Sondernutzung

Streit um türkische Wahlplakate in Nürnberg

Carl-Friedrich Höck04. Mai 2023
Der türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan: Wahlplakate für seine Partei AKP in Nürnberg sorgen für Kontroversen.
Der türkische Wahlkampf wird auch in deutschen Kommunen geführt. Die Stadt Nürnberg erlaubte 25 AKP-Wahlplakate. Nun sieht sie sich heftiger Kritik ausgesetzt.

Fast 1,5 Millionen türkische Staatsbürger*innen leben in Deutschland. Wenn in der Türkei am 14. Mai das Parlament und der Präsident neu gewählt werden, wird es auch auf ihre Stimmen ankommen. Doch wie weit darf der türkische Wahlkampf hierzulande gehen? Darüber wird aktuell nicht nur in Nürnberg gestritten.

Nürnberger Alleingang

In der fränkischen Großstadt hängt seit knapp zwei Wochen Wahlwerbung der AKP – der Partei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Die Stadt hat ihr erlaubt, 25 Plakate aufzuhängen. Grundlage für diese Sondernutzung ist laut Stadtverwaltung das Bayerische Straßen- und Wegegesetz. Neben der AKP hat auch die Yeşil Sol Parti (die grün-linke Liste) Wahlplakate aufgehängt, wie Medien berichten.

Mit ihrer Entscheidung steht die Stadt allerdings allein auf weiter Flur: In anderen bayerischen Kommunen wie München oder Augsburg gibt es solche Genehmigungen nicht. Nun sieht sich die Stadt Nürnberg parteiübergreifend Kritik ausgesetzt. Zum Beispiel vom ehemaligen Grünen-Politiker Volker Beck, der in der BILD-Zeitung erklärte: „Türkische Parteien genießen in Deutschland nicht das Parteienprivileg.“

Stadtratsfraktionen lehnen türkische Wahlwerbung ab

Auch die SPD-Stadtratsfraktion lehnt die Wahlwerbung in Nürnberg ab. In einem Antrag fordert die Fraktion die Stadt dazu auf, die Satzung zum öffentlichen Plakatieren anzupassen und sicherzustellen, „dass Wahlwerbung für den Wahlkampf im Ausland nicht mehr möglich ist“. Dafür sollen die Regelungen anderer Städte als Grundlage dienen.

„Die Übertragung der ausländischen Wahlkämpfe auf die deutschen Straßen erachten wir als kritisch“, sagt die sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Christine Kayser im Gespräch mit der DEMO. Wenn man das zulasse, könnten bald auch andere Kampagnen das Nürnberger Stadtbild prägen, etwa mit Putins Konterfei zur russischen Präsidentschaftswahl.

Auch die CSU-Fraktion will die Sondernutzungssatzung ändern, stellt sich aber zugleich hinter ihren Oberbürgermeister Marcus König. Nach der bisherigen Genehmigungspraxis für solche Sondernutzungen wie Plakatierungen im öffentlichen Raum hätten die Wahlplakate gar nicht verhindert werden können, behauptet der Fraktionsvorsitzende Andreas Krieglstein. Weder störten sie den Verkehrsfluss noch beinhalteten sie Strafbares. „Aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes können solche Aktionen also nicht unterbunden werden.“

Wieviel Spielraum hatte die Stadt?

Die SPD bezweifelt das. „In diesem Fall sind nicht alle Instrumente ausgenutzt worden, die ein Oberbürgermeister zur Verfügung hat“, ist Fraktionschefin Kayser überzeugt. Die Stadt müsse nicht alles genehmigen, nur weil es nicht ausdrücklich verboten sei. Und im Zweifel, meint Kayser, hätte es die Verwaltung auch auf einen Rechtsstreit ankommen lassen können. In vergleichbaren Fällen sei das in der Vergangenheit auch so gehandhabt worden – etwa bei der Frage, ob die Kommune der AfD Räumlichkeiten für Veranstaltungen überlassen muss.

Die grüne Fraktion reagiert auf die Wahlplakate ebenfalls mit einem Antrag, in dem sie detailliert Aufklärung darüber fordert, wie es zu der Genehmigung gekommen ist. Die „freiheitlich-demokratischen Werte, die wir in unserer Gesellschaft pflegen, werden von Erdoğan und der AKP-Regierung in der Türkei mit Füßen getreten“, erklärt die Fraktion.

Schon jetzt ist klar, dass es nicht zu einer Wiederholung kommen wird. Die Stadt hat auf die bundesweite Kritik reagiert. Wie die Mehrheit im Stadtrat will auch die Referentenrunde die Sondernutzungssatzung ändern und ausländische Wahlwerbung künftig untersagen. Und die bereits erteilte Genehmigung läuft an diesem Freitag aus.

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