DEMO-Kommunalkongress

Schäfer-Gümbel benennt „ein paar richtig dicke Baustellen“

Carl-Friedrich Höck22. Juni 2018
Thorsten Schäfer-Gümbel auf dem DEMO-Kommunalkongress 2018
Thorsten Schäfer-Gümbel auf dem DEMO-Kommunalkongress 2018. Foto: Dirck Bleicker
Auf Bundesebene und in Europa hat die Sozialdemokratie Schwierigkeiten, die Wähler zu überzeugen. In den Kommunen funktioniert es besser. Woran das liegt und welche Themen seine Partei anpacken muss, darüber sprach SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel auf dem DEMO-Kommunalkongress.

Der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel redete gleich zu Beginn seiner Rede Klartext. Zu den Wahlergebnissen der Sozialdemokratie in Deutschland und Europa sagte er: „Wir haben nicht genug überzeugt mit unseren Antworten.“ Deshalb sei das Vertrauen vieler Menschen in die Sozialdemokratie verloren gegangen.

„Verstehen etwas von Zusammenhalt“

Doch es gebe eine Ebene, auf der die Situation eine andere sei: die der Kommunen. In Hessen etwa stellt die SPD 14 von 21 Landräten und 9 von 12 Oberbürgermeistern. „Das hat etwas damit zu tun, dass wir etwas von sozialem Zusammenhalt und dem Funktionieren eines Gemeinwesens verstehen“, ist Schäfer-Gümbel überzeugt. Auch wenn das der Partei auf anderen Ebenen nicht immer abgenommen werde. Letzteres will der SPD-Politiker ändern – er kandidiert bei der Landtagswahl im Oktober für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten.

In seiner Rede auf dem DEMO-Kommunalkongress benannte Schäfer-Gümbel „ein paar richtig dicke Baustellen“ für die Politik. Eine davon: die Bildung. Bildungs- und Sozialberufe müssten attraktiver werden, insbesondere im Bereich der frühkindlichen Bildung. „Wir haben entschieden zu wenig Personal, weil in den letzten Jahren zu wenig ausgebildet wurde“, bemängelte Schäfer-Gümbel.

Sozialer Wohnungsbau gesichert

Als zweite Baustelle benannte der SPD-Vize den Wohnungsbau. „Wenn wir nicht nachverdichten und die Infrastruktur ausbauen, wird die Verdrängung von Menschen aus den Ballungsräumen weiter zunehmen“, mahnte er zum Handeln. Er sei froh, dass es mit dem Koalitionsvertrag gelungen sei, das Auslaufen der sozialen Wohnungsbauförderung zu verhindern. Doch die meisten Bundesländer hätten die Mittel, die ihnen vom Bund zugewiesen wurden, nicht in vollem Umfang in den sozialen Wohnungsbau investiert.

Der dritte große Themenblock sei Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Dabei gehe es auch um den Umgang mit kultureller Unterschiedlichkeit. „Wir müssen gemeinsame Ideen entwickeln, was wir unter Integration verstehen“, sagte Schäfer-Gümbel. In diese Debatte sollten sich die Kommunalpolitiker einbringen.

Als weitere drängende Themen nannte Schäfer-Gümbel die Öffentliche Sicherheit, die Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung sowie IT-Security und Staatsmodernisierung. Man müsse auch darüber reden, wie Daten sinnvoller genutzt werden können. Als Beispiel verwies er auf vorhandene Verkehrsdaten, die für die Maut-Abrechnung gesammelt werden, aber nicht zur Verkehrslenkung genutzt werden dürften um Stau zu vermeiden.

Lambertz will ein sozialeres Europa

Vor Schäfer-Gümbel hatte am Freitag Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, das Podium betreten. Er forderte eine Neuausrichtung der politischen Schwerpunkte der EU. „Es muss darum gerungen werden, dass Sozialinvestitionen ihren gebührenden Platz in der Europapolitik bekommen“. Das betreffe etwa die Bereiche Bildung, Gesundheitswesen und Wohnen.

In den Kommunen werde die schicksalhafte Entscheidung fallen, ob Europa Bestand habe oder nicht, ist Lambertz überzeugt. „Die Menschen müssen überzeugt werden“. Das bekomme man nur hin, wenn die Bürger spürten, dass Europa für sie im Alltagsleben einen Mehrwert habe. Europa müsse „vom Kopf auf die Füße“ gestellt werden – indem man politische Verantwortung zunächst in den Kommunen belasse und nur auf höhere Ebenen verschiebe, wenn es dafür einen triftigen Grund gebe. Zugleich warnte Lambertz: „Es gibt keine perversere Art, Gebietskörperschaften kaputt zu machen, als ihnen viel Verantwortung ohne Geld zu geben – so wie es der französische Präsident zur Zeit versucht.“

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