Koalitionsvertrag

Rehlinger zum ÖPNV: „Der Schlüssel ist Geld, viel Geld!“

Carl-Friedrich Höck03. Dezember 2021
Saarlands Verkehrsministerin Anke Rehlinger, aufgenommen auf einem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2019
Saarlands Verkehrsministerin Anke Rehlinger hat für die SPD das Kapitel „Mobilität“ im Koalitionsvertrag mit ausgehandelt. Im Interview spricht sie über die Pläne des Ampel-Bündnisses und erklärt, wie Bahnverkehr, ÖPNV und E-Mobilität attraktiver werden können.

Anke Rehlinger ist Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr im Saarland. Während der Koalitionsverhandlungen im Bund hat Rehlinger das Verhandlungsteam der SPD in der Arbeitsgruppe zur Mobilitätspolitik geleitet.

DEMO: Die Ampel-Koalition will laut Koalitionsvertrag „mehr in die Schiene als in die Straße investieren“ und mehr Oberzentren an den Fernverkehr anschließen. Gibt es auch Pläne für kleinere Kommunen, die heute gar nicht mehr an den Bahnverkehr angeschlossen sind?

Anke Rehlinger: Die Bahn soll bis 2030 doppelt so viele Fahrgäste befördern. Die muss man auch abholen. Ich bin Saarländerin, für uns ist das Thema Fernverkehrsanbindung wichtig. Natürlich kann nicht jedes Dorf in Deutschland einen ICE-Anschluss bekommen, aber die großen Zentren müssen angebunden sein und von dort aus müssen wir auch das Thema Neubau und Reaktivierung von Strecken vorantreiben. Im Hinblick auf kleinere Kommunen erscheint es mir vor allem wichtig, dass Busse, Bahnen und flexible Angebote wie beispielsweise On-Demand-Verkehre so ineinandergreifen, dass für alle eine Fernverkehrsverbindung zu erreichen ist – und zwar in Zeiten, die konkurrenzfähig zum PKW sind.

Die Koalition will die Attraktivität und Kapazitäten des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) verbessern und die Fahrgastzahlen „deutlich steigern“. Wie genau soll das gelingen?

Alle Bürgerinnen und Bürger sollten meines Erachtens in fußläufiger Nähe mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs sein können. Das setzt natürlich auf dem weniger besiedelten Land mehr voraus als in einer Stadt. Der Schlüssel ist Geld, viel Geld. Für Investitionen in die Schiene zum Einen, zum Anderen aber auch als Regionalisierungsmittel für die Länder, damit die auch Züge und Personal bestellen können. Die Attraktivität des ÖPNV hat ja viele Facetten: Wir brauchen Anbindung, Taktung und konkurrenzfähige Preise. Das bedeutet dann konkret, dass Busse und Bahnen sowie flexible Alternativen in angemessener Zahl fahren müssen, gute Umsteigemöglichkeiten bestehen und die Tickets am besten unkompliziert mit dem Handy gekauft werden können. In all das werden Bund, Länder und Kommunen gemeinsam investieren müssen und zu allem steht was im Koalitionsvertrag. Das ist schon mal sehr gut, aber natürlich wird es sehr auf die konkrete Umsetzung ankommen.

Um die E-Mobilität zu unterstützen, plant die Koalition eine Million öffentliche Ladepunkte bis 2030. Bisher packen Kommunen und ihre Unternehmen den Ausbau oft auch dort an, wo er sich wirtschaftlich noch gar nicht rechnet. Welche Rolle ist ihnen beim weiteren Ausbau zugedacht – und welche dem „freien Markt“?

Ich bin fest davon überzeugt, dass es ohne einen vorausgehenden Aufbau der entsprechenden Ladeinfrastruktur schwer wird, das Ziel zu erreichen, bis 2030 15 Millionen elektrisch angetriebene Pkw auf die Straße zu bringen. Für viele Menschen wird es nämlich für den Kauf zumindest mitentscheidend sein, dass sie die Möglichkeit haben, ihr Elektroauto auch schnell und einfach zu laden, wenn sie nicht zuhause sind. Außerdem bin ich mir sicher, dass sich das sowohl für die Kommunen als auch für private Unternehmen mit zunehmender Zahl an zu ladenden Elektroautos rechnen wird.

Das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung will die Koalition so anpassen, dass „die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden“. Länder und Kommunen sollen mehr Entscheidungsspielraum erhalten. Können Sie konkrete Beispiele nennen, wo die Koalition Handlungsbedarf sieht?

Grundsätzlich geht es darum, das Straßenverkehrsrecht auf die Höhe der Zeit zu bringen. Ging es früher vor allem um die Fluss und Sicherheit des Verkehrs, so spielen dort heute auch andere Ziele wie beispielsweise die Luftreinhaltung, der Lärmschutz oder eine Erhöhung der allgemeinen Aufenthaltsqualität eine Rolle. Konkret können das Kommunen besser entscheiden als der Bund. Weshalb mir eine ganz konkrete Antwort schwerfällt: Das kann eine örtliche Geschwindigkeitsbeschränkung genauso sein wie zusätzlicher Lärmschutz.

 

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