DEMO-Kommunalkongress 2021

Was SPD-Chef Walter-Borjans im Kommunal-Talk verraten hat

Carl-Friedrich Höck11. Juni 2021
Norbert Walter-Borjans im Promi-Talk auf dem DEMO-Kongress
Auf dem DEMO-Kommunalkongress plauderte Parteichef Norbert Walter-Borjans eine Stunde lang mit sozialdemokratischen Kommunalpolitiker*innen. Es ging um die Zukunft der Innenstädte, die Außenwirkung der SPD und ein ungewöhnliches Hobby.

Gut gelaunt und nachdenklich präsentierte sich der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans auf dem DEMO-Kommunalkongress 2021. In einer knapp einstündigen Promi-Talkrunde stellte er sich den Fragen der Teilnehmenden. Dabei ging es locker zu: Neben politischen Lageberichten verriet der SPD-Chef auch Privates. Das waren die Themen:

Zukunft der Innenstädte: Der SPD-Parteivorstand hat vor kurzem ein umfangreiches Positionspapier mit dem Titel „Impulse für das Herz der Stadt“ veröffentlicht. Der Corona-Lockdown habe viele Gewerbetreibende und Einrichtungen an den Rand der Existenz gebracht – und manche auch darüber hinaus, sagte Walter-Borjans. Zwar habe man viel getan, etwa mit Überbrückungshilfen und einem einem Zwei-Milliarden-Euro-Paket für Kunst und Kultur. Doch es werde „eine ganze Reihe von Restaurants oder Kulturbetrieben nicht wieder öffnen“. Der Charakter der Innenstädte werde sich verändern, auch weil lokaler Einzelhandel verschwinde und durch große Filialisten ersetzt werde. Das habe den Parteivorstand umgetrieben.

Hinzu kommen laut Walter-Borjans Entwicklungen wie der zunehmende Online-Handel und die Verlagerung von Arbeit ins Homeoffice. Dadurch werde Raum frei – nicht nur in den Büros, auch in der Gastronomie, weil die Mittagstische wegfallen. Ärgerlich findet Walter-Borjans, wenn Immobilien leer stehen, weil sie im Portfolio eines international agierenden Eigentümers kaum eine Rolle spielen – für den Stadtteil sei das oft ein ärgerlicher Schandfleck. Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz erhalten die Kommunen hier neue Instrumente an die Hand, um gegen Brachland vorzugehen. Welche Vorschläge das SPD-Papier im Einzelnen für die Innenstädte macht, haben wir hier aufgeschrieben.

Reallabore: Eine der zahlreichen vorgeschlagenen Maßnahmen für die Ortskerne sind sogenannte Reallabore. Mit ihnen sollen neue Wege ausprobiert werden, um die Innenstädte wiederzubeleben. Zum Beispiel, indem lokale Einzelhändler in virtuellen Warenhäusern vernetzt werden. Der Bund werde noch in diesem Jahr die Mittel für die Reallabore verzehnfachen, versprach Walter-Borjans: von 25 auf 250 Millionen Euro. Für die Umsetzung sei dann Innenminister Horst Seehofer zuständig. Die CSU werde das wohl für sich reklamieren, aber „da steckt viel Sozialdemokratie drin“, betonte der SPD-Chef.

Bodenpolitik: Beeindruckt zeigte sich Walter-Borjans von einem langen Gespräch, das er mit Hans-Peter Vogel an dessen 94. Geburtstag geführt hat. Dieser habe ihm seine Erfahrungen aus der Zeit als Oberbürgermeister von München ans Herz gelegt: Man müsse die „nicht verzichtbaren und nicht vermehrbaren Flächen“ in den Innenstädten schützen. Dass viele Kommunen ihre Grundstücke in der Vergangenheit aufgrund finanzieller Nöte verkauft haben, sei ein völlig falscher Weg gewesen, meint der SPD-Chef. So habe man zwar kurzfristig ein Haushaltsloch gestopft, aber sich große Probleme eingehandelt. Etwa, weil soziale Dienste keine bezahlbaren Flächen mehr in der Stadt finden.

Die Arbeit im Parteivorstand: Aus dem Publikum kam Lob für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Seit sie die Parteiführung übernommen haben, trete die Partei sehr geschlossen auf – zumindest komme es so rüber. „Das ist auch so“, bestätigte „Nowabo“ den Eindruck. Und dies sei ihm auch wichtig.

Die Außenwahrnehmung der SPD: Sozialdemokratische Minister wie Hubertus Heil legten ein Gesetz nach dem nächsten vor, aber das werde von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, wunderte sich ein Fragesteller. Laut Walter-Borjans liegt das auch an der Rolle des Juniorpartners in der Koalition. Politische Vorhaben wie das Lieferkettengesetz würden bis zuletzt von CDU und CSU hart bekämpft. Aber wenn man dann endlich einen tragfähigen Kompromiss gefunden habe „ist es das Team Merkel, dass das gemacht hat“. Daher profitiere die Union, wenn die Leute mit der Regierung zufrieden seien. Und wenn sie unzufrieden seien, wendeten sie sich den Oppositionsparteien zu. Umso wichtiger sei es, dass die SPD über ihre Erfolge spricht: „Da müssen wir ganz viel kommunizieren.“

Die politische Ausrichtung der Partei: Ist die SPD zu sehr politischer Bauchladen, sollte sie sich stärker auf ein Thema konzentrieren? Diese Frage kam aus dem Publikum. Walter-Borjans hält das nicht für den richtigen Ansatz. Er sieht die SPD als Volkpartei, die Wirtschaft, Ökologie und Soziales zusammenbringen muss. „Wir sind nicht die reine Klima-, Wirtschafts- oder Innere-Sicherheits-Partei. Aber als Partei für die Menschen sind wir die Partei, die dafür sorgen muss, dass der Planet überlebt, die Wirtschaft funktioniert und die Menschen zu ihrem Recht kommen“.

Sein liebstes Hobby: „Das ist ganz verrückt: Marmor-Bildhauerei“, antwortete Walter-Borjans auf Nachfrage. Das mache er seit rund 20 Jahren, allerdings höchstens einmal im Jahr, wenn sich eine Künstlergruppe treffe. „Da kann ich mich ganz dem Stein widmen und der kölschen Weisheit: Wat fott es, es fott“. Für Nicht-Kölner erklärte er: Was abgeschlagen sei, könne man nicht wieder dranpappen. Und am Ende eines Tages habe man gelernt, was es heißt, mit Hammer, Meißel und Flex zu arbeiten und das Ergebnis unmittelbar sehen zu können.

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