Interview mit Stefan Kühn, Wuppertal

Schulöffnungen: „Eine Herausforderung ist es allemal”

Carl-Friedrich Höck06. Mai 2020
Stefan Kühn (SPD) ist in Wuppertal als Beigeordneter zuständig für Soziales, Jugend, Schule und Integration.
Bund und Länder beraten heute, wie es an den Schulen weitergehen soll. Wuppertals Schulbeigeordneter Stefan Kühn wünscht sich eine klare und abgestimmte Linie. Im Interview erzählt er, wie die Schulöffnungen bisher aus kommunaler Sicht verlaufen, was gut funktioniert und wo die Hürden liegen.

DEMO: Am Donnerstag sollen die vierten Klassen in NRW wieder zur Schule gehen. Sind die Schulen darauf ausreichend vorbereitet?

Stefan Kühn: Natürlich ist das für die Schulen ein großer Kraftakt. Im April wurden in Nordrhein-Westfalen ja bereits die weiterführenden Schulen geöffnet. Diese erste Phase hat in Wuppertal sehr gut geklappt. Vorher hatte auch ich Sorgen: Ist das zu schaffen? Aber Hut ab vor den Schulleitungen und vor den Lehrerinnen und Lehrern! Die haben das mit Bravour hinbekommen. Deshalb gehe ich davon aus, dass das im Bereich der Grundschulen nach demselben Modell auch klappen wird: Seit gestern sind wieder Lehrerinnen und Lehrer an der Schule, ab Donnerstag kommen die Viertklässler zurück.

Ein bisschen schwierig ist in Nordrhein-Westfalen, dass wir gar nicht wissen, wie es weitergehen soll. In der letzten Woche wurde uns ein Plan zur Verfügung gestellten zur Ausweitung der Schulöffnung auch auf das erste bis dritte Schuljahr. Das ist dann am selben Tag vom Ministerpräsidenten zurückgenommen worden. Deshalb hängen die Schulen, was die Informationen angeht, gerade ziemlich in der Luft.

Was sind aus kommunaler Sicht die größten Herausforderungen bei der schrittweisen Öffnung der Schulen?

Für uns ist das Thema der Hygienestandards extrem wichtig. Das wirkt sich aus auf die tägliche Reinigung der Schulen, auf die besondere Reinigung aller Kontaktflächen, auf die Bereitstellung von Schutzmaterialien. Wir haben in Wuppertal kleine Starterpakete zur Verfügung gestellt mit Schutzmasken und etwas Desinfektionsmittel. Wir müssen darauf achten, dass genügend Seife da ist und Handtücher für die Waschbecken. Wir haben den Bereich der Schulsekretariate hochgefahren und die Hausmeisterdienste. Natürlich steht für uns jetzt auch die Frage an: Mundschutz im Unterricht – ja oder nein?

Schultoiletten haben deutschlandweit nicht den besten Ruf. Ist es realistisch, die Sauberkeit kurzfristig so weit zu erhöhen, dass auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie für ausreichend Hygiene gesorgt ist?

Es ist unsere erklärte Absicht, das in Wuppertal hinzubekommen. Das Gebäudemanagement bei uns hat sich darauf auch vorbereitet. Es gab eine Reihe von Gesprächen mit den Dienstleistern, deshalb gehe ich davon aus, dass wir das schaffen. Eine Herausforderung ist es aber allemal. Zumal wir zum Teil auch bauliche Probleme haben – manche Schultoiletten sind einfach in die Jahre gekommen. Das sieht man denen an und das riecht man auch.

So lange die Abstandsregeln gelten, werden nicht alle Schüler*innen gleichzeitig wieder in die Schulgebäude kommen können. Wo sehen Sie die Obergrenze? Und welche Alternativen gibt es, um mittelfristig einen guten Schulunterricht zu sichern?

Das kann man jetzt immer nur auf die jeweilige Schule bezogen sagen. Wir haben einen Engpass bei den zur Verfügung stehenden Lehrer*innen. Das Land hat richtigerweise gesagt: Bestimmte Lehrer*innen mit Vorerkrankungen oder ab dem 60. Lebensjahr sollten im Unterricht nicht tätig sein. Deshalb wissen wir heute gar nicht, wie viele Lehrer*innen an der jeweiligen Schule zur Verfügung stehen. Das ist eine zusätzliche Restriktion neben der Raumfrage. Räume lassen sich ja auch nicht eben verdoppelt. Deshalb können wir nicht sagen: Nach den Sommerferien halbieren wir die Klassen. Ich vermute deshalb, dass wir auch nach den Sommerferien nicht einfach zu dem Unterricht zurückkehren, den wir vor der Pandemie hatten. Die Restriktionen werden uns noch lange begleiten und den Schulalltag prägen.

Am Mittwoch wollen Bund und Länder über das weitere Vorgehen bei Schulöffnungen beraten. Was erhoffen Sie sich von dem Gespräch?

Erstens Klarheit. Zweitens am liebsten eine abgestimmte einheitliche Linie. Und drittens einen Stufenplan, auf den man sich mittelfristig vorbereiten kann. Und zwar nicht nur für den Bereich Schule, sondern auch für die Kitas. Denn Kitas und Schulen muss man zusammendenken.

Ministerpräsident Armin Laschet hat sich kürzlich bei Anne Will verwundert gezeigt, dass die Schulen sich während des Lockdown nicht auf höhere Hygienestandards vorbereitet hätten. Viele Kommunalpolitiker haben empört auf die Aussage reagiert. Hat Laschet Recht?

Der Städtetag Nordrhein-Westfalen hat sich zu dieser Frage klar positioniert und gegenüber dem Ministerpräsidenten zum Ausdruck gebracht, dass seine Aussage mit der kommunalen Wirklichkeit nicht in Einklang zu bringen ist. Im Gegenteil: Die Kommunen arbeiten in vielen Bereichen ganz intensiv, auch in diesem. Der Einschätzung des Städtetages schließe ich mich voll an.

 

Dr. Stefan Kühn (SPD) ist als Beigeordneter in Wuppertal zuständig für Soziales, Jugend, Schule und Integration.

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