Auftakt der Hauptversammlung

Städte wollen mehr Beinfreiheit bei Wärmewende

Carl-Friedrich Höck23. Mai 2023
Ein Gebäudetechniker kontrolliert eine Solaranlage: Um die Wärmewende zu gestalten, brauchen die Städte nach eigener Aussage mehr Planungsvorlauf.
Die Städte fordern Anpassungen am Gebäudeenergiegesetz, weniger Bürokratie beim Klimaschutz und mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Geflüchteten. Das erklärten Vertreter des Deutschen Städtetages zum Auftakt der Jahreshauptversammlung.

Alle zwei Jahre tagt die Hauptversammlung des Deutschen Städtetages. 1.300 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet treffen sich ab diesem Dienstag in Köln. Welche Themen sie derzeit ganz besonders umtreiben, verdeutlichten Vertreter des kommunalen Spitzenverbandes vorab auf einer Pressekonferenz.

Städte wollen GEG mit Wärmeplanung verknüpfen

Eines davon ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – es sieht vor, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbarer Energie betrieben werden muss. Am Dienstagvormittag machte die Nachricht die Runde, dass das Gesetz sich verzögert. Der Entwurf wird nicht, wie ursprünglich geplant, in dieser Woche im Bundestag beraten. „Das Gesetz muss an einigen Stellen dringend angepasst werden“, forderte Städtetags-Präsident Markus Lewe. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht, wenn das GEG möglichst zeitgleich mit einem Gesetz kommt, dass die kommunale Wärmeplanung regelt.

„Wir unterstützen ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung, bis 2045 aus dem Heizen mit fossilen Energieträgern wie Öl und Gas auszusteigen“, erklärte Lewe. Die Weichen dafür müssten jetzt gestellt werden. Aber die Energieberatungsstellen vor Ort könnten sich vor Anfragen kaum retten, viele Menschen seien verunsichert. „Es gibt noch zu viele offene Fragen: Könnte ich vielleicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden und wann? Oder steht Geothermie, Biogas oder Wasserstoff für die Wärmeversorgung zur Verfügung?“ Deshalb sei es wichtig, dass Städte die künftige Wärmeversorgung strategisch angehen können. Lewe verglich die Wärmewende mit einem Fahrrad: Wenn man nur die Reifen habe, aber nicht den Rahmen, könne man nicht fahren.

Unrealistische Zwischenziele?

Zugleich forderte Lewe mehr Spielraum für die Kommunen bei der Wärmewende. Die im GEG vorgesehene Pflicht, bereits 2035 einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbaren Energien im Wärmenetz sicherzustellen, sei gar nicht überall realisierbar. Auch die Garantiepflicht für den Anschluss an ein Wärmenetz lasse sich bis 2035 nicht in der Fläche umsetzen. Die Städte benötigten Vorlaufzeit für den Ausbau der Wärmenetze. Es sei klar, „dass wir 2045 klimaneutral sein wollen“. Auf dem Weg dahin solle man den Städten die Beinfreiheit geben, Zwischenziele selbst festzulegen.

Die Städte schlagen außerdem vor, die Fördersystematik für den kommunalen Klimaschutz komplett umzukrempeln. Denn die verschiedenen Förderprogramme für Kommunen seien zu bürokratisch, kritisierte Lewe. Stattdessen, so der Vorschlag des Städtetages, sollen Bund und Länder die Kommunen für mindestens zehn Jahre mit festen Klimaschutz-Budgets ausstatten. „Das gibt uns Planungssicherheit und wäre gleichzeitig ein völlig neues schlankes Fördersystem, mit dem wir vor Ort passgenau und flexibel arbeiten können“, argumentierte der Städtetags-Präsident.

Geflüchtete: Städte wollen mehr Planungssicherheit

Eine bessere finanzielle Unterstützung mahnen die Städte auch beim Thema Geflüchtete an. „Wir stehen zu dem Grundrecht auf Asyl“, betonte Vizepräsident Burkhard Jung. Mittlerweile stünden aber viele Städte mit dem Rücken zur Wand. Messehallen, Turnhallen und Zelte würden mit Geflüchteten belegt, und man bekomme die Standorte nicht frei, weil Wohnungen fehlten.

Auf der Ministerpräsident*innen-Konferenz am 10. Mai hatte der Bund zugesagt, die Kommunen in diesem Jahr mit einer weiteren Milliarde Euro zu unterstützen. Als enttäuschend bezeichnete Jung die Ergebnisse des Treffens. „Wir brauchen ein dauerhaftes, atmendes System der Finanzierung, das sich steigenden Flüchtlingszahlen anpasst.“ Die Städte bräuchten Planungssicherheit für den Bau von Unterkünften, für das Vorhalten von Reservekapazitäten, für Sprachkurse, Kita- und Schulplätze. „Dafür müssen Bund und Länder einen erheblichen Teil beisteuern“, so Jung.

Er forderte zudem weitere Gesetzesanpassungen, um die Eingliederung der Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Deutschland sei zu schwerfällig und zu bürokratisch. Immer noch würden Gesetze angewendet, die schon vor 2015 kaum ausgereicht hätten, um Menschen in Arbeit zu bringen. „Die Sprachvermittlung, die Sprachkurse, das Sprachniveau, der B1-Kurs, der notwendig ist: All das sind Dinge, die der pragmatischen Orientierung vor Ort widersprechen“, sagte Jung.

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