Charlotte Britz

„Ich sehe die Stadt ganzheitlich“

Karin Billanitsch11. April 2019
Charlotte Britz
Charlotte Britz: „Mit Millioneninvestitionen soll Saarbrücken zukunftsfähig gemacht werden.“
Die Saar-SPD fühlt sich vor den Kommunalwahlen motiviert und gut aufgestellt. In Saarbrücken kandidiert die langjährige Oberbürgermeisterin Charlotte Britz wieder für das Amt. Ein Gespräch über Wahlkampfstrategien und die Zukunft der Stadt.

Wie ist die Stimmung in der Saar-SPD vor dem Wahltag am 26. Mai?

Die Stimmung ist gut. Wir sind gut motiviert und aufgestellt. Aus meiner Sicht ist der Wahlkampf jetzt schon in vollem Gang.

Ein wichtiges Thema im Saarland ist die schwache Finanzlage der Kommunen. Mit dem Saarlandpakt ist ein erster Schritt getan. Wie bewerten Sie ihn?

Der Saarlandpakt ist gerade für uns als Kommune ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich bin sehr froh, dass die SPD, die ja in Koalition mit der CDU ist, es geschafft hat, dass der Saarlandpakt nicht nur eine Teilentschuldung darstellt, sondern dass er uns Kommunen auch wertvolle Gestaltungsräume in zukunftsweisende Investitionen gibt. Das ist ganz wichtig für die Bürgerinnen und Bürger im Land, denn wir müssen in Straßen, Kitas und vieles andere mehr investieren. Das ist dank des Einsatzes unserer Wirtschaftsministerin und stellvertretenden Ministerpräsidentin, Anke Rehlinger, sehr gut gelungen.

Die Stadt Saarbrücken sowie ihre Eigenbetriebe und Gesellschaften wollen in diesem Jahr 139 Millionen Euro für neue Baumaßnahmen ausgeben. Wo setzen Sie die Investitions-Schwerpunkte?

Wir haben die Weichen in alle Richtungen gestellt. Mit diesen Investitionen wollen wir Saarbrücken zukunftsfähig machen. Wir schaffen Kita- und Schulplätze. Wir bauen gute Straßen, wir investieren in unsere Brücken und auch in die Kanäle – das ist mit Blick auf den Klimawandel und Starkregenereignisse ganz wichtig. Wir investieren darüber hinaus in Radwege, Sportanlagen, Wohnen und in die Innenstadt. Mit Blick auf den Internet-Handel müssen wir eine gute Aufenthaltsqualität und Infrastruktur für die Menschen in unserer Stadt schaffen.

Viele Saarkommunen fühlen sich nach dem Steinkohleausstieg gegenüber den Braunkohlerevieren benachteiligt. Deshalb haben sich 30 Rathauschefs an den Bund gewandt. Schließen Sie sich der Kritik an?

Ich habe die Resolution auch unterschrieben, weil ich es in der Tat nicht einsehen kann, dass wir hier aus meiner Sicht schon benachteiligt werden. Wir kämpfen außerdem schon seit langer Zeit als Landeshauptstadt Saarbrücken gemeinsam mit vielen Städten in Deutschland im Bündnis ‚Würde unserer Städte‘ für eine gerechte Verteilung von Entwicklungschancen. Aus dieser Aktion ist auch die Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse der Bundesregierung hervorgegangen.

Es muss für alle Städte gelten, dass wir eine eigenständige Handlungsfähigkeit bekommen und in die Zukunft investieren können, genauso wie die reicheren Städte, Landkreise und Gemeinden. Ich appelliere, jetzt noch einmal zu schauen, ob gleichmäßig verteilt worden ist.

Mit welchen Themen wollen Sie sich bei Ihrer Kandidatur inhaltlich von den anderen Kandidaten absetzen?

Ich sehe die Stadt ganzheitlich. Ich habe nicht nur – wie ich das bei anderen Kandidaten und Kandidatinnen beobachte – ein Thema, wie zum Beispiel den Klimawandel. Wir müssen alle Themen in den Fokus nehmen, insbesondere Digitalisierung, Klimawandel, Bildung und Mobilität. Das hängt ja auch miteinander zusammen. Deshalb müssen wir unsere Stadt unter allen Gesichtspunkten betrachten.

