Stickstoffdioxid-Belastung in Städten

Umweltbundesamt: Maßnahmen des Diesel-Gipfels reichen nicht

Carl-Friedrich Höck24. August 2017
In vielen verkehrsreichen Städten kann der Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresmittel nicht eingehalten werden. Vor allem Dieselfahrzeuge stoßen Schadstoffe aus.
Mit Software-Updates wollen mehrere Autohersteller den Schadstoffausstoß von Diesel-Autos senken. Nun warnt das Umweltbundesamt: Die Maßnahmen reichen in vielen Städten nicht, um die Grenzwerte einzuhalten.

Als großer Wurf galten die Ergebnisse des Diesel-Gipfels am 2. August ohnehin nicht. Immerhin: Die Hersteller sagten zu, fünf Millionen Diesel-PKW mit einer neuen Software auszustatten. Vereinbart wurde auch eine Kaufprämie für Halter älterer Diesel-Fahrzeuge, wenn sie sich einen Neuwagen zulegen, sowie ein Mobilitätsfonds, um besonders belastete Städte beim Kampf gegen Stickoxide zu unterstützen.

EU-Grenzwerte werden weiterhin überschritten

Ob das ausreicht, um drohende Fahrverbote in Städte abzuwenden, haben damals schon viele bezweifelt. Nun hat das Umweltbundesamt eine Modellrechnung vorgelegt. Das Ergebnis stützt die Skeptiker. Die beim Dieselgipfel beschlossenen Maßnahmen „führen zu einer Senkung der Stickstoffdioxidbelastung in den deutschen Städten von bis zu sechs Prozent“, heißt es in einer Erklärung des Bundesumweltministeriums und des Umweltamtes. „Diese Senkung reicht in den meisten betroffenen Städten nicht aus, um den Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter einzuhalten, der in der EU zum Schutz der menschlichen Gesundheit gilt.“

Dass Software-Updates die Luft in den Städten kaum verbessern würden, liege am schlechten Ausgangsniveau der Fahrzeuge, erklärt die Bundesumweltamt-Präsidentin Maria Krautzberger. „Euro 5-Diesel ohne Update stoßen heute im Schnitt 906 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer aus. Das ist fünfmal mehr als der Grenzwert von 180 Milligramm.“ Auch viele Euro 6-Diesel lägen ein Vielfaches über dem erlaubten Wert.

70 Städte reißen die Hürde

Die Folge: „Für fast 70 deutsche Städte reichen die Maßnahmen voraussichtlich nicht aus, um die Atemluft unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid im Jahresmittel zu senken“, erläutert Krautzberger. Nur in Städten, die den Grenzwert derzeit sehr knapp verfehlen, könnte der Diesel-Gipfel dazu führen, dass der Grenzwert künftig eingehalten wird. Das gelte für 20 Städte, prognostiziert das Umweltbundesamt.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks fordert nun, dass dem Dieselforum weitere Schritte folgen. „Die Bevölkerung in den deutschen Städten hat ein Recht auf saubere Luft“, sagt sie. Es könne nicht sein, dass sich einige Hersteller selbst vor Software-Updates drücken.

Umtauschprämie könnte kaum etwas bewirken

In seiner Untersuchung hat das Umweltbundesamt beispielhaft die Landshuter Allee in München und die Parcusstraße in Mainz unter die Lupe genommen und verschiedene Szenarien berechnet.

Bezogen auf die gesamte PKW-Flotte schätzt das Umweltamt, dass die angebotenen Software-Updates – je nachdem, wie viele Fahrzeughalter sie durchführen lassen – den Stickoxid-Ausstoß um drei bis sieben Prozent senken können. Die Umtauschprämie dürfte sogar nur zwischen null und zwei Prozent ausmachen. Sie könnte allerdings stärker wirken, wenn nur sehr saubere Neuwagen wie Elektro- oder Hybridautos gefördert werden – und keine Diesel mit Euro-6-Norm.

 

Mehr Informationen
Der Bericht zur Modellrechnung auf der Internetseite des BMUB (als PDF)
Welchen Städten droht ein Fahrverbot? Hier