Konflikt in der Koalition

SPD: Keine Extrawurst für Bayern bei der Grundsteuer

Lars Haferkamp11. April 2019
Bundesminister Horst Seehofer: Die SPD wirft dem CSU-Politiker vor, im Streit um die Reform der Grundsteuer nicht die Interessen des Bundes sondern des Freistaates Bayern zu vertreten.
Die SPD weist die Forderung der CSU nach einer Öffnungsklausel für Bayern bei der Grundsteuer zurück. Unterdessen dementiert der SPD-Abgeordnete Bernhard Daldrup Berichte über einen „Metropolenzuschlag”.

Die Union will den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgelegten Entwurf für eine Neuregelung der Grundsteuer nicht akzeptieren. Sie fordert Öffnungsklauseln für Bundesländer, damit diese die Grundsteuer nach eigenen Vorstellungen für ihr Land gestalten können. Besonders lautstark wird diese Forderung von der CSU und Bundesinnenminister Horst Seehofer vorgetragen.

Sonderregelung für Bayern schadet dem Bund

Die SPD weist dieses Verlangen ebenso deutlich zurück. „Jeder Bundesminister ist schon durch seinen Amtseid verpflichtet, die Interessen des Bundes zu wahren“, mahnt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, den Innenminister. „Die Forderungen nach einer Sonderregelung für Bayern sind mit dem Ziel der Rechtseinheit in Deutschland nicht vereinbar.“

Schneider wirft der CSU als „Regionalpartei aus Bayern“ und ihrem Innenminister Seehofer vor „die Interessen des Landes über die Interessen des Bundes“ zu stellen. „Herr Seehofer, noch dazu als so genannter Verfassungsminister, hat seine Rolle als Bundesminister nicht verstanden, wenn er Partikularinteressen zur Richtschnur seiner Arbeit macht. Offenbar ist er doch noch nicht ganz aus München in Berlin angekommen“, so Schneider.

Grundsteuer ist kommunale Steuerbasis

Die Öffnungsklausel für die Grundsteuer bedrohe nicht nur die einheitliche Rechtsanwendung, sondern auch die Steuergerechtigkeit in Deutschland. Es gehe bei der Grundsteuer auch um die zentrale Einnahmequelle für die Kommunen. Durch eine Aushöhlung der Grundsteuer werde die kommunale Steuerbasis gefährdet.

„Wenn CDU und CSU die Grundsteuer abschaffen wollen, sollen sie es sagen“, fordert Schneider vom Koalitionspartner. Nur reiche Kommunen und Bundesländer könnten sich die Nutzung einer solchen Öffnungsklausel leisten. Damit würde die Schere zwischen armen und reichen Regionen in Deutschland weiter auseinandergehen. „Die Haltung von Herrn Seehofer steht damit auch im Widerspruch zu seiner Verantwortung als Vorsitzender der Kommission zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“, gibt Schneider zu Bedenken.

Scholz-Entwurf ist gerecht und praktikabel

Auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, wendet sich klar gegen die Haltung der Union bei der Grundsteuer. „Der Entwurf von Finanzminister Scholz für eine Reform der Grundsteuer in Deutschland ist ausgewogen, gerecht und praktikabel. Er setzt die mit den Bundesländern vereinbarten Eckpunkte konsequent um.“

Post appelliert, alle Beteiligten müssten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und die Reform auf dieser Basis nun zügig politisch umsetzen. „Ein Erfolg der Grundsteuer-Reform darf nicht durch neue Sonderwünsche aus Bayern gefährdet werden, die auf einen rechtlichen Flickenteppich von Grundsteuer-Modellen in Deutschland hinauslaufen würden“, warnt Post. Das Aufkommen der Grundsteuer sei eine essentielle Einnahmequelle für die Kommunen, die unbedingt erhalten bleiben müsse. „Dafür ist ein erfolgreicher Abschluss der Grundsteuer-Reform bis Jahresende unerlässlich“, fordert der SPD-Fraktionsvize.

Kein „Metropolenzuschlag” bei Grundsteuer

Unterdessen hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernhard Daldrup Medienberichte über einen geplanten „Metropolenzuschlag” zurückgewiesen. „Es gibt keinen ‚Metropolenzuschlag‘. Der Referentenentwurf von Olaf Scholz enthält hingegen eine Regelung, die in Großstädten über 600.000 Einwohner zu einer gerechteren Verteilung der Steuerlast führen wird”, so Daldrup. „Nach den mit den Ländern vereinbarten Eckpunkten soll sich die Grundsteuer unter anderem nach den Durchschnittsmieten aus dem Mikrozensus ableiten. Damit entfällt auf jede Kommune – unabhängig von ihrer Größe – genau eine Wertstufe für die durchschnittlichen Nettokaltmieten pro Quadratmeter. Gerade in Großstädten aber unterscheiden sich die tatsächlichen Mieten je nach Lage erheblich. Der Referentenentwurf reagiert hierauf: Bei sehr teuren Lagen wird die Durchschnittsmiete um 10 Prozent erhöht.”

Die Regelung führe dazu, dass für Wohnraum in einfachen Lagen nicht dieselbe Miete zugrunde gelegt werde, wie bei Luxusobjekten in begehrten Innenstadtlagen, erklärt Daldrup. „Die Kritik der Union zeigt, dass sie die Grundsteuer nicht verstanden hat. Die Höhe der Steuer wird durch die Kommunen mit dem Hebesatz festgelegt. Durch den vorgeschlagenen Zuschlag im Referentenentwurf verschieben sich lediglich die Steuerzahlungen innerhalb einer Stadt etwas, und zwar zulasten derer, die es sich leisten können.”

Dieser Artikel ist zuerst bei vorwärts.de erschienen und wurde am 11. April von der DEMO-Redaktion aktualisiert.

Städtetag warnt vor Flickenteppich bei Grundsteuer

Der Deutsche Städtetag warnt vor einem Flickenteppich, sollte es zu unterschiedlichen Grundsteuer-Regelungen in den Bundesländern kommen.

Vizepräsident Ulrich Maly Maly kritisierte, dass das Land Bayern die mehrheitlich zwischen Bund und Ländern verabredeten Eckpunkte für eine Reform ablehnt und eine Öffnungsklausel ins Gespräch gebracht hat, um mit einer eigenen Regelung abweichen zu können.

Maly: „Bund und Länder müssen sich auf eine bundeseinheitliche Regelung für die Grundsteuer verständigen. Alleingänge sind kontraproduktiv. Ein einheitliches Recht hält den Bürokratie- und Verwaltungsaufwand in Grenzen und ist allemal besser als 16 verschiedene steuerliche Bewertungsregelungen. Außerdem wird sichergestellt, dass die Bundesländer nicht in einen unfairen Steuerwettbewerb über die Bewertung von Grundstücken eintreten. Und die Grundsteuer bleibt mit anderen Steuern und Abgaben kompatibel.”

Die Städte halten die zwischen Bund und Ländern mehrheitlich vereinbarten Reform-Eckpunkte für ein wertorientiertes Grundsteuer-Modell für eine gute Grundlage, heißt es in einer Presseerklärung des Städtetages vom 2. April 2019.