Bilanz nach einem Jahr

Nach Reform profitieren 300.000 Kinder mehr vom Unterhaltsvorschuss

Carl-Friedrich Höck23. August 2018
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (Archivbild)
Vor einem Jahr wurden die Regeln zum Unterhaltsvorschuss reformiert. Am Mittwoch hat Familienministerin Giffey eine erste Bilanz gezogen: 300.000 Kinder zusätzlich profitieren nun von dem Vorschuss. Für die Kommunen bedeutet das mehr Aufwand.

Von der Reform des Unterhaltsvorschusses profitieren mehr Kinder und Jugendliche als ursprünglich angenommen. Wie aus einem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des neuen Gesetzes hervorgeht, erreicht der Unterhaltsvorschuss 300.000 Kinder mehr als vor Beginn der Neuregelung. Anfang 2017 waren Bund, Länder und Kommunen noch davon ausgegangen, dass 120.000 Kinder von den Änderungen profitieren würden.

Begrenzungen für Unterhaltsvorschuss sind weggefallen

Mit dem Unterhaltsvorschuss greift der Staat Alleinerziehenden unter die Arme, wenn der andere Elternteil seiner Pflicht zur Unterhaltszahlung nicht nachkommt. Bis zur Reform zahlte der Staat den Vorschuss nur für Kinder unter zwölf Jahren. Zudem war die Bezugsdauer pro Kind auf maximal sechs Jahre (72 Monate) begrenzt.

Mit dem 1. Juli 2017 ist diese Begrenzung weggefallen. Zusätzlich können nun auch Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr Unterhaltsvorschuss erhalten, sofern sie keine Hartz IV-Leistungen beziehen oder „der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 Euro brutto erzielt“, wie das Bundesfamilienministerium erläutert.

Höherer Aufwand, mehr Kosten

Die Kommunen hatten der Reform mit Sorge entgegengeblickt. Denn sie sind vor Ort dafür zuständig, dass die Leistungsansprüche geprüft und ausgezahlt werden. Je mehr Menschen den Unterhaltsvorschuss beantragen können, desto höher ist der Aufwand für die Behörden. Der lässt sich nur mit zusätzlichem Personal und Büros stemmen – und das kostet Geld.

Welche Kosten nun tatsächlich auf die Kommunen zugekommen sind, dazu macht der Bericht der Bundesregierung keine Angaben. Dem Gesetz nach sollen die Ausgaben von Bund und Ländern getragen werden. Allerdings beteiligen die Länder die Kommunen in unterschiedlichem Umfang an den Ausgaben, heißt es im Regierungsbericht. Und auch an den Einnahmen – wenn der Staat die vorgestreckte Unterhaltszahlung vom säumigen Elternteil erfolgreich zurückfordert – werden die Kommunen je nach Bundesland mal mehr und mal weniger beteiligt.

Manche Elternteile können schlicht nichts zahlen

Laut Bundesregierung erhielten zum Stichtag 31. März 2018 rund 714.000 Kinder und Jugendliche Unterhaltsvorschuss. Die Ausgaben lagen 2017 bei rund 1,1 Milliarden Euro, wovon der Bund rund 405 Millionen trägt. Die Einnahmen beliefen sich für Bund und Länder zusammengerechnet auf 209 Millionen Euro. Es sei unrealistisch, alle Ausgaben auch wieder zurückzuholen, „weil bei einem Teil der Unterhaltspflichtigen einfach nichts zu holen ist“, heißt es in einer Mitteilung des Familienministeriums.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) wertet die bisherige Bilanz positiv. „Dass wir mit dieser Leistung 300.000 Kinder mehr erreichen als vorher, ist ein großer Erfolg und verbessert die Lebensverhältnisse Alleinerziehender und ihrer Kinder. Es ist gut, dass der Staat einspringt, wenn Eltern ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen.“

Giffey droht mit Fahrverboten

Bei Menschen, die den Unterhalt zahlen können, das aber nicht wollen, will Giffey „die Daumenschrauben anziehen“. Ziel sei es, mit gemeinsamen Standards von Bund und Ländern künftig mehr Geld zurückzuholen. Dabei werde man „auch auf unkonventionelle Methoden zurückgreifen, wie beispielsweise Fahrverbote für Unterhaltssäumige – nach dem Motto: Wer nicht zahlt, läuft.“ Der Deutsche Frauenring forderte via Twitter, der Staat müsse so viel Geld wie möglich zurückholen.

 

Der Deutsche Städtetag fordert derweil mehr Geld vom Bund, um die gestiegenen Ausgaben bezahlen zu können. Die Zahlungen werden weiter steigen, glauben die Städte. Der Bund müsse deshalb seinen Anteil an den Ausgaben – er ist mit der Reform bereits von 33 auf 40 Prozent gestiegen – noch weiter erhöhen.

 

Den Bericht des Bundesfamilienministerium finden Sie hier als PDF.

weiterführender Artikel