Bezahlbares Wohnen

Was die SPD mit der Bodenwertzuwachssteuer erreichen will

Kai Doering08. Januar 2020
Baustelle in Frankfurt/Main: Wer Bauland besitzt, soll auch bauen. Das möchte die SPD u.a. mit einer Bodenwertzuwachssteuer erreichen.
Seit Jahren steigen die Mieten besonders in den Ballungszentren. Die SPD will das ändern – auch mit einer Bodenwertzuwachssteuer. Das verbirgt sich dahinter.

„Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen“, warnte der Künstler Klaus Staeck mit einem Plakat im Bundestagswahlkampf 1972. Staeck regierte damit auf eine Kampagne aus konservativen Kreisen, die die Angst vor einem Wahlsieg der Sozialdemokraten schüren wollten. „Die satirische Übertreibung bis ins Absurde schien mir die angemessenste und effektivste Antwort auf diese bösartige Kampagne“, erinnert sich Staeck.

Die preistreibende Spekulation mit Grund und Boden bekämpfen

Sein Plakat könnte nun eine Renaissance erfahren. Nachdem die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans am Wochenende in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe für die Einführung einer „Bodenwertzuwachssteuer“ geworben hatten, ließ die Kritik von CDU, FDP und AfD nicht lange auf sich warten. „Das ist Politik gegen die Mitte und gegen Chance auf Eigentum“, ätzte FDP-Chef Christian Lindner auf Twitter.

„Es geht nicht darum, Besitzerinnen und Besitzer von Grundstücken für ihr Eigentum zu bestrafen“, stellt dagegen die SPD klar. „Wir wollen die preistreibende Spekulation mit Grund und Boden bekämpfen.“ Gerade in Ballungsgebieten setzen Eigentümer*innen von baureifen, aber nicht bebauten Flächen seit Jahren darauf, dass sich der Wert des Grundstücks vervielfacht. Statt sie für den Bau von Wohnungen zu nutzen, wird die Fläche als Spekulationsobjekt brach liegen gelassen.

Zufällige Multimillionäre sollen etwas abgeben

Das will die SPD beenden. „Wir brauchen eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, deren Ziel es ist, Boden dauerhaft für staatliches und vor allem kommunales Handeln zu sichern“, heißt es in einem Beschluss des Bundesparteitags aus dem Dezember. In diesem wird neben weiteren Maßnahmen auch eine Bodenwertzuwachssteuer gefordert. Diese sollen Eigentümer*innen entrichten, wenn sie ihre zuvor ungenutzten Grundstücke als Bauland verkaufen.

„Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als dass Grundbesitzer, die ohne eigenes Zutun durch die Umwidmung von Flächen in Bauland zu Multimillionären werden, ihrer Kommune einmalig einen Teil davon abgeben müssen“, stellte Norbert Walter-Borjans inzwischen im „Handelsblatt“ klar. Eigenheimbesitzer, die etwa mit dem Haus ihre Rente sichern wollen, sind also entgegen vieler anderslautender Behauptungen nicht betroffen.

Die Forderung der SPD ist auch nicht neu. Zwischen 1904 und 1944 gab es bereits eine Bodenwertzuwachssteuer in Deutschland. Der damalige Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel setzte sich später dafür ein, dass die SPD Bodenspekulationen und ihre Auswirkungen zum Thema im Bundestagswahlkampf machte – das war 1972.

 

Dieser Artikel ist zuerst auf vorwärts.de erschienen.

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