Hilfen für Kommunen

So reagieren Kommunalverbände auf die Koalitionsbeschlüsse

Carl-Friedrich Höck04. Juni 2020
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
„Ein beeindruckendes Signal“, „Meilenstein“, „längst überfällig“: Die Kommunalverbände nehmen die Beschlüsse der Koalition geradezu begeistert zur Kenntnis. Nur die fehlende Altschuldenhilfe trübt die Freude der Städte.

Lange haben CDU, CSU und SPD um die Entlastung überschuldeter Kommunen gerungen. Nun steht das Konjunkturpaket der schwarz-roten Regierungskoalition. Die Altschuldenhilfe, welche vor allem die SPD gefordert hatte, fehlt in der Einigung.

Dafür soll der Bund den strukturschwachen Kommunen an anderer Stelle beispringen: Indem er dauerhaft seinen Anteil an den Unterkunftskosten für Arbeitsuchende erhöht. Laut der Koalition kostet das den Bund vier Milliarden pro Jahr. Außerdem soll der Bund 5,9 Milliarden Euro für einen einmaligen Gewerbesteuerausgleich bereitstellen. Für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gibt es 2,5 Milliarden zusätzlich. Die kommunalen Spitzenverbände nehmen die Einigung mit Erleichterung auf.

Städtetag lobt „nachhaltigen Fortschritt”

Der Präsident des Deutschen Städtetages Burkhard Jung lobt: „Das Paket der Koalition stärkt die Städte in schwieriger Zeit. Es ist ein beeindruckendes Signal, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen trotz der Corona-Krise zu sichern.“ Ein großer und nachhaltiger Fortschritt sei die geplante deutlich höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Das Fehlen einer Altschuldenlösung bedauert Jung. Den betroffenen strukturschwachen Städten werde aber auch die höhere Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten helfen. Der Städtetag sieht nun die Bundesländer am Zug. „Die kommunalen Altschulden sind nach den Verabredungen in Berlin nun eindeutig Ländersache. Die betroffenen Länder müssen das Problem jetzt anpacken. Das Thema muss endlich vom Tisch“, sagt Jung.

Landkreistag sieht Investitionsfähigkeit gestärkt

Beim Deutschen Landkreistag war der Altschuldenhilfe-Vorschlag ohnehin auf wenig Gegenliebe gestoßen. Wohl auch deshalb, weil eher Städte als Landkreise davon profitiert hätten. Entsprechend erfreut äußert sich Landkreistag-Präsident Reinhard Sager. Die erhöhte Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten werde Landkreise und kreisfreie Städte strukturell und auf Dauer stärken. „Wir sind sehr erleichtert darüber, dass die Koalitionäre so entschieden haben und dem KdU-Vorschlag gefolgt sind“, betont Sager. „Das kann man aus kommunaler Sicht als Meilenstein bezeichnen.“

Daneben werde der Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der kommunalen Investitionsfähigkeit leisten, ergänzt Sager. „Das ist gemeinsam mit der finanziellen Unterstützung des ÖPNV eine notwendige Sofortmaßnahme, auch zur Stabilisierung der Kreisfinanzen.“ Weil nun ohnehin eine Grundgesetzänderung ansteht, äußert Sager noch einen Wunsch: Es solle „im Grundgesetz die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur für ländliche Versorgungsstrukturen geöffnet werden.“ Damit will Sager den klein- und mittelständischen Unternehmen in der Fläche helfen und den ländlichen Raum stärken. Die dafür nötigen 300 Millionen Euro jährlich wären gut investiert, glaubt Sager.

DStGB: Einigung stärkt Vertrauen in Daseinsvorsorge

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) nennt die Einigung ein „Vertrauenssignal an die Bürgerinnen und Bürger, die auf eine effektive, funktionsfähige kommunale Daseinsvorsorge hoffen.“ Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagt: „Richtig und längst überfällig ist auch die zusätzliche Beteiligung des Bundes an den Sozialkosten. Wenn coronabedingt immer mehr Menschen zusätzliche Sozialleistungen geltend machen, muss der Bund einspringen, denn es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.“

Das Thema kommunale Altschulden bleibe auf der politischen Agenda, stellt Landsberg klar. Die Situation der dramatisch verschuldeten Städte und Gemeinden – über 2.000 in Deutschland – sei nicht durch falsches Wirtschaften entstanden. „Hier muss bald eine nachhaltige Lösung gefunden werden.“

SPD kritisiert CSU-Chef Markus Söder

Nur teilweise zufrieden klingt deshalb auch Achim Post, Fraktionsvize der SPD im Bundestag. Seine Partei habe dafür gesorgt, dass ein kommunaler Solidarpakt im Zentrum des Konjunkturprogramms stehe. „Mit der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle ebenso wie mit der weitreichenden Übernahme der Kosten der Unterkunft durch den Bund werden die Kommunen in unserem Land massiv finanziell entlastet. Eine darüber hinausgehende Altschuldenregelung ist vorerst insbesondere daran gescheitert, dass bei Herrn Söder das Solidaritätsverständnis offenbar an den bayerischen Landesgrenzen endet.“

Baranowski: Altschulden müssen auf der Agenda bleiben“

Auch Frank Baranowski, Vorsitzender der sozialdemokratischen Kommunalpolitik-Vereinigung Bundes-SGK, bedauert, dass die CDU/CSU einen Solidarpakt für die Kommunen weiterhin blockiert, „der auch die nach wie vor drückende Altschuldenproblematik vieler Städte und Gemeinden gelöst hätte”. Das Thema müsse auf der Agenda bleiben.“ Aber alles in allem sei die Regelung ein guter Kompromiss, „der den Städten und Gemeinden in dieser schwierigen Zeit gut tut“.

Er forderte zudem: „Jetzt müssen auch die Länder ihren Teil der Absicherung der Kommunalfinanzen und der Infrastruktur in den Kommunen leisten.“ Es bleibe dabei: Die Handlungsfähigkeit der Kommunen in der Krise müsse gesichert, ein sprunghafter Anstieg der kommunalen Verschuldung vermieden und die Investitionsfähigkeit der Kommunen in und nach der Krise gesichert werden.

KfW lobt Paket

Die Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib, bewertet das Konjunkturpaket als Schritt in die richtige Richtung. Das sei ein substanzielles Paket, das an den richtigen Stellen ansetze und die Kommunen hoffentlich so entlaste, dass sie weiter investieren. „Der akute Druck durch die Corona-Krise wird von den Kommunen genommen“, merkte Köhler-Geib in einem Pressegespräch am Donnerstag an. Mit Blick auf die Altschulden gab sie sich überzeugt, dass hier eine Lösung auf die regionalen Unterschiede eingehen müsse. Sie betonte auch, dass sie die Länder in föderaler Verantwortung sehe und auch „die Kommunen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden“ könnten. Das Thema sei indes „noch nicht vom Tisch“.

Lob für das Konjunkturpaket gab es auch vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Koalitionäre hätten Mut und Weitsicht zugleich bewiesen, meint VKU-Präsident Michael Ebling. „Die Balance zwischen Soforthilfen und langfristigen Maßnahmen stimmt.” Ebling begrüßt ausdrücklich, dass in Klimaschutztechnologien investiert werden soll. „Klimaschutz und Konjunktur müssen zusammengedacht werden. Nur ein nachhaltiger Modernisierungsschub unserer Volkswirtschaft kann uns den richtigen Weg aus der Krise weisen.“

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