Formular-Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH)

Sparkassenkundin muss Kunde bleiben

Karin Billanitsch15. März 2018
Roten Roben, weiße Bäffchen und ein farblich passendes rotes Barret tragen Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichtes – unisono.
Es gibt keinen Anspruch auf weibliche Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden. Geklagt hatte eine 80-jährige Kundin aus dem Saarland gegen ihre Sparkasse.

Die Kundin einer Sparkasse wird bis auf weiteres ein Kunde bleiben – zumindest in den Formularen und Vordrucken, die ihre Bank verwendet. Bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte eine 80jährige Dame aus dem saarländischen Sulzbach geklagt, weil sie sich daran gestoßen hat, dass die Vordrucke, die sie bekam, keine grammatisch weibliche Form enthalten. Sie sah darin eine Geringschätzung der Frauen. Der BGH hat in dem neuen Grundsatzurteil allerdings entschieden, dass darin kein Rechtsverstoß liegt.

BGH-Richter und -Richterinnen: „Generisches Maskulinum“ entspricht allgemein üblichem Sprachgebrauch

Der Bundesgerichtshof, genauer der VI. Zivilsenat mit drei Richtern und zwei Richterinnen, hatte keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gesehen. „Die Klägerin erfährt allein durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen keine Benachteiligung im Sinne von Paragraf 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.“ Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als die Vergleichsperson, sei „die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person“. Und weiter heißt es: „Der Bedeutungsgehalt grammatisch männlicher Personenbezeichnungen kann nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist ("generisches Maskulinum"). Ein solcher Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.

In der Mitteilung heißt es weiter (die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor): „Dabei verkennt der Senat nicht, dass grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, vor dem Hintergrund der seit den 1970er-Jahren diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsystem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag.“

„Sprachgebrauch des Gesetzgebers ist prägend für den allgemeinen Sprachgebrauch“

Die Richter verweisen aber darauf, dass im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung weiterhin in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet werden und bringt Beispiele: die Paragrafen 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: „Kontoinhaber"; Die 488 ff. BGB „Darlehensnehmer"). Für die Richter ist „dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers ist zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis.“

Sie verneinten darüber hinaus auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor, weil die beklagte Sparkasse in persönlichen Gesprächen und individuellen Schreiben die Kunden mit „Frau …“ anspricht. Auch gegen Artikel 3 Grundgesetz sei nicht verstoßen worden.

Saarländisches Landesgleichstellungsgesetz begründet keine Ansprüche

Paragraf 28 Satz 1 des Saarländischen Landesgleichstellungsgesetzes begründet ebenfalls „keinen individuellen Anspruch“ gegenüber der 80-Jähigen. Dort werden öffentliche Institutionen wie Verwaltungen oder auch die Sparkasse aufgefordert, geschlechtsneutrale Formen oder hilfsweise die weibliche und die männliche Form zu benutzen. Jedoch ergibt sich daraus nach Ansicht der Richter kein einklagbarer Anspruch, weil es kein Schutzgesetz sei.

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