polizeibekannten arabische Clans den Kampf angesagt. Wegen dieser harten Linie gab es immer wieder Vergleiche mit ihrem politischen Ziehvater Heinz Buschkowsky, den sie 2015 als Bürgermeisterin ablöste. Die Verwaltungswirtin, die 1978 in Frankfurt (Oder) geboren wurde, begann ihre politische Karriere 2002 als Europabeauftragte der SPD in Neukölln. Eines ihrer Schwerpunktthemen ist das Thema Bildung, wie sie in einem Interview einmal gesagt hat.

Wer sonst noch nominiert wurde

Neben Giffey werden fünf weitere Sozialdemokraten dem künftigen Bundeskabinett angehören:

Katarina Barley wird neue Justizministerin. Die 49-Jährige bringe „große Kompetenz aus ihrem beruflichen Arbeitsleben“ für das Amt mit, so Olaf Scholz. Die Juristin hatte einst als Richterin sowie als Referentin im Mainzer Justizministerium gearbeitet. Barley gilt in Berlin als Pragmatikerin. Das bescheinigt ihr auch Olaf Scholz. „Sie ist in der Lage, sehr kurzfristig ein Ministerium zu übernehmen.“ Barley hatte 2017 kurzerhand das Familienministerium übernommen und leitete später gleichzeitig kommissarisch das Arbeitsministerium.

Neue Umweltministerin wird Svenja Schulze. Die Generalsekretärin der SPD in Nordrhein-Westfalen löst Barbara Hendricks ab. Schulze wurde 1968 in Düsseldorf geboren. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik und Politikwissenschaften. Die frühere Juso-Landesvorsitzende gehörte von 1997 bis 2000 dem Landtag an und arbeitete anschließend als Unternehmensberaterin. Seit 2004 ist Schulze wieder Landtagsabgeordnete. Im Kabinett von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war sie Wissenschaftsministerin von 2010 bis 2017. 

Koordination der Minister

Olaf Scholz wird Finanzminister und Vizekanzler. Andrea Nahles nennt den bisherigen Ersten Bürgermeister von Hamburg einen „großen Gewinn für die Bundespolitik“. In der Hansestadt habe er stets ein „waches Auge auf die Finanzen gehabt“. Scholz habe sich bei der Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs einen Namen gemacht. Der kommissarische Parteivorsitzende wird laut Andrea Nahles auch die Arbeit der SPD-Minister im Bundeskabinett koordinieren. „Er wird diese Aufgabe wie immer umsichtig, kompetent und als guter Verhandler leisten können.“

Die Nachfolge von Sigmar Gabriel als Außenminister übernimmt Heiko Maas. „Im Justizministerium hat er diplomatisches Geschick und Standfestigkeit bewiesen“, sagt Nahles – eine wichtige Voraussetzung für seine neue Tätigkeit. Dazu gehöre auch sein Bewusstsein als Saarländer für Europa. Seine politische Karriere begann der heute 51-Jährige in dem kleinsten deutschen Bundesland. 1998 übernahm er als damals jüngster Minister in Deutschland das saarländische Umweltministerium. Seit 2000 ist er Chef der Saar-SPD. 2013 übernahm er das Justizministerium und zeichnet sich verantwortlich für Gesetze wie beispielsweise zur Frauenquote.

Ministerriege komplett

Hubertus Heil wird Bundesarbeits- und Sozialminister. Damit übernimmt er laut Nahles „ein Kernressort der deutschen Sozialdemokratie“. In den Koalitionsverhandlungen habe er beweisen, ein „sehr guter Verhandler“ zu sein. Heil, der 1972 in Hildesheim geboren wurde, ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion sowie SPD-Präsidiumsmitglied. Mehrere Jahre hatte Heil auch schon das Amt des Generalsekretärs inne. Der Politikwissenschaftler gehört seit 1998 dem Bundestag an.

Bei der Bekanntgabe im Willy-Brandt-Haus sagt Olaf Scholz, dass die SPD mit den sechs Minstern ein „gutes Team“ habe, das „hervorragend“ zusammenarbeiten könne und paritätisch besetzt sei. Damit ist das Personal für die kommende Bundesregierung komplett. Die Union hatte schon zuvor die Namen derjenigen bekannt gegeben, die sie in das Kabinett entsendet. Am nächsten Mittwoch soll Angela Merkel vom Bundestag zur Kanzlerin gewählt werden. Im Anschluss werden die neuen Minister ernannt und im Bundestag vereidigt.

 

Der Artikel ist in kürzerer Fassung zuerst auf vorwärts.de erschienen.

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