CO2-Bepreisung Verbrennen von Siedlungsabfällen

SPD: Mehrbelastung der Haushalte vermeiden

Uwe Roth30. September 2022
Keine Müllberge trotz Corona: Auch in der Pandemie ist auf die kommunalen Unternehmen Verlass, sagt VKU-Präsident Michael Ebling.
Betreiber von Anlagen zur Müllverbrennung sollen künftig einen CO2-Preis zahlen. Am Mittwoch war dazu die erste Lesung im Bundestag. Der VKU warnt vor höheren Gebühren. Die SPD will die Bürger*innen in der Krisenzeit von Mehrkosten verschonen.

Ende 2019 hatte die damalige Bundesregierung das Gesetz über einen nationalen Zertifikate-Handel für Brennstoffemissionen als Teil des Klimapakets in Kraft gesetzt. Das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) bezog zunächst die Sektoren Wärme und Verkehr ein. Angekündigt war, den Emissionshandel auf weitere Abgasquellen auszuweiten. Das geschieht nun: Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/3438) sollen ab 2023 die Brennstoffe Kohle und Abfälle in das Gesetz aufgenommen werden. Es gilt die Faustformel: Eine Tonne Müll in der Verbrennung ergibt eine Tonne CO2. Dass die CO2-Bepreisung von Siedlungsabfällen, nicht ohne Widerspruch bleiben wird, war abzusehen. Eine Erhöhung der Müllgebühren steht im Raum. Die Kommunen sind zuständig für die Müllentsorgen und daher alarmiert.

Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und Leiter der Abfallwirtschaftsbetreibe Münster, bemerkte dazu in dieser Woche: „In der jetzigen Situation hoher Inflationsraten und steigender Energiepreise müssen zusätzliche Belastungen der Bürgerinnen und Bürger dringend vermieden werden. Das Vorhaben der Regierung, ab dem 1. Januar 2023 das BEHG auf die Abfallwirtschaft auszudehnen, können wir daher nicht nachvollziehen.“ Der VKU wehrt sich nicht nur gegen den Zeitpunkt der Einführung, sondern ist generell der Ansicht, dass Abfallstoffe keine eigentlichen Energieträger sind.

Nina Scheer (SPD): Möchten Menschen nicht überfordern

Für die SPD sprach am Mittwoch in der ersten Beratungsrunde Nina Scheer. Die Sprecherin der Bundestagsfraktion für Klimaschutz und Energie deutete an, dass eine mögliche Erhöhung der Müllgebühren über die Entlastungspakete der Bundesregierung abgefangen werden könnte. „Unter Bezugnahme auf die Vereinbarung in der Ampelkoalition“, sagte sie, „dass wir in diesem Jahr keine Erhöhungen wollen“. Und sie setzte nach: „Wir möchten die Menschen nicht überfordern.“

Die Bundesregierung folgt mit der Gesetzesnovelle EU-Vorgaben. Der Bundesrat hat am 16. September ein positives Votum abgegeben. Er fordert allerdings, die Verbrennung von Sonderabfällen von einer CO2-Abgabe auszunehmen. Der VKU hat das wohlwollend zur Kenntnis genommen, gibt sich damit aber nicht zufrieden: Die Argumentation des Bundesrats gelte nicht nur für Sonderabfälle, sondern "auch für Restabfälle aus häuslichen oder gewerblichen Bereichen", bekräftigt der Verband. „Abfälle müssen insgesamt vom Emissionshandel freigestellt werden“, lautet die Forderung verbunden mit der Empfehlung an die Abgeordneten, „sich zunächst auf ein zweijähriges Moratorium zu einigen, um insbesondere die weitere europäische Entwicklung abzuwarten und auswerten zu können“.

BMUV-Studie: 9,75 Euro pro Tonne Abfall ab nächstes Jahr?

Grundsätzliche Kritik kommt auch aus dem SPD-Wirtschaftsforum. In einer Mitteilung heißt es: „Sollte das Gesetz wie geplant zum 1. Januar 2023 in Kraft treten, würden die Abfallverbrennungskosten um voraussichtlich ein Drittel steigen. Dies würde sich direkt auf die Abfallgebühren auswirken.“ Zudem könnten aus seiner Sicht Abfallströme künftig zu günstigeren Anlagen ins europäische Ausland gelenkt werden. Dies hätte „negative Effekte für den inländischen Markt und den Erfolg der Ressourcenwende in Deutschland“.

Das Wirtschaftsforum zitiert das Bundesumweltministerium (BMUV). Eine vom BMUV in Auftrag gegebene Studie habe ergeben, dass bei Einführung einer CO2-Bepreisung für die Abfallverbrennung die Netto-Kosten für den Siedlungsabfall um 9,75 Euro pro Tonne Abfall im Jahr 2023 und bis auf 18 Euro pro Tonne Abfall im Jahr 2026 steigen würden. Demnach würden sich die CO2-Bepreisung „auch auf die Gebühren für Haushalte auswirken“.

Rund zwölf Prozent der Abfälle werden verbrannt

Laut Nabu gibt es in Deutschland derzeit 66 Müllverbrennungsanlagen mit einer jährlichen Gesamtkapazität von etwa 20,6 Millionen Tonnen. Nach der amtlichen Statistik sind im Jahr 2020 in Deutschland insgesamt 414 Millionen Tonnen Abfälle entsorgt worden. Wie im Jahr davor wurden 70 Prozent aller Abfälle stofflich verwertet, also recycelt. Weitere 11,6 Prozent wurden energetisch verwertet, also beispielsweise in Müllheizkraftwerken verbrannt und für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.

Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, müssen bereits seit dem 1. Januar 2021 einen CO2-Preis bezahlen. Sie werden verpflichtet, für den Treibhausgas-Ausstoß, den ihre Produkte verursachen, Emissionsrechte in Form von Zertifikaten zu erwerben. Das geschieht über den nationalen Emissionshandel.

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