Kritik von Mehr Demokratie

Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein bremst Bürgerbegehren aus

Carl-Friedrich Höck28. Juni 2022
Eine Bürgerin betritt ein Abstimmungslokal (hier in Berlin).
Der Verein Mehr Demokratie kritisiert den Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in Schleswig-Holstein. Die neue Landesregierung plane eine Klausel, mit der die direkte Demokratie auf kommunaler Ebene massiv eingeschränkt würde.

Die künftige schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein hat ihren Koalitionsvertrag am 22. Juni vorgestellt. Der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ wirft der Koalition nun vor, die Bürgerinnen und Bürger zu entmündigen und die kommunale Mitbestimmung auszuhebeln.

„Eklatanter Rückschritt”

Grund ist eine Generalklausel. Sie sehe vor, dass Bürgerbegehren, die sich gegen Infrastruktur-, Investitions- oder Klimaprojekte der Regierung richten, in Zukunft auf Antrag der Landesregierung, einer obersten Landesbehörde oder einer Gemeinde gestoppt werden können. Das teilt „Mehr Demokratie“ mit. Der Verein schätzt, dass dies 80 bis 90 Prozent aller Bürgerbegehren verhindern würde. „Die neue Generalklausel wäre ein eklatanter Rückschritt für die Demokratie in Schleswig-Holstein“, kritisiert die Bundesvorstandssprecherin von Mehr Demokratie Claudine Nierth.

Zudem solle die Bauleitplanungen über Themen wie Klimaschutz, öffentliche Daseinsvorsorge, Schulpolitik und Kinderbetreuung in Zukunft nicht mehr Gegenstand von Abstimmungen werden dürfen, heißt es in einer Mitteilung von „Mehr Demokratie“ weiter. Doch gerade hier sei Beteiligung wichtig. „Fast die Hälfte aller Bürgerbegehren zielen auf mehr Klimaschutz“, sagt Karl-Martin Hentschel, Bundesvorstand von Mehr Demokratie

Höhere Quoren

Der Koalitionsvertrag sehe außerdem vor, dass die Quoren für kommunale Mitbestimmung erhöht werden. Auch dies würde die direkte Demokratie vor Ort schwächen, kritisiert der Verein. Auf Landesebene gebe es dagegen eine Verbesserung: Mit der Einführung digitaler Unterschriftensammlungen für Volksiniitativen wäre Schleswig-Holstein sogar bundesweit Vorreiter. Auch die geplante gesetzliche Einführung von losbasierten Bürgerräten auf Kommunaler Ebene wird von „Mehr Demokratie“ gelobt. Gegen die umstrittene Generalklausel will der Verein nun möglicherweise rechtlich vorgehen. Es werde geprüft, ob die Klausel auch vor dem Verfassungsgericht standhalte, heißt es in der Mitteilung.

Der Landesverband der Grünen teilt auf DEMO-Nachfrage mit: „Bei der im Koalitionsvertrag zu findenden Generalklausel handelt es sich um einen Kompromiss zweier Parteien, die in der Frage von Bürger*innenbegehren sehr unterschiedliche Positionen vertreten.” Auf Bestreben der Grünen hin gelte die Generalklausel „nur, wenn landesseitig festgestellt wurde, dass betreffende Infrastruktur- oder Investitionsvorhaben für die Versorgung der Bevölkerung eine sehr wichtige Funktion erfüllen.” Damit werde Bürger*innenbeteiligung auf der einen Seite weiter zugelassen. Auf der anderen Seite sorge die Regelung dafür, „dass Kommunen für den Klimaschutz und das Allgemeinwohl wichtige Vorhaben schneller umsetzen können”, wie die Pressestelle schreibt.

Die CDU Schleswig-Holstein hat auf eine Anfrage der DEMO nicht geantwortet.

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