Hauptversammlung des Deutschen Städtetags

Städte fordern mehr Mittel für Investitionen und Integration

Karin Billanitsch30. Mai 2017
Kommunales Treffen in Nürnberg auf dem Messegelände. Der Deutsche Städtetag hat zum Auftakt der Hauptversammlung einen Forderungskatalog vorgelegt.
Trotz Steuermehreinnahmen kann keine Entwarnung für die Kommunen gegeben werden, sagte Eva Lohse, Präsidentin des Deutschen Städtetags. Die Finanzierung der Städte müsse langfristig gesichert werden. Städtetagsvize Ulrich Maly forderte Engagement für mehr bezahlbare Wohnungen von Bund und Ländern. Unter anderem soll der Bund eine Investitionszulage einführen.

"Wir glauben, dass es in diesen Zeiten, die unruhig sind, gut ist sich darauf zu besinnen: Was ist eigentlich Heimat, welche Heimat bieten die Städte, und welche gute Entwicklung bieten sie ihren Bürgern in der Zukunft?"  Heimat. Zukunft. Stadt" ist das Leitmotto der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags in Nürnberg. Eva Lohse, Präsidentin des Kommunalen Spitzenverbandes und Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen ist überzeugt, dass sich die rund 1200 Delegierten und Gäste mit diesem Motto intensiv auseinandersetzen werden und alle Facetten dessen, was die Menschen bewegt, ansprechen können. "Städte sorgen bei allen globalen Veränderungen für Lebensqualität und sichern Stabilität", so Lohse. 

"Länder in der Pflicht"

Zum Auftakt der Hauptversammlung setzt sich der Städtetag dafür ein, die Finanzkraft der Kommunen zu stärken und langfristig zu verstetigen. Eva Lohse appellierte insbesondere an die Länder, den Kommunen ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und insbesondere die Mittel, die der Bund mehr zahlt, durchzureichen. Hintergrund: die Einigung zu der Neuordnung der Bund-Länder-Fianzbeziehungen sieht vor, dass die Länder von 2020 an unterm Strich finanziell besser auszustatten. Lohse: "Hier nehmen wir die Länder beim Wort."

Zwar stehen die Kommunen finanziell ebenso wie Bund und Länder besser da als noch vor Jahren, räumt Eva Lohse ein. Es gibt jedoch ein grosses "Aber". Denn es gibt viele strukturschwache Kommunen in Ost und West und insgesamt grosse Unterschiede. "Nach wie vor gibt es Städte, die ihre Pflichtaufgaben nicht ohne Schulden erfüllen könnten. Trotz der erfreulichen Überschüsse kann keine Entwarnung gegeben werden." Der Städtetag verweist auf den riesigen Investitions- und Sanierungsstau, der etwa 126 Milliarden Euro beträgt. Die jährlichen Investitionen von derzeit etwa 24 Milliarden Euro reichten bei weitem nicht aus. 

Strukturschwäche bekämpfen

Ein grosses Problem ist die wachsende Ungleichheit. Für die Zeit nach dem Auslaufen des Solidarpaktes ll fordert der Deutsche Städtetag ein "gesamtdeutsches Regional-Fördersystem". "Ein solches System könnte das Wachstum in strukturschwachen Regionen in Ost und West stärken." Die so genannte "Gemeinschaftsaufgabe regionale Infrastruktur" könnte ein geeignetes Instrument sein, betonte Lohse. Der Topf könnte aufgestockt werden, um zielgerichtet Investitionen zu erhöhen. 

Die Städtetagspräsidentin betonte darüber hinaus auch die Leistungen der Kommunen bei der Integration von Flüchtlingen. "Integration erfordert wirklich einen langen Atem". Man braucht Sprachkurse, Kitas, Schulen und ausreichend Wohnraum. Besonders wichtig sei es, die Menschen und die nachziehenden Familien möglichst dezentral unterbringen zu können. Sie kritisierte, dass nicht alle Länder die Integrationsmittel des Bundes an die Kommunen voll weiter geben. Ausserdem brauchen die Kommunen bald Antworten, wie es nach 2018 mit der Finanzierung der Integration weiter gehen soll. 

Mehr bezahlbare Wohnungen

Auf die Wohnungssituation in Deutschland kam auch Ulrich Maly, Nürnbergs Oberbürgermeister (SPD) und Städtetags-Vizepräsident zu sprechen. "Trotz aller Anstrengungen und zusätzlicher Fördermittel ist die Wohnungsfrage längst nicht gelöst. Die magische Zahl ist 278.000. So viele Wohnungen sind in Deutschland 2016 fertiggestellt worden. So viele wie lange nicht - und trotzdem zu wenig" stellte Maly fest. Vor allem der Wohnungsbau im mittleren und preiswerten Segment muss angekurbelt werden. "Wir sehen die Chance auf eine Reanaissance des geförderten Wohnungsbaus." Das könne aber nur funktionieren, wenn alle drei Ebenen, Bund, Länder und Kommunen fördern und das als Gemeinschaftsaufgabe sehen. Der Städtetags-Vizepräsident forderte weitere Instrumente, wie etwa eine Investitionszulage des Bundes für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen. 

Die Städte stehen vor Konflikten: um Fläche zu schonen, versuchen viele Städte nachzuverdichten und sehen sich dann Widerstand gegenüber. Bauland zu mobilisieren ist ebenfalls vielerorts schwierig, weil viele Grundstückseigentümer bei steigenden Preisen abwarten, statt zu verkaufen. Obendrein wird der Verkauf stark besteuert, wenn ein Landwirt landwirtschaftliche Flächen verkauft. Man könnte darüber nachdenken, Verkäufer von der hohen Steuerlast zu befreien, wenn sie Flächen zum Zweck des geförderten Wohnungbaus verkaufen, regte Maly an. Das Thema Flächenknappheit wird ein grosses gesellschaftspolitisches Thema des kommenden Jahrzehnts, ist der Oberbürgermeister überzeugt. 

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