Bremen

Ukraine-Netzwerk: Wie Zivilgesellschaft und Kommune helfen

Ulf Buschmann13. Januar 2023
Das Bremer Rathaus mit der Ukraine-Flagge.
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist das Bremer Rathaus blau-gelb geflaggt.
Zu Beginn des Krieges in der Ukraine hat sich in Bremen ein Netzwerk aus Zivilgesellschaft und Kommune gebildet. Anfangs stand der Informationsaustausch im Vordergrund. Inzwischen gibt es gemeinsame Projekte.

Es ging alles ziemlich schnell. Kaum zwei Wochen nach dem Einfall Russlands in die Ukraine hat sich in Bremen Hilfe organisiert – Vertreter*innen der Stadtgemeinde, von Vereinen und Verbänden und interessierte Einzelpersonen trafen sich im Haus der Bürgerschaft. Am Ende stand das Bremer Ukraine-Netzwerk. Die Initiatorinnen dahinter sind Helga Trüpel und Libuse Cerna. Trüpel ist Vorsitzende der Europa-Union Bremen, frühere Europa-Abgeordnete der Grünen und frühere Senatorin. Cerna ist Journalistin und unter anderem Vorsitzende des Vereins Literaturfestival Globale.

Die schnelle, spontane Gründung, der gute Informationsfluss zwischen allen Beteiligten und nicht zuletzt die Zusammenarbeit zwischen der Stadtgemeinde Bremen auf der einen sowie der Zivilgesellschaft auf der anderen Seite seien die Merkmale des Ukraine-Netzwerkes. Das betonen Trüpel und Cerna unisono. In den ersten Treffen ging es darum, möglichst schnell für möglichst viele Menschen Hilfe zu organisieren – von Unterkünften über Bekleidung bis hin zu Spielzeug und Hygieneartikeln wurde alles gebraucht.

Doch es kam immer mehr hinzu. Alsbald tauchten rechtliche Fragen auf: Wo müssen die geflüchteten Menschen registriert werden? Woher bekommen sie Geld für den Lebensunterhalt? Viele Bremer*innen, die sich ehrenamtlich engagierten, wendeten sich ans Netzwerk. Dank der engen Vernetzung vor allem über die Plattform Slack haben sich innerhalb weniger Wochen Hilfe-Strukturen aller Art herausgebildet. Dabei kommen den Beteiligten die kurzen Bremer Wege zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zugute. „Es denken ganz viele Leute in der Stadt mit“, sagt Trüpel.

Gemeinsame Projekte

Nach knapp einem Jahr haben sich die Zusammenarbeit beziehungsweise ihr Charakter verändert. Statt vor allem Hilfe zu organisieren, gibt es unter anderem eigene Projekte, die von mehreren Partner*innen des Netzwerks getragen werden. Und: Die Akteure, die sich ins Netzwerk einbringen, professionalisieren, ihre Arbeit zunehmend. Beispielsweise haben zwei Institutionen das Bremer Bündnis für die Ukraine ins Leben gerufen: das Stiftungshaus Bremen und die Bürgerstiftung Bremen. Alleine auf diesem Wege seien rund 100.000 Euro an Spenden zusammengekommen, freut sich Cerna.

Auch aus der Wirtschaft gibt es seit Ausbruch des Ukraine-Krieges vielfältige Hilfen. Beispiel SWB: Der Bremer Energieversorger, eine Tochter der EWE, hat gleich zu Beginn Räume für eine Kleiderkammer zur Verfügung gestellt. Und erst vor wenigen Wochen haben die beiden Mittelständler Buhlmann Rohr-Fittings-Stahlhandel sowie die Hansa-Flex AG die Stiftung Solidarität Ukraine errichtet. Die Spendenaufrufe der Stiftung – etwa für Wärmezelte und Stromgeneratoren – werden auch von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) medienwirksam unterstützt. Über das Netzwerk und die beteiligten Institutionen werden darüber hinaus immer wieder Kulturveranstaltungen auf die Beine gestellt. Die Bandbreite reicht von Musik aller Art bis hin zu Lesungen. So etwa rund ums orthodoxe Weihnachtsfest Anfang Januar.

Ein zerstörter russischer Panzer bei Mariupol. Foto: Ukrainisches Verteidigungsministerium (CC BY 4.0)

Kommunale Hilfe(n)

Wie wichtig die kommunale Hilfe für die Ukraine ist, zeigt sich indes nicht nur in Bremen. Das Thema stand auch bei der Jahrestagung des Ausschusses der Regionen (AdR) im Oktober in Brüssel im Mittelpunkt. „Vor Ort wird gehandelt“, hebt Trüpel hervor, darum sei alleine schon die Vernetzung über den AdR wichtig.

Aktuell steht Hilfe für Odessa ganz oben auf der Tagesordnung. „Die Freie Hansestadt Bremen baut eine Partnerschaft mit Odessa auf. Diese soll zunächst akut Hilfe vor Ort leisten. Sie soll sich daneben aber auch zu einer dauerhaften Beziehung entwickeln“, teilte der Senat Mitte Dezember mit. Und: „Als Teil der dringend erforderlichen humanitären Akuthilfe wollen der Bremer Senat und die Stiftung Solidarität Ukraine im Raum Odessa Wärmezelte aufbauen.“ Mit im Boot sind die Stiftung Solidarität und die Bremische Evangelische Kirche. Gemeinsam sollen acht Wärmezelte für jeweils 50 Menschen aufgestellt werden. Auf insgesamt 168 Paletten verladen gehen die Spenden an diesem Montag, 16. Januar, auf die Reise nach Tulcea in Rumänien. Dort wird die Lieferung von den Partnern in Odessa abgeholt.

Kooperation mit Danzig

Darüber hinaus arbeitet Bremen in Sachen Ukrainehilfe eng mit seiner Partnerstadt Danzig zusammen. Alleine die Ostsee-Metropole mit ihren rund 470.000 Einwohner*innen hat seit Beginn des Ukraine-Krieges laut eigener Angaben etwa 70.000 Geflüchtete aufgenommen. Für diese Menschen stellt Bremen Hilfe zur Verfügung.

Um die Hilfe über die polnischen Kommunen zu verstetigen, hat der Senat bereits im August beschlossen, der sogenannten „Phoenix-Initiative“ beizutreten – Gespräche hierzu laufen. Die „Phoenix-Initiative“ hat Danzig zusammen mit der polnischen Hauptstadt Warschau ins Leben gerufen. „Darin wird Solidarität bekundet mit im Krieg zerstörten Städten, die – so das Bild –, wie Phoenix aus der Asche’ wieder auferstehen“, heißt es dazu in einer Mitteilung.

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