Gesetzesnovelle im Bundesrat

Darum ist die Reform des Städtebaurechts umstritten

Carl-Friedrich Höck30. März 2017
Baustelle
Ein neues Gesetz zum Städtebaurecht soll dichtere Bebauung ermöglichen. Es könnte auch dazu beitragen, dass Städte schneller in die Fläche wachsen.
Mit einer Änderung des Städtebaurechts sollen Nachverdichtungen und Neubauten am Ortsrand erleichtert werden. Das hat der Bundestag im März beschlossen. Am Freitag befasst sich der Bundesrat mit dem Gesetz, mit dem sogar die SPD hadert.

Für Barbara Hendricks war es nicht leicht, ihre Anliegen in Einklang zu bringen. Denn als Bundesministerin ist sie zum einen für den Umweltschutz zuständig. Aber auch der Bau fällt in ihre Ressort – als Bauministerin wirbt sie für mehr und schnelleren Wohnungsbau. Beide Bereiche sind von dem Gesetz betroffen, das der Bundestag am 9. März verabschiedet hat; es trägt den Titel „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“.

Nachhaltiges Bauen und mehr Umweltschutz

Die genannte EU-Richtlinie soll einheitliche Standards für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Neubauvorhaben schaffen. Ziele sind unter anderem besserer Umweltschutz, nachhaltiges Wachstum und mehr Ressourceneffizienz. Mit anderen Worten: Die Versiegelung immer weiterer Flächen durch Bauvorhaben soll zumindest gebremst werden.

Barbara Hendricks betonte im Bundestag dann auch drei wesentliche Elemente des Gesetzes. Erstens: „Wenn Bebauungspläne aufgestellt werden, sind die Umweltbelange zu prüfen.“ Hierzu würden präzisere Vorgaben geschaffen.

Urbane Gebiete

Zweitens führt der Bund die neue Baugebiets-Kategorie „Urbane Gebiete“ ein – dort soll dichter gebaut werden können als bisher. „Wir setzen damit eine Stadtentwicklung in Gang, die auf weniger Flächenverbrauch ausgerichtet ist“, erläuterte Hendricks. Um eine Stadt der kurzen Wege zu ermöglichen, etwa zwischen Wohnen und Gewerbebetrieben, sei es vertretbar, den Lärm-Richtwert um drei Dezibel zu erhöhen. „Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Kommunen zusätzlichen Lärmschutz bei der Aufstellung des Bebauungsplans vorsehen können“, merkte die Ministerin an.

Drittens hätten Gerichtsurteile die Frage aufgeworfen, ob Ferienwohnungen in klassischen Gebieten zulässig sind. Hier schaffe das Gesetz Rechtssicherheit und mehr planerische Möglichkeiten für die Kommunen.

Mehr Neubauten am Stadtrand?

Streit entzündete sich an einem Passus, der auf Drängen der CSU in das Gesetz eingefügt wurde, den aber auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund gefordert hatte: der Paragraf 13 b Baugesetzbuch. Er ermöglicht es, für Flächen im Außenbereich von Städten ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren anzuwenden, solange die Fläche weniger als 10.000 Quadratmeter beträgt und sich an in Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließt. Als einen „Flächenfraßparagrafen“ geißelte der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Kühn den Passus. Er stelle die Idee des Gesetzes, eher in den Städten zu verdichten als neue Flächen zu bebauen, auf den Kopf. Barbara Hendricks äußerte sich zweideutig: Sie freue sich, dass in den parlamentarischen Beratungen „eine zeitlich enge Begrenzung“ eingeführt worden sei. Die umstrittene Regelung wurde auf den 31. Dezember 2019 befristet.

In der Bundestagsdebatte wurde der SPD-Abgeordnete Michael Groß – der auch dem Umweltausschuss angehört – noch klarer: Der SPD-Fraktion sei es sehr schwer gefallen, der beschleunigten Bebauung im Außenbereich zuzustimmen. „Das ist eine Außenentwicklung, die wir eigentlich nicht wollen. Denn das bedeutet, dass der Flächenverbrauch massiv ansteigen wird, wenn die Kommunen dieses Instrument in Anspruch nehmen werden.“ Die SPD habe zumindest erreichen wollen, dass dieses Instrument auf Gebiete beschränkt werde, in denen Wohnraum knapp ist, so Groß. Das sei aber nicht gelungen. Dafür sei der Koalitionspartner den Sozialdemokraten bei einem anderen Punkt entgegengekommen: Der Milieuschutz wird von zehn auf zwölf Jahre verlängert.

Umwelt- und Baupolitiker nicht einig

Mit diesen Änderungen hat das Gesetz mittlerweile den Bundestag passiert. An diesem Freitag wird sich der Bundesrat abschließend mit der Baurechtsnovelle beschäftigen. Zwar ist das Gesetz nicht zustimmungspflichtig, der Bundesrat kann aber einen Vermittlungsausschuss anrufen. Genau das fordert der Umweltausschuss des Bundesrats, er will den Paragrafen 13 b streichen. Dagegen empfiehlt der für Wohnen und Städtebau zuständige Ausschuss dem Bundesrat, auf den Vermittlungsausschuss zu verzichten.

Voraussichtlich wird sich der Städtebau-Ausschuss durchsetzen. Damit endet das parlamentarische Verfahren. Die Debatte um Bebauung am Ortsrand wird wohl weitergehen.

 

Weitere Informationen
Drucksachen des Bundesrats
Protokoll der Bundestagsdebatte am 9. März 2017 (TOP 19, ab Seite 168)

Nachtrag:
Der Bundesrat hat das Gesetz am 31. März gebilligt. Mehr Informationen dazu hier (Bundesrat-Newsletter).