Verkehr

Software-Update und Kaufprämien: Das hat der Diesel-Gipfel beschlossen

Kai Doering02. August 2017
Die Diskussionen gehen weiter: Beim Diesel-Gipfel wurden erste Beschlüsse für eine sauberere Luft gefasst. Nun sollen in Expertengruppen weitere Maßnahmen erarbeitet werden.
Die Diskussionen gehen weiter: Beim Diesel-Gipfel wurden erste Beschlüsse für eine sauberere Luft gefasst. Nun sollen in Expertengruppen weitere Maßnahmen erarbeitet werden.
Beim Diesel-Gipfel der Bundesregierung haben sich Autohersteller und Politik auf konkrete Maßnahmen geeinigt, um den Ausstoß von Stickoxiden zu reduzieren. Ob Fahrverbote damit vom Tisch sind, ist jedoch fraglich. Die Beratungen sollten weitergehen.

Der Verband der Automobilindustrie wusste es als erster. Am frühen Nachmittag verbreitete der VDA bereits eine Pressemitteilung mit den Ergebnissen des Diesel-Gipfels. „Luftqualität weiter verbessern. Fahrverbote vermeiden. Deutsche Hersteller sagen Nachrüstung von über 5 Mio. Diesel-Pkw zu“ lautete die Überschrift. Die Vertreter von Bundesregierung, Kommunen und Automobilherstellern saßen zu diesem Zeitpunkt noch zusammen und diskutierten. Erst zwei Stunden später traten Umweltministerin Barbara Hendricks, Verkehrsminister Alexander Dobrindt und die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern, Stephan Weil, Winfried Kretschmann und Horst Seehofer vor die Presse.

Hendricks erwartet „neue Verantwortungskultur“ der Autohersteller

Der Rüffel für den VDA ließ so auch nicht lange auf sich warten. Dieser habe während der Gespräche „zu wenige Einsicht und Demut“ gezeigt, sagte Umweltministerin Hendricks. Die voreilig versendete Pressemitteilung sei mitnichten als gemeinsame Erklärung der Gipfel-Teilnehmer zu verstehen. Und Hendricks legte nach. Für die deutsche Automobilindustrie gelte es, „vieles wieder gut zu machen. Wir erwarten eine neue Verantwortungskultur.“

Die Ergebnisse des Diesel-Gipfels deuten diese an. So einigten sich Autoindustrie und Politik in mehrstündigen Verhandlungen darauf, dass 5,1 Millionen Dieselfahrzeuge der Euro-5- und der Euro-6-Norm mit einem Software-Update nachgerüstet werden. Dadurch soll der Ausstoß von Stickoxiden um 25 bis 30 Prozent reduziert werden. Die Kosten von etwa 100 Euro pro Fahrzeug tragen die Hersteller. In der Summe enthalten sind 2,5 Millionen Autos von VW, für die bereits zuvor Abgasnachbesserungen angeordnete worden waren. Wie wirksam der Schadstoffausstoß dadurch begrenzt werden kann – der VDA spricht davon, dass die Maßnahme ebenso effizient sein soll wie Fahrverbote – ist jedoch strittig.

Mobilitätsfonds und Flottenerneuerungsprogramm

Daneben werden sich Volkswagen, Daimler und BMW je nach Marktanteil an einem Mobilitätsfonds beteiligen. Dieser soll ein Volumen von 500 Millionen Euro haben, die je zur Hälfte von den Autoherstellern und von der Bundesregierung aufgebracht werden. Mit dem Geld sollen die 28 Städte und Ballungsräume beim Kampf gegen Stickoxide unterstützt werden, die besonders stark von diesen betroffen sind.

Als dritte Maßnahme einigte sich der Gipfel auf ein „Flottenerneuerungsprogramm“: Die Hersteller bieten Haltern von älteren Dieselfahrzeugen (ab Euro-4-Norm) eine Kaufprämie an, wenn diese sich ein neueres Fahrzeug zulegen. Bei BMW soll dieser „Umweltbonus“ bis zu 2000 Euro betragen und für Halter in ganz Europa gelten. Die anderen Hersteller wollten sich noch auf keine Summe festlegen. „Wir wissen, dass wir eine Bringschuld haben“, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann bei der Pressekonferenz.

Für die ausländischen Autohersteller, die immerhin einen Anteil auf dem deutschen Mark von 35 Prozent haben, gilt das offenbar nicht. Er „kritisiere scharf“, dass diese sich nicht an den Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge beteiligen wollen, sagte Winfried Kretschmann.

Fahrverbote sind noch nicht vom Tisch

Ob mit den beschlossenen Maßnahmen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wie sie jüngst das Verwaltungsgericht Stuttgart ins Spiel gebracht hatte, vom Tisch sind, ist jedoch fraglich. „Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, dass Fahrverbote verhindert werden können“, sagte Verkehrsministerin Dobrindt sybillinisch. Umweltministerin Hendricks wurde da konkreter. „Dieses Ergebnis reicht nicht aus“, sagte sie. „Wir brauchen mehr Anstrengungen, um die Luftreinheit zu verbessern.“ Die Arbeit dafür soll nun in vier Expertengruppen fortgesetzt werden. Dann sollen auch Umwelt- und Verbraucherschutzverbände mit an den Tisch geholt werden, die beim Diesel-Gipfel nicht eingeladen worden waren.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zeigte sich zuversichtlich: „Deutschland wird auch in Zukunft das Autoland Nummer eins sein – aber mit sauberen Autos.“

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