Runder Tisch

So will die SPD Politiker*innen vor Bedrohungen schützen

Kai Doering13. Februar 2020
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, hier im Willy-Brandt-Haus in Berlin, will Politiker besser schützen. Er hat Betroffene und Experten eingeladen.
Die Bedrohungen von Politiker*innen nehmen zu. Die SPD hatte deshalb am Mittwoch zu einem runden Tisch mit Betroffenen und Expert*innen eingeladen – mit konkreten Ergebnissen.

Die Zeichnung, die Katharina Zacharias Ende Januar aus dem Briefkasten nahm, zeigte ein Strichmännchen mit langen Haaren. Es baumelte an einem Galgen. Die Zeichnung steckte in keinem Briefumschlag. Zacharias lebt in Haldensleben, sitzt dort für die SPD im Stadtrat. Die Morddrohung bekam sie, so vermutet die 29-Jährige, weil sie zuvor eine rassistische Büttenrede im Karneval kritisiert hatte. Zacharias erstattete Anzeige und machte die Morddrohung öffentlich. „Galgen ist schon heftig“, kommentierte daraufhin ein AfD-Stadtrat auf Facebook. „Steinigungen wäre für das Volk besser.“

Anfang des Jahres häuften sich die Bedrohungen

Bedrohungen wie die von Katharina Zacharias gehören inzwischen für viele Kommunalpolitiker*innen und andere ehrenamtlich Engagierte zum Alltag. Anfang des Jahres sorgten einige Fälle für besonderes öffentliches Aufsehen: In Niedersachsen erklärte Arnd Focke nach Hakenkreuzschmierereien auf seinem Auto und Hetze im Internet seinen Rücktritt als Bürgermeister von Estorf. Christoph Landscheidt, Bürgermeister von Kamp-Lintfort in Nordrhein-Westfalen, beantragte einen Waffenschein, um sich und seine Familie zu schützen. Und auf das Büro des SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby wurden mehrere Schüsse abgegeben.

„Wenn sich Menschen überlegen, ob sie ihr Engagement für ihre Stadt, ihre Gemeinde oder ihren Kreis nicht lieber sein lassen, weil sie Angst haben müssen vor Bedrohung, dann läuft etwas richtig schief in unserem Land“, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Am Mittwoch hatte er deshalb zu einem „runden Tisch“ eingeladen, um gemeinsam mit Betroffenen, Vertreter*innen aus der Bundespolitik sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu beraten, wie der Bedrohung zu begegnen ist.

Bedrohte sollen Anlaufstelle in der SPD bekommen

Allein auf rechtlicher Ebene lässt sich einiges ändern. So strebt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht eine Reform des Melderechts an, die es Opfern von Bedrohungen erleichtert, ihre Anschrift sperren zu lassen. Zudem will Lambrecht bereits die Bedrohung mit Gewalt unter Strafe stellen. Bisher gibt es den Tatbestand nur bei Morddrohungen. Und Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sollen verpflichtet werden, Beiträge, die volksverhetzend sind oder Morddrohungen enthalten, nicht nur zu löschen, sondern auch an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.

Doch auch innerhalb der SPD sollen Betroffene schnelle Hilfe erhalten. „Ich möchte, dass jeder in der SPD weiß, wo ihm geholfen wird, wenn er bedroht wird“, sagt Lars Klingbeil. Der Generalsekretär schlägt deshalb eine Anlaufstelle oder eine Hotline im Willy-Brandt-Haus vor. Auch die Parteischule soll Kommunalpolitiker*innen besser darauf vorbereiten, was sie bei Bedrohungen tun können. Zudem will das Willy-Brandt-Haus einen Leitfaden für die Gliederungen erstellen. Weitere Ideen sollen folgen.

Bei Katharina Zacharias stößt das auf volle Zustimmung. „Die SPD sollte dafür sorgen, dass wir uns als Betroffene untereinander vernetzen können“, sagt die Haldenslebenerin. Eine zentrale Anlaufstelle für bedrohte Politiker*innen findet sie gut, „damit der Bundesverband Bescheid weiß und Hilfestellung leisten kann“.

Der Text ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen und wird mit freundlicher Genehmigung des Berliner vorwärts Verlags veröffentlicht.

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