Streit um Eingruppierung

Sozial- und Erziehungsdienst: Darum geht es in den Tarifverhandlungen

Carl-Friedrich Höck23. Februar 2022
Kind und Erzieher in einer Kita (Symbolfoto)
Am Freitag starten die Tarifverhandlungen für den kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst. Die Gewerkschaften fordern nicht nur höhere Gehälter, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen. Die Arbeitgeber*innen sprechen von einer „undifferenzierten Aufwertung“.

Ursprünglich sollten die Tarifverhandlungen schon im Mai 2020 aufgenommen werden. Doch Corona machte den Beschäftigten und Arbeitgeber*innen im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst einen Strich durch die Rechnung. Nun wird das nachgeholt: Am Freitag startet die erste Verhandlungsrunde.

Arbeitsbedingungen im Fokus

Wie Vertreter*innen der Gewerkschaft Verdi auf einer Pressekonferenz am Montag deutlich machten, geht es ihnen nicht nur um Lohnsteigerungen. Zwar fordern sie eine „finanzielle Anerkennung der Arbeit“, doch es müssten auch die Arbeitsbedingungen verbessert und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel ergriffen werden.

Für mehrere Beschäftigtengruppen fordert die Gewerkschaft eine höhere Eingruppierung. Beispielsweise sollen die Beschäftigten in der Sozialarbeit „mit vergleichbaren Studienniveaus“ gleichgestellt werden. Verdi drängt zudem auf einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung für alle Beschäftigten, damit sich beispielsweise Kinderpfleger*innen zu Erzieher*innen weiterbilden können. Man habe aus vielen Kommunen gehört, dass Beschäftigte für ihre Weiterbildung Erholungsurlaub einsetzen müssten, kritisiert Oliver Bandosz, der bei Verdi den Bereich Tarifpolitik Öffentlicher Dienst leitet.

Ein weiteres wichtiges Thema: Die Beschäftigten müssten entlastet werden. Es gebe „viel zu wenig Personal“ für zu viele Kinder, bemängelt Verdi-Vizevorsitzende Christine Behle. Laut der Gewerkschaft werde in den Dienstplänen zu wenig Zeit für Vor- und Nachbereitung oder für Elterngespräche eingeplant. Die Folge sei oft unbezahlte Mehrarbeit.

VKA verweist auf hohe Lohnsteigerungen

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) verweist darauf, dass die Gehälter von Erzieher*innen seit 2009 bereits um 61 Prozent gestiegen seien. Die im Sozial- und Erziehungsdienst erbrachten Leistungen seien „ein Aushängeschild für den kommunalen öffentlichen Dienst“, wird VKA-Präsidentin Karin Welge in einem Statement zitiert, das der VKA am 11. Februar verbreitete. Zugleich betonte der Verband, er lehne „undifferenzierte Aufwertungen“ ab.

In den Tarifverhandlungen gehe es nicht unmittelbar um die Entgelte der Beschäftigten, so der VKA. Diese seien zuletzt im Oktober 2020 vereinbart worden und stiegen zum 1. April erneut um 1,8 Prozent. Die von den Gewerkschaften geforderte höhere Eingruppierung zahlreicher Beschäftigungsgruppen würde zu großen Personalkostensteigerungen führen. Der VKA rechnet mit mindestens einer halben Milliarde Euro an Mehrkosten, wenn die Forderungen der Gewerkschaften erfüllt würden. „Die Entgelte der kommunalen Beschäftigten liegen vielfach über den Entgelten bei anderen Trägern im Sozial- und Erziehungsdienst“, sagt VKA-Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath.

Ausbildung ist Thema der Ampel-Koalition

Zudem, so die Arbeitgeber*innen, seien die Ausbildungsbedingungen bereits stetig verbessert worden. So gebe es seit März 2018 ein tarifvertragliches Ausbildungsentgelt für Schüler*innen in praxisintegrierten Ausbildungsgängen zur Erzieherin oder zum Erzieher. Zudem habe der VKA mit Verdi und den kommunalen Spitzenverbänden schon ein Eckpunktepapier zur Neugestaltung der Ausbildung von Erzieher*innen vorgelegt. Dieses habe auch Niederschlag im Koalitionsvertrag gefunden.

In den Tarifverhandlungen geht es zunächst um 330.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes der Kommunen. Der Großteil von ihnen arbeitet in der Kindererziehung oder -betreuung. Verhandelt wird aber auch für 55.000 Beschäftigte in der Sozialarbeit und 30.000 in der Behindertenhilfe. Weil die Tarifergebnisse von weiteren Arbeitgeber*innen übernommen werden, zum Beispiel der Caritas, sind jedoch weit mehr Menschen von den Verhandlungen betroffen. Insgesamt sind 1,66 Millionen Menschen im Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes beschäftigt. Davon sind 1,4 Millionen Frauen.

Die Verhandlungen finden in Potsdam statt. Nach der ersten Runde am 25. Februar sind weitere Treffen im März und im Mai geplant. Für die Arbeitnehmer*innen verhandeln Verdi und der DBB Beamtenbund und Tarifunion. Im Rahmen einer Kooperation verhandelt Verdi auch für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die kommunalen Arbeitgeberverbände werden vom VKA vertreten.

 

Mehr Informationen
zu den Forderungen von Verdi: mehr-braucht-mehr.verdi.de/tarifrunde-2022

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