Interview mit der Umweltministerin

Svenja Schulze: „Wir dürfen die Kommunen nicht im Stich lassen”

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD)
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD)
Um die Stadtluft sauber zu bekommen muss der Bund die Kommunen über viele Jahre unterstützen. Eine Milliarde Euro für Maßnahmen für bessere Luft werden nicht reichen. Das sagt die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze im DEMO-Interview. Fahrverbote will sie weiterhin vermeiden und das Sofortprogramm Saubere Luft weiterentwickeln. Auch zum umstrittenenen Thema Blaue Plakette äußert sich Schulze.

DEMO: Es droht immer noch eine Klage der EU-Kommission gegen Deutschland. Das neue Diesel-Urteil setzt Kommunen unter Druck. Ist das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden, noch realistisch?

Svenja Schulze: Das werden am Ende die Kommunen und die Länder entscheiden. Jedenfalls fände ich es falsch, wenn wir das weiterhin den Gerichten überlassen. Das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden, ist auf jeden Fall richtig. Es muss unser Anspruch sein, wo immer möglich die Stadtluft mit intelligenteren und innovativeren Lösungen sauber zu bekommen. Wenn wir am Ende sauberere Autos, einen besseren öffentlichen Nahverkehr und mehr Radwege haben, haben alle etwas davon.

Eine Milliarde Euro für Maßnahmen für bessere Luft in Kommunen steht bereit – doch das reicht aus Sicht vieler Kommunaler nicht aus. Wie soll das „Sofortprogramm Saubere Luft“ jetzt weiterentwickelt werden?

Bei der einen Milliarde wird es nicht bleiben, dafür ist die Aufgabe zu groß. Wir werden den Kommunen über viele Jahre helfen müssen, so steht es auch im Koalitionsvertrag. Die Details des Sofortprogramms sind auch nicht in Stein gemeißelt. Wenn wir effizienter oder besser fördern können oder neue Lösungen am Markt entstehen, dann entwickeln wir das Programm eben schnell weiter.

Das Umweltbundesamt schlägt eine zweistufige Blaue Plakette vor, das Verkehrsministerium lehnt eine Plakette ab. Wie steht die Umweltministerin dazu?

Das muss ich mir erst noch genau ansehen. Natürlich dürfen wir die Kommunen beim Vollzug nicht im Stich lassen – und von dort ist das Drängen zu einer Kennzeichnung sehr groß. Was ich aber auch vermeiden möchte ist, dass bei den alternativen Lösungen der Druck aus dem Kessel entweicht und alle nur noch über Plaketten reden.

Wie kann die Autoindustrie stärker in die Pflicht genommen werden?

Die ganze Bundesregierung ist da gefordert. Kanzlerin, Wirtschafts- und Verkehrsminister können sich da nicht zurücklehnen. Aber eigentlich müsste die Industrie ein eigenes Interesse daran haben, ihren Ruf wieder aufzupolieren, indem sie sich aktiv an der Lösung des Problems beteiligt.