Bundestagswahlkampf 2021

Strittige Wahlplakate: Stadt Zwickau legt Beschwerde ein

Karin Billanitsch16. September 2021
Der Hauptmarkt in Zwickau. Die Oberbürgermeisterin von Zwickau geht gegen Wahlkampf-Plakate einer rechtsextremen Partei vor.
Das „Hängt-die-Grünen“-Plakat einer rechtsextremen Partei löst einhellige Empörung aus. Nach einer Verwaltungsgerichtsentscheidung dürfen die Plakate unter Auflagen hängen bleiben. Heute legt die Stadt Zwickau dagegen Beschwerde ein. Nun muss das Oberverwaltungsgericht Bautzen entscheiden.

„Hängt die Grünen“ – hat die rechtsextreme Partei „Der dritte Weg“ plakatiert und damit bundesweit Empörung ausgelöst. In Zwickau wollte die Stadt gegen diese Plakate vorgehen. Auf juristischem Weg hat sich die Partei gewehrt – daraufhin hat das Verwaltungsgericht Chemnitz eine schwer nachvollziehbare und umstrittene Entscheidung getroffen: Die Wahlplakate dürfen hängen bleiben –  müssen jedoch in einem Abstand von mindestens 100 Metern zu Wahlwerbung von Bündnis 90 / die Grünen aufgehängt werden. (Beschl. v. 13.09.2021, Az. 7 L 393/21

Die Stadt hatte zuvor verfügt, dass die Plakate binnen drei Tagen abgenommen werden müssten. Die Verwaltung hatte der Partei angedroht, die Plakate sonst selbst zu entfernen, mit der Begründung, dass der Slogan einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die Menschenwürde darstelle.

Arndt: „Indiskutabel, undemokratisch und unverantwortlich!“

Zwickau  hält diese Entscheidung für falsch, teilte Stadtsprecher Mathias Merz aus Anfrage der DEMO mit: „Wir wollen heute (Donnerstag, die Red.) Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bautzen einlegen, um eine Entfernung der Plakate aus dem öffentlichen Raum zu erreichen.“ Eine andere Handhabe bleibt der Stadt derzeit nicht, so Merz. „Aufgrund des schwebenden Verfahrens haben wir derzeit  keine Möglichkeit, die betreffenden Plakate generell zu entfernen.“

Oberbürgermeisterin Constance Arndt hatte nach der Entscheidung betont: „Inhaltlich macht es für uns keinen Unterschied, ob die Plakate hier oder 100 Meter weiter hängen. Die Aufforderung, die Grünen zu hängen, ist und bleibt vollkommen indiskutabel, undemokratisch und unverantwortlich!“

Klare Reaktion des Städtetags: „Blanke Hetze“

„Die Städte sind entsetzt über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Chemnitz zu einem Wahlplakat der III. Weg“, zeigte sich der Spitzenverband solidarisch mit der Stadtverwaltung Zwickau. Der Präsident des Deutschen Städtetags, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, sagte: „Wir wissen, dass aus Worten Taten folgen. Und das nicht erst seit dem Mord an Dr. Walter Lübcke. Dieses Wahlplakat ist blanke Hetze. Deshalb könne er nicht verstehen, dass der Slogan nicht verboten werde.

In seinen Augen sei das nicht Ausdruck von Meinungsfreiheit – sondern ein Mordaufruf. Dies „darf im öffentlichen Raum nicht geduldet werden“, mahnte Jung. Das Plakat sei kein Wahlkampf, „sondern Hass. Das verstößt krass gegen die politischen Grundregeln in unserer Demokratie.“

Streit um das „Kleingedruckte“

In kleineren Buchstaben steht unter der Überschrift „Hängt die Grünen“ noch geschrieben: „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt.“ Die Farbe der Partei ist grün – Es sollen also keine Menschen aufgehängt werden, sondern Plakate des III. Wegs, lautet die empörende Behauptung.

Das Verwaltungsgericht Chemnitz sah darin wohl insgesamt letztenendes zulässigen Wahlkampf. Das liest sich in der Mitteilung des Gerichts so: „Ausgehend von den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen für Wahlwerbung – (sei) derzeit offen, ob die strengen Voraussetzungen für einen solchen Eingriff in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit vorliegen.

Die Grünen in Zwickau haben eine Antwort gefunden, worauf ein Twitter-User hinweist:

Zu diesem Streit und der Eskalation in der Öffentlichkeit hätte es gar nicht kommen müssen: Die Staatsanwaltschaft Zwickau hatte zuvor die Einleitungen von Ermittlungen mangels Anfangsverdachts abgelehnt. Anders in Bayern: Hier müssen die Plakate auf Anweisung des obersten Polizeichefs abgenommen werden, wie der Bayrische Rundfunk berichtet. Zuvor war laut Innenministerium eine juristische Prüfung vorgenommen worden. Einsätze gab es unter anderem in München, Roding, Cham und Neumarkt, insgesamt fast 20 Plakate. Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft werde in jedem Einzelfall unverzüglich eingebunden, hieß es.

In Sachsen beschäftigt der Fall aber nun weiter die Ermittlungsbehörden: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ­ als übergeordnete Behörde – hat die Staatsanwaltschaft Zwickau angewiesen, die Ermittlungen aufzunehmen.

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