Wichtige Einnahmequelle

Streit um die Grundsteuer: Darum geht es

Carl-Friedrich Höck14. Januar 2019
Bundesfinanzminister Olaf Scholz
Streit um die Grundsteuer-Reform: Bundesfinanzminister Olaf Scholz präferiert ein wertabhängiges Modell (Archivbild).
Bundesfinanzminister Scholz trifft sich heute mit Ländervertretern, um über die Reform der Grundsteuer zu sprechen. Union und SPD sind bei dem Thema uneins, die Kommunen bangen um ihre wichtige Einnahmequelle. Die DEMO erklärt, worum es in der Debatte geht.

Rund 14 Milliarden Euro bringt die Grundsteuer den Kommunen jährlich ein. Doch die wichtige Geldquelle droht bald zu versiegen. Denn in der gegenwärtigen Form ist die Grundsteuer verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und eine Frist bis Ende 2019 gesetzt, um sie zu reformieren. Umgesetzt werden muss die neue Regelung spätestens ab Ende 2024. Auf dem Weg dahin will Bundesfinanzminister Olaf Scholz an diesem Montag ein Stück weiterkommen: Er trifft sich am Nachmittag mit den Finanzministern der Länder, um über die Zukunft der Grundsteuer zu sprechen.

Steuer soll aufkommensneutral reformiert werden

Die Zeit drängt. Bis Ostern müsse ein Gesetzentwurf auf dem Tisch liegen, mit dem die Koalitionspartner im Bund sowie die Länder einverstanden sind, meint der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy.

Bundesfinanzminister Scholz hat am 29. November des vergangenen Jahres zwei Modelle zur Diskussion gestellt, wie die Steuer reformiert werden könnte. Ziel ist eine aufkommensneutrale Regelung – die Steuer soll also nicht mehr und nicht weniger Geld erbringen als bisher. Auch soll die Steuer künftig weniger bürokratisch berechnet werden können. Und den Kommunen soll das Recht erhalten bleiben, selbständig über den Hebesatz zu bestimmen und somit die Höhe ihrer Steuereinnahmen zu beeinflussen.

Zwei Modelle stehen zur Debatte

Das erste Modell ist ein wertunabhängiges. Damit würde nur die Fläche der Grundstücke und der darauf befindlichen Gebäude in die Berechnungsgrundlage einfließen. Der tatsächliche Wert der Grundstücke bliebe unberücksichtigt – es würde also keinen Unterschied mehr machen, ob es sich um ein Einfamilienhaus auf dem Land handelt oder um eine Villa auf einem innerstädtischen Filetgrundstück. Allerdings würden besondere Faktoren angewendet, die nach der Art der Gebäudenutzung unterscheiden. Wohngebäude würden somit niedriger besteuert als Geschäftsgebäude.

Das zweite Modell ist ein wertabhängiges: Zunächst würde für jedes Grundstück ermittelt werden, wieviel der Grund und die Gebäude darauf wert sind. Der Grundstückswert unbebauter Flächen würde anhand des ortsbezogenen Bodenrichtwertes berechnet. Bebaute Grundstücke würden nach einem sogenannten Ertragswertverfahren bewertet. „Der Ertragswert wird im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt, unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwertes“, schreibt das Bundesfinanzministerium auf seiner Homepage. Für selbstgenutzte Wohnimmobilien würde eine fiktive Miete herangezogen, die sich – gestaffelt – an dem regionalen Mietenniveau orientiert. Wo das Ertragswertverfahren nicht anwendbar ist, etwa bei Geschäftsgrundstücken, will das Bundesfinanzministerium unter anderem die Herstellungskosten des Gebäudes als Ausgangsbasis nehmen.

Wie bisher auch, soll der so ermittelte Grundstückswert mit einer Steuermesszahl multipliziert werden. Auf den so ermittelten Betrag kann die jeweilige Gemeinde dann ihren Hebesatz anwenden.

CDU/CSU stellt sich gegen Scholz

Finanzminister Scholz hat sich klar für das wertabhängige Modell ausgesprochen. Es sei sozial gerechter und entspreche eher der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes, die Grundstücke im Verhältnis untereinander realitätsgerecht zu besteuern. Der Verwaltungsaufwand sei beherrschbar, meint das Bundesfinanzministerium.

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat jedoch Widerstand gegen das wertabhängige Modell angekündigt. „Die tatsächlich gezahlte Miete ist keine geeignete Grundlage für die Besteuerung“, ließ sich Fraktionsvize Andreas Jung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitieren. Neubau dürfe nicht stärker besteuert werden als Altbau. Andernfalls würde auch das Ziel, neuen Wohnraum zu schaffen, konterkariert. Das wertunabhängige Flächenmodell hält Jung für „einfacher, gerechter und transparenter“.

SPD warnt vor ideologischen Kämpfen

Die SPD-Bundestagsfraktion sieht das anders. Der kommunalpolitische Sprecher der Fraktion Bernhard Daldrup nennt die Einwände der Unionsfraktion einen „aufgeblasenen Protest“. Für den einzelnen Mieter sei die Grundsteuer ohnehin vertretbar. So koste sie für eine 60-Quadratmeter-Wohnung in Berlin rund 11 Euro im Monat. Es sei jedoch ungerecht, ein Einfamilienhaus am Stadtrand mit dem Luxusappartement im Zentrum gleichzusetzen. Wenn die Kaltmieten berücksichtigt würden, wirke sogar preisdämpfend, so Daldrup. Denn in begehrten Lagen stiegen die Immobilienpreise – und damit die Bodenrichtwerte – oft schneller als die Mieten der langjährigen Bewohner.

SPD-Fraktionsvize Achim Post betonte am Montag noch einmal, die Vorschläge von Olaf Scholz seien ausgewogen und vernünftig und eine gute Basis für die weitere Debatte. „Die Grundsteuer ist denkbar schlecht dafür geeignet, um auf ihrem Rücken ideologische Auseinandersetzungen auszufechten“, mahnt Post.

Städte und Landkreise unterstützen Scholz

Nach dem Deutschen Städtetag hat sich auch der Deutsche Landkreistag hinter ein wertabhängiges Modell gestellt, wie es Olaf Scholz präferiert. „Alles andere wäre unehrlich“, sagte Präsident Reinhard Sager am 9. Januar, „denn natürlich haben sich Immobilien in Berlin-Mitte wertmäßig ganz anders entwickelt als beispielsweise in der Lausitz.“ Das Bundesfinanzministerium habe dem Landkreistag erste Modellrechnungen überlassen. „Danach müssten zur Herstellung der Aufkommensneutralität die größeren Städte die Hebesätze nach unten sowie die kleineren Städte und Gemeinden nach oben anpassen. Das wäre dann eine von Kommune zu Kommune zu treffende Entscheidung, die lokal verantwortet werden würde.“

Doch nachdem die Union grundsätzliche Einwände formuliert hat, erscheint der Weg zur Grundsteuer-Reform weiter steinig. Scholz muss nicht nur im Bundesrat eine Mehrheit für sein Modell gewinnen – das Treffen an diesem Montag gibt ihm Gelegenheit, für seine Vorschläge zu werben. Er muss auch mit dem Koalitionspartner im Bund einen Kompromiss finden, den alle mittragen können. Wie das funktionieren soll, ist bisher offen.

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