Im Kommunalwahlkampf kann Bürgernähe entscheidend sein. Auf welche Mittel setzen Sie?

Ich mache das seit vielen Jahren und bin immer das ganze Jahr über bei den Menschen unterwegs. Ich habe einen Bürgerreferenten eingestellt und Bürgersprechstunden eingerichtet und besuche regelmäßig Stadtteile, damit ich weiß, was vor Ort passiert. Auch im Wahlkampf werde ich natürlich viele Hausbesuche machen, wie ich das in den vergangenen Jahren durchgängig gemacht habe.

In  Saarbrücken leben rund 150 Nationen zusammen. Wie stemmt die Stadt diese Herausforderung, so viele verschiedene Kulturen zu integrieren?
Sehr hilfreich war für uns, dass wir nicht erst jetzt angefangen haben, Menschen zu integrieren, sondern dass wir schon seit langem eine kommunale Stelle haben, die sich um Integration kümmert und sehr gut vernetzt ist. In den Vereinen haben wir viele tolle engagierte Bürger. Insofern gibt es eine sehr gute Struktur, um den Zusammenhalt und das Funktionieren aller Kulturen in Saarbrücken zu organisieren. Wir haben aufgrund dieser Arbeit auch ein – auch von der Bundesregierung unterstütztes – Projekt bekommen, das sich ‚PatchWork-City‘ nennt.

Erzählen Sie bitte mehr darüber.

Es geht darum, einen Dialog anzustoßen, wie das Zusammenleben in Vielfalt in Saarbrücken gelingen kann, vor allem in den Ankunftsstadtteilen. Wir erleben oft, dass die Menschen, die zu uns gekommen sind und eigene Wohnungen suchen, aufgrund der hohen Mieten in bestimmten Stadtteilen landen. Dieses Thema wollen wir auf vielfältigste Art und Weise in Zusammenhang mit diesem Projekt bearbeiten, indem wir diese Stadtteile stärken und dafür sorgen, dass sie sich gut entwickeln.

Aber wir investieren schon seit vielen Jahren auch in Bildung, Ganztagsschulen und Kitas. Diese Ausgaben haben wir in den vergangenen Jahren verdreifacht. Wir sind dabei, eine internationale Ganztagsschule aufzubauen und planen eine Bildungswerkstatt in einem internationalen Stadtteil von Saarbrücken. Dort wollen wir mit Partnern neue pädagogische Konzepte ausprobieren.

Sie gelten als überzeugte Europäerin und setzen sich für die deutsch-französische Zusammenarbeit ein. Was kann man tun – auch mit Blick auf die Europawahl – um die Erfolge Europas besser zu kommunizieren und umgekehrt den Einfluss der Kommunen in Europa zu stärken?

Wir haben schon seit vielen Jahren im Rathaus ein Büro für Europa, das das ganze Jahr über informiert, etwa auch in Schulen. Wichtig ist aus meiner Sicht, in Gesprächen darzulegen, dass Europa Frieden schafft. Europa steht auch für ganz viele kleine Dinge, die im Alltag selbstverständlich sind, wie offene Grenzen. Wir können in Saarbrücken zu Fuß über die Grenze nach Frankreich gehen, ohne dass wir kontrolliert werden. Und vor dem Hintergrund des Brexit sollte man noch einmal überlegen, wie wichtig es ist, offene Grenzen zu haben.

Der zweite Teil ist die politische Ebene: Wir haben schon oft in Stellungnahmen gefordert, dass die Städte mehr Anhörungsrechte in Gesetzgebungsprozessen auf der europäischen Ebene haben sollten. Dafür setzt sich auch der Deutsche Städtetag ein.

Wir haben einen Eurodistrikt, einen institutionalisierten Zweckverband für grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit französischen Kollegen. Es gibt „Quattropole“, ein grenzüberschreitendes Städtenetz mit Metz, Trier und Luxemburg, um das Positive in der Region voranzubringen und nicht gegeneinander zu arbeiten. Und viele Städtepartnerschaften ermöglichen Treffen von Schülern oder Vereinen.
Für mich ist ganz wichtig, die Menschen zusammenzubringen, denn sie leben Europa.

 

Mehr Informationen
saarbruecken.de

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