Klausur

SPD-Fraktion stimmt sich auf Europawahl ein

Carl-Friedrich Höck11. Januar 2019
Reichstagsgebäude bei Nacht
Reichstagsgebäude bei Nacht: Die SPD-Bundestagsfraktion ist in Klausur gegangen.
Der Brexit und europaskeptische Populisten machen der Europäischen Union zu schaffen. Das Thema hat die Jahresauftaktklausur der SPD-Bundestagsfraktion bestimmt: „Nie war eine Europawahl wichtiger“, heißt es in einem Papier. Die Sozialdemokraten fordern mehr europäische Investitionen, etwa in Schulen.

Mit Beginn des Europawahl-Jahres 2019 richten sich immer mehr Blicke auf Brüssel und Straßburg. „Für Europa ist es fünf vor zwölf“, hatte der Präsident des Deutschen Städte und Gemeindebundes Uwe Brandl vergangene Woche gewarnt. Man müsse alle Kräfte bündeln und bei den Menschen für das gemeinsame Projekt eintreten. Ein nun veröffentlichtes Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion liest sich stellenweise ähnlich: „Nie war eine Europawahl wichtiger“, heißt es dort. Die Fraktion fordert: „Keine Zweideutigkeiten gegenüber jenen politischen Kräften, die Europa schwächen oder wieder abwickeln wollen.“

SPD-Fraktion für europäische Sozialagenda

Die Fraktion hat sich am Donnerstag und Freitag in Berlin zu einer Klausur getroffen, um sich inhaltlich für das neue Jahr aufzustellen. Für den Europawahlkampf will sie klare sozialdemokratische Schwerpunkte setzen. Zentrale Elemente sind laut Fraktionschefin Andrea Nahles, „dass wir uns einsetzen für Investitionen in Infrastruktur, in Arbeitsplätze und Forschung; dass wir gerechte Steuern wollen, auch eine Besteuerung aller Unternehmen und eine Digitalbesteuerung. Und dass wir drittens, aus unserer Sicht ganz zentral, auch die Arbeitnehmerrechte und ein soziales Europa in den Fokus stellen.“

Konkret will die SPD-Fraktion unter anderem einen Fonds einrichten, um in Krisenzeiten die nationalen Arbeitslosenversicherungen stabilisieren zu können. Weiter fordern die Sozialdemokraten eine verbindliche Sozialagenda mit Mindestlöhnen in allen EU-Staaten, mehr Mittel für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit sowie eine stärkere Förderung von Jugendbegegnungen.

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im Europaparlament, Udo Bullmann, betont: „Natürlich wissen wir, dass wir in Europa investieren müssen. Nur wenn es überall gute Bildung gibt, gute Schulen, gute Ingenieure, wird unser Wohlstand sicher sein. Auch in Deutschland.“

Lösung für kommunale Finanzprobleme in Sicht?

Am Dienstag und Mittwoch waren bereits die mächtigen Landesgruppen der Fraktion aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen in Klausur gegangen. Sie forderten unter anderem, die Kommunen finanziell weiter zu stärken und gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen.

Während des Treffens der Gesamtfraktion seien kommunale Themen ebenfalls angesprochen worden, berichtet der SPD-Abgeordnete Bernhard Daldrup. Mit Spannung wartet er auf die Ergebnisse der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde und deren Arbeitsgruppen bereits im Sommer Berichte vorlegen sollen. Daldrup sagt, er erwarte ganz konkrete Antworten, wie Probleme der Kommunen gelöst werden können. Insbesondere nannte er die kommunalen Altschulden, die mancherorts hohen Sozialkosten – die wiederum die Ursache für hohe Schuldenberge seien – und die Frage, wie die Investitionskraft der Kommunen gestärkt werden könne.

Streit um Grundsteuer treibt Kommunen um

Aus kommunaler Sicht ist auch die Zukunft der Grundsteuer ein wichtiges Thema. Sie bringt den Städten und Gemeinden jährlich etwa 14 Milliarden Euro ein. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes muss jedoch bis zum Ende des Jahres die Berechnung der Steuer neu geregelt werden, sonst dürfen die Kommunen sie nicht mehr erheben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz präferiert ein Modell, bei dem der Wert der Immobilie in die Berechnung der Grundsteuer einfließt. Zum Beispiel würde dann die Höhe der Kaltmiete als Faktor berücksichtigt. Die CDU dagegen hat sich zuletzt für ein reines Flächenmodell ausgesprochen: Dann würden nur noch die Fläche des Grundstückes und die darauf errichtete Wohnfläche berücksichtigt, bevor die Kommune auf den so ermittelten Betrag ihren Hebesatz anwendet. Das Modell sei einfacher, argumentieren die Christdemokraten. Es sei aber auch „einfach ungerecht“, hält Bernhard Daldrup entgegen. Denn es setze Einfamilienhäuser am Stadtrand mit Luxusappartements im Zentrum gleich.

„Das von Bundesfinanzminister Scholz vorgelegte Modell zur Reform der Grundsteuer ist vernünftig und gerecht“, so Daldrup. Alle Beteiligten sollten jetzt auf dieser Basis an einer tragfähigen Lösung arbeiten. Die Grundsteuer sei als Einnahmequelle für die Kommunen zu wichtig, als dass sie sich für taktische Spielereien eignen würde.