Reaktionen auf Bund-Länder-Beschluss

Städte und Gemeinden befürworten Lockdown – Kritik an Plänen zur Software-Umstellung

Carl-Friedrich Höck11. Februar 2021
Das Bundeskanzleramt am Mittwoch: Angela Merkel hat sich mit den Ministerpräsident*innen auf eine Verlängerung des Lockdowns geeinigt.
Der Lockdown wird bis zum 7. März verlängert – darauf haben sich die Regierungschef*innen der Länder mit der Kanzlerin verständigt. Die Kommunalverbände unterstützen die Entscheidung. Der Landkreistag kritisiert die Pläne für die Kontaktverfolgungs-Software „Sormas“ und fordert mehr Unterstützung für Kliniken.

Am Mittwochabend hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschef*innen der Länder erneut auf Corona-Maßnahmen verständigt. Der Lockdown soll bis zum 7. März verlängert werden – nur Friseurbetriebe dürfen schon ab dem 1. März wieder öffnen. Private Zusammenkünfte bleiben weiterhin nur im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Den Beschluss der Bund-Länder-Konferenz vom 10. Februar 2021 können Sie hier nachlesen.

Landkreistag fordert konkretere Perspektive

Der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager befürwortet den verlängerten Lockdown angesichts der Virusmutationen. Bund und Länder sollten aber auch zügig weitere Öffnungsschritte abstimmen, fordert er. „Die fortdauernden Belastungen sind nur vermittelbar, wenn der Plan mit realistischen, erreichbaren Zahlen unterlegt wird, anhand derer man abschätzen kann, was ab welchem Wert wieder geöffnet werden kann.“ Auch in Bezug auf Impfungen wünscht sich Sager klarere Aussagen. „Die Menschen müssen wissen, wie die langfristige Perspektive aussieht und wann sich diese Belastungssituation wieder entspannen könnte.“

Ein Teil der Lösung könnten Schnelltests zur Selbstanwendung sein, hofft der Landkreistag-Präsident. „Es wird notwendig sein, regelmäßig und großflächig zu testen, beispielsweise Lehrer und Schüler, aber auch Angestellte in der Produktion, die nicht ins Homeoffice ausweichen können. Sobald entsprechende Selbsttests ohne vorherige Schulung verfügbar werden, erhoffen wir uns davon mehr zusätzliche Kontrolle über das Infektionsgeschehen, das dann auch weitere Öffnungen rechtfertigt.“
 
Kritik übt Sager am Vorhaben von Bund und Ländern, die Kontaktverfolgungs-Software „Sormas“ bis Ende Februar in allen Gesundheitsämtern einzusetzen: „Die meisten Landkreise nutzen seit Jahren andere Programme, die sämtliche Aufgaben eines Gesundheitsamtes abbilden – nicht nur die Kontaktnachverfolgung.“ Es sei unvernünftig, mitten in der Pandemie auf eine andere Software umzusteigen, „mit allen damit verbundenen Risiken, Schulungsaufwand und möglichen Datenverlusten“.

Sorgen um Kliniken

Unzureichend sei das bisher aufgespannte Auffangnetz für die finanziellen Verluste der Krankenhäuser, meint Sager. „Notwendig ist ein deutliches Bekenntnis, dass die Wirtschaftlichkeit aller Krankenhäuser sichergestellt wird. Dazu gehört unbedingt eine Ganzjahresfinanzierung auch für 2021.“ Im Bund-Länder-Beschluss heißt es zu weiteren Ausgleichszahlungen lediglich: Das Bundesministerium für Gesundheit werde die Entwicklung weiter gemeinsam mit den Ländern und dem Krankenhausfinanzierungs-Beirat beobachten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Ingo Morell nennt den Beschluss immerhin „ein wichtiges Zeichen für die Häuser“ und wertet ihn als Bekenntnis zur wirtschaftlichen Absicherung der Kliniken. Nun würden die Krankenhäuser erwarten, dass das Bundesgesundheitsministerium zeitnah eine verlässliche und für das ganze Jahr tragfähige Lösung vorlegt. Morell: „Die Pandemie schwächt die Einnahmesituation der Krankenhäuser über das ganze Jahr, während die Krankenhäuser gerade jetzt wirtschaftliche Sicherheit brauchen. Sie brauchen wie 2020 dringend Liquiditätssicherung und einen Ganzjahresausgleich für die pandemiebedingten Erlösausfälle bei allen Klinken.“

Städtetags-Präsident Jung warnt vor Leichtsinn

Zuspruch für die Lockdown-Verlängerung kommt auch vom Deutschen Städtetag. Dessen Präsident Burkhard Jung sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Wir dürfen jetzt nicht leichtsinnig werden und die erreichten Erfolge aufs Spiel setzen“. Der Abwärtstrend bei den Neuinfektionen müsse sich weiter stabilisieren, um Chaos zu vermeiden. Die Gefahr eines erneuten rasanten Wachstums von Neuinfektionen sei noch nicht gebannt.

Jung weiter: „Die Coronakrise hat uns fest im Griff. Unsere Innenstädte leiden. Bei allen Schwierigkeiten geben uns aber die Impfungen auch Hoffnung und das Frühjahr rückt näher.“ Der Städtetagspräsident findet es richtig, dass Kitas und Schulen perspektivisch als erste öffnen sollen. Diese seien existenziell für Bildungschancen, aber auch Orte des sozialen Miteinanders.

DStGB-Geschäftsführer Landsberg vermisst einheitlichen Plan

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg bewertet die Verlängerung des Lockdowns als „nachvollziehbar“. Auch er verweist auf die weiter hohen Infektionszahlen und fehlende Informationen zu den Mutanten.

Allerdings bedauert Landsberg in einem Statement für die Rheinische Post, dass sich Bund und Länder nicht auf einen einheitlichen Plan verständigen konnten, „was wann wo und wie unter welchen Voraussetzungen gelockert wird“. Gerade darauf würden die Menschen und die Wirtschaft warten. Man brauche keine unterschiedlichen Stufenpläne in den Bundesländern, sondern einheitliche Leitplanken. Das gelte auch für die mögliche Öffnung von Schulen. „Hier wäre eine Orientierung an einem bundeseinheitlichen System, bei welchen Inzidenzwerten welche Schritte folgen, wichtig gewesen“, meint Landsberg. Menschen und Wirtschaft seien zunehmend erschöpft und bräuchten eine Zukunftsperspektive. Als „Hoffnungssignal“ bezeichnet Landsberg das Vorhaben, den Einzelhandel bei einer stabilen Inzidenz von unter 35 unter Auflagen wieder zu öffnen.

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