Neue Studie im Auftrag des BUND

Warum Streuobstwiesen eine Chance für mehr Naturschutz in der Stadt sind

Karin Billanitsch10. Oktober 2018
Eine Streuobstwiese in er Nähe von Berlin. Schafe sorgen für die Mahd der Wiese.
Eine neue Studie untersucht die Streuobstwiesen im Land Berlin. Man findet sie in allen Bezirken, ausgenommen in Mitte. Die Studie nimmt auch den Pflegezustand ins Visier – und kritisiert erhebliche Pflegemängel in 20 Prozent des Bestandes.

Man findet sie auf öffentlichen Grünflächen in der Stadt, in Parks ebenso wie in grünen Wohngebieten sowie in städtischen Randlagen und sogar in schwer zugänglichen Waldgebieten: Streuobstwiesen in der Hauptstadt Berlin. Eine aktuelle Übersicht hat Auto Eckart Klaffke im Auftrag des BUND erstellt. Insgesamt 87 Streuobstwiesen auf fast 58 Hektar gibt es in der Hauptstadt. Die in den unterschiedlichen Stadtlandschaften angelegten Streuobstwiesen können grundsätzlich einen Beitrag zu Steigerung der biologischen Vielfalt leisten, ist ein Ergebnis der Studie. Es gibt sie ferner in allen Berliner Bezirken – außer in Mitte.

Kleiner Beitrag zur „Essbaren Stadt“

Streuobstwiesen haben in städtisch geprägtem Umfeld ihren Wert, ist der Autore der Studie überzeugt: Sie tragen zum Arten- und Biotopschutz bei, zur Erholung, werten das Landschaftsbild auf und können Orte der Umweltbildung sein. Seit einiger Zeit gibt es in vielen Kommunen, nicht nur in Berlin, die Idee von der „Essbaren Stadt“. Dazu könnte Berlin mit den Streuobstwiesen einen Beitrag leisten. Allerdings sind viele der rund 2.500 öffentlich zugänglichen Bäume zu jung, um eine Ernte zu liefern, die nennenswert hoch wäre.

Bisher fehlte eine Untersuchung über die Zahl, die Fläche, den Zustand und die Lage von Streuobstwiesen im Land Berlin. Erfasst und genauer betrachtet wurden in der aktuellen Studie nur Flächen von mindestens 1.000 Quadratmetern. In Lichtenberg, Pankow, Spandau und Treptow-Köpenick gibt es die größten Flächen. Zwei Drittel der Wiesen sind noch jung und nach 1990 angelegt worden. Die Tendenz ist steigend. Aus Sicht des Naturschutzes ist das Alter wichtig, weil „Obstbäume erst mit zunehmendem Alter Höhlen, Strukturen und Totholz aufweisen und erst dann zahlreiche Nist- und Quartiersmöglichkeiten für Vögel und Insekten entstehen“, so die Studie.

Öffentliche Grünflächen an der Spitze

Die meisten Streuobstwiesen befinden sich auf öffentlichen Grünflächen, außerdem auf Landwirtschafts- und Naturschutzflächen. Dabei fällt Folgendes auf: In der Hälfte aller Berliner Bezirke machen die Streuobstwiesen auf öffentlichen Grünflächen den größten Anteil aus. In Berlin sind damit insgesamt über 43 Prozent der Streuobstwiesenflächen auf öffentlichen Grünflächen – die Hauptverantwortung dafür liegt somit bei den Grünflächenämtern und Grün Berlin. Beispiele dafür sind der Kienbergpark und der Britzer Garten.

Fast 60 Hektar scheint auf den ersten Blick viel zu sein, aber gemessen an der gesamten Berliner Vegetationsfläche haben sie einen „verschwindend kleinen Anteil“ von 0,7 Prozent, stellt der Autor Eckhard Klaffke fest. Es stelle sich daher die Frage, „wo weitere Flächen dieser Art angelegt werden könnten, um einen größeren Beitrag zur biologischen Vielfalt zu leisten. Die Studie betont, auch, wie wichtig eine gute Pflege ist, damit die Bäume ein höheres Alter erreichen können. Im Rahmen der Studie hat Klaffke „Steckbriefe“ der einzelnen Flächen in Berlin erstellt.

Probleme bei der Pflege

Bei der Pflege liegt allerdings einiges im Argen: Mehr als 20 Prozent des Bestandes sind laut Studie erheblich vernachlässigt, und die Vitalität der Bäume ist dadurch beeinträchtigt. Baldige Baumpflege erfordert fast 40 Prozent des Bestandes, da er leicht vernachlässigt ist; in gutem Zustand befinden sich lediglich 15 Prozent der Obstbäume. Der Rest ist so geschädigt, dass nur ein Ersatz in Frage kommt, oder es hat keine Bewertung stattgefunden, weil die Bäume aus Gründen des Naturschutzes und der Landespflege gar nicht gepflegt werden. Hier gebe es „dringenden Verbesserungsbedarf“.

Die Studie nennt auch viele Kriterien, die Kommunen einhalten sollten, wenn sie flächige Obstanlagen anlegen wollen, von allgemeinen Ausführungen zur Wahl eines Standorts über Apfelsorten, Pflanzabstand und Pflegemaßnahmen. Auf der Webseite www.streuobstapfel.de kann man eine regional passende Auswahl finden. Einige Versäumnisse bei der Pflege in Berlin sind ebenfalls dokumentiert worden, sei es falscher oder fehlender Schnitt, mangelnde Kontrolle von Stamm und Baumscheibe, nicht ausreichende Mahd der Wiese oder fehlender Schutz vor Schäden durch Tiere.

Instrumente der Verwaltung

Schließlich zählt Autor Klaffke Instrumente auf, die der Verwaltung zur Verfügung stehen: etwa Weiterbildung des Personals oder Pflege durch gelernte Obstbaumpfleger mit Honorarverträgen. Auf Bezirksebene können Schulungen stattfinden, der Maschinenpark angepasst werden und differenzierte Pflegekonzepte erstellt werden.

Die detaillierten Ergebnisse finden sich hier:

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