Caritas-Projekt

Stromsparcheck: Die Energiewende für alle

Johanna Schmeller07. Juni 2018
Von schaltbaren Steckdosenleisten bis zum Einsatz von Energiesparlampen gibt es viele Möglichkeiten im Haushalt Strom – und damit bares Geld – zu sparen.
Beim Stromspar-Check finden Langzeit-Arbeitslose eine neue Beschäftigung: Sie beraten einkommensschwache Familien in Energieeffizienz.

Wenn die Energiewende gelingen soll, muss Klimaschutz ein gesellschaftliches Querschnittsthema werden. Darüber sind sich Entscheidungsträger weltweit einig. Das Problem bleibt vielfach die Umsetzung.

„Wenn Sie heute auf der Straße jemanden fragen, ob er für Klimaschutz ist – dann antworten alle: Natürlich!“, sagt Klaus Töpfer, ehemaliger Chef des UN-Umweltprogrammes UNEP und Gründer des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. „Aber wenn Sie fragen, wie dies umgesetzt werden soll, im jeweiligen Gebäude und mit möglichen Konsequenzen für die Mietzahlungen, dann wird das schon enger.“

Seit zehn Jahren zeigt ein Intergrationsprojekt der Caritas, wie Klimaschutz in die Breite der Gesellschaft getragen werden und gelingen kann: Speziell geschulte Stromberater, die zuvor lange ohne Job waren, überprüfen den Stromverbrauch von einkommensschwachen Familien. Wird das Radio angelassen, oder läuft der Fernseher den ganzen Tag? Muss der alte Kühlschrank ausgetauscht werden? Tut es irgendwo vielleicht auch schon ein Mehrfachstecker?

Klimakomponente beim Wohngeld

Bei einem zweiten Besuch erhalten die Haushalte dann kostenlose Soforthilfen wie Energiespar- und LED-Lampen, schaltbare Steckdosenleisten, TV-Standby-Abschalter, Zeitschaltuhren und Strahlregler für Wasserhähne, die auch gleich montiert werden. Ein individuell erstellter Stromspar-Fahrplan hilft, den Stromverbrauch mit einfachen Mitteln danach noch weiter zu reduzieren. Schon 700.000 Menschen wurden durch Stromsparhelfer in ihren Wohnungen erreicht. „Ein Programm mit Potential“ urteilt Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, das „Umwelt- und Klimaschutz mit einer sozialpolitischen Relevanz“ verbinde. Gerade einkommensschwächere Familien lebten oft nicht in energiesanierten Gebäuden – und umso wichtiger ist das Energiesparen: „Günstige Wohnräume sind – vorsichtig beschrieben – energetisch oft nicht besonders ertüchtigt. Manchmal pfeift der Wind durchs Fenster.“

Akteure des Stromspar-Checks

Die Pläne der Bundesregierung reichen deshalb noch über das Programm hinaus: „Wir möchten gerade sozial benachteiligten Gruppen Zugang zu energetisch saniertem Wohnraum ermöglichen“, so Schwarzelühr-Sutter. Im Koalitionsvertrag sei vorgesehen, dass bald eine Klimakomponente im Wohngeld zu prüfen sei. Und: „Wir wollen auch die Modernisierungskomponente absenken.“ Darum habe es in der vergangenen Legislaturperiode viele Diskussionen gegeben.

„Klimaschutz ist kein Elitenprojekt“

Heute ist Klimaschutz ein zentrales Anliegen dieser Bundesregierung. „Wir wollen nicht, dass Klimaschutz ein Eliteprojekt ist. Jeder soll am Klimaschutz teilhaben – und auch davon profitieren.“

Die technologischen Möglichkeiten seien vielfach bereits vorhanden, führt auch Klaus Töpfer aus. Der ehemalige Bundesumweltminister formuliert in Berlin einen Appell an seine Nachfolger: Deutschland neige bisweilen dazu, gute Ideen zunächst wohlwollend zu ignorieren oder lächerlich zu machen. Über diese Stadien sei man beim Klimaschutz zwar hinaus. Und doch: „Manchmal stehst Du daneben und fragst Dich: Wie ist denn eigentlich die Realität unserer Welt? Ist das die Realität, die wir in Deutschland haben, mit weiß Gott großen sozialen Spannungen und Unterschieden – oder müssen wir nicht noch ein Stückchen weiterdenken in einer Zeit, in der wir uns immer wieder konfrontiert sehen mit der Tatsache, dass die Welt über Unterschiede informiert ist und anders reagiert, als wir meinen?“

Klimadiplomatie mit Augenmaß

Töpfer erinnert an die erste Klimakonferenz des UN-Umweltprogrammes UNEP, dessen Leiter er acht Jahre lang war, im Jahr 1972.

„Wir (die Industrieländer, Anm. d. Red.) sind gekommen mit der Botschaft, was sie (die Schwellenländer, Anm. d. Red.) alles nicht dürfen: Kohle, große Wasserkraftwerke, Kernenergie. Sie waren mit allem einverstanden“, betont Töpfer. „Nur haben sie uns dann gefragt: Was denn? Was denn dann? Und das war der entscheidende Punkt.

Wir können ein bisschen stolz sein, als wir sagen konnten: Es gibt eine andere Energiequelle, und es ist eine wirtschaftliche – also eine, die nicht mit einer Zusatzbelastung gegenüber den Quellen, die sie nicht nutzen sollen, verbunden ist.“

Erneuerbare Energien als Alternative anbieten zu können, sei eine „zutiefst notwendige und ethisch erforderliche Aktivität. Jemandem nur zu sagen, was er nicht darf, während Du selbst von dem, was er nicht darf, reich geworden bist, ist keine Grundlage für Zusammenarbeit in friedlicher Weise in dieser Welt.“

Die Caritas habe immer über solche Grenzen hinausgedacht – und der Stromspar-Check ist dafür nur ein Beispiel.

 

Weitere Informationen: https://www.stromspar-check.de/stromspar-check/im-ueberblick.html