Kommunen gegen rechts

Steinmeier: „Wir bleiben nicht still“

Karin BillanitschHenning Witzel13. März 2020
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält vor Kommunalpolitikern eine Ansprache in Zwickau.
Die Bedrohung von Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten durch Hass und Hetze wächst. Bundespräsident Steinmeier empfängt gemeinsam mit Zwickaus OB Findeiß rund 150 Kommunalpolitiker.

Hass und Hetze im Internet, aber auch Bedrohungen im täglichen Umgang haben ein Ausmaß angenommen, das viele betoffene Menschen verunsichert, darunter auch Kommunalpolitiker. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich des Themas angenommen und will Betroffene vernetzen: „Gemeinsam gegen Hass und Gewalt – Kommunalpolitiker nicht allein lassen!" heißt die Veranstaltung, zu der das Staatsoberhaupt gemeinsam mit der Oberbürgermeisterin von Zwickau, Pia Findeiß, zu einer Diskussionsveranstaltung ins Zwickauer Rathaus eingeladen hat.

Findeiß: „Das Klima ist rauer geworden“

Pia Findeiß, die jahrelang von Rechtsextremen bedroht und schikaniert wurde, hatte im Januar verkündet, dass sie zum 31. Juli zurücktreten wird. Allerdings, wie sie betont, nicht wegen der Bedrohungen. Sie habe immer die Haltung gehabt: Wer sich für das Oberbürgermeistermandat bewirbt, der muss sich darüber im Klaren sein, dass er auch Gegner hat. Die 64-jährige Stadtchefin räumt vor rund 150 Kommunalpolitikern ein: „Das Klima ist rauer geworden.“

Die zahlreichen Besucher, unter ihnen auch SPD-Vorsitzender in Sachsen, Martin Dulig, folgen der Ansprache des Bundespräsidenten aufmerksam, als er betont, dass all die Menschen gebraucht würden, die bereit sind, Verantwortung vor Ort zu tragen. Kommunalpolitiker seien das Fundament, auf dem das Gebäude der Demokratie ruht.

„Wir bleiben nicht still. Wir stellen uns gemeinsam gegen den rechten Hass“, lautet der Aufruf von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in an die schweigende Mehrheit. Denn: „Die Grenzen zwischen dem Unsagbaren und den Unsäglichen verschieben sich immer mehr.“

In der letzten Zeit hätten die Übergriffe ein Ausmaß und eine Häufigkeit erreicht, die für den Bundespräsidenten nur eine Schlussfolgerung zulassen: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Kommunalpolitikerinnen und -politiker in unserem Land zu Fußabtretern der Frustrierten werden." Die Demokratie müsse sich wehren können gegen ihre Feinde, und sie müsse Wehrhaftigkeit zeigen. Niemand dürfe mehr sagen, dass es ihn selbst nicht betreffe, und niemand dürfe mehr schweigen, so der Bundespräsident.

DStGB-Beigeordneter Lübking: „Brauchen wehrhaften Rechtsstaat“

Der Beigeordnete Uwe Lübking, der den Deutschen Städte- und Gemeindebund bei der Veranstaltung vertreten hat, betonte in seinem Statement: „Um gegen Bedrohungen, Beleidigungen und Gewalt entschlossen vorzugehen brauchen wir einen wehrhaften Rechtsstaat, der die bestehenden strafrechtlichen Vorschriften konsequent umsetzt.“

Das von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) eingebrachte Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität lobte Lübking als einen „richtigen und wichtigen Schritt“. Aber auch die Prävention müsse gestärkt werden. „Dies beginnt mit der Stärkung der politischen Bildung in den Schulen, der Jugendarbeit bis zu Demokratiewerkstätten vor Ort“, führte Lübking weiter aus.

Einen weiteren Punkt sprach Lübking an: Letztlich seien aber auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort aufgerufen, sich hinter ihre Amts- und Mandatsträger zu stellen und sie vor den Anfeindungen zu schützen.

Das geplante Gesetz wurde am Donnerstag im Bundestag beraten.

Viele Wortmeldungen

Kommunalpolitiker, Präventionsexperten und Vertreter der Zivilgesellschaft diskutieren miteinander, wie Engagierte in der Kommunalpolitik besser unterstützt werden können und welche konkreten Angebote es bei Behörden, Vereinen und spezialisierten Anlaufstellen dafür gibt, teile der DStGB mit.

Michael Salomon, Bürgermeister in Haßmersheim (SPD) forderte etwa eine grundsätzliche Aufgabenkritik der staatlichen Ebenen ein um die kommunale Handlungsfähigkeit wieder herzustellen. Salomon war mit einer Delegation junger Bürgermeister angereist. Allgemein wurden in der Diskussion die zunehmende Respektlosigkeit und der Werteverfall im Umgang miteinander verurteilt und diskutiert, was man gegen Hass und Hetze unternehmen kann und unternehmen muss.

Volker Weber (SPD), Bürgermeister im saarländischen Marpingen und stellvertretende SGK-Landesvorsitzende, freute sich am Rande der Veranstaltung: „Der Bundespräsident stärkt uns Kommunen den Rücken – das ist wichtig. Wir brauchen aber die aktive Unterstützung der oft schweigenden Mehrheit.“

Das Thema Bedrohung von Kommunalpolitiern ist auch der SPD ein wichtiges Anliegen. Deswegen hat Lars Klingbeil einen runden Tisch initiiert, um zu beraten, wie mit dem Bedrohungen umzugehen ist. Geplant ist, eine Anlaufstelle einzurichten und einen Leitfaden zu erarbeiten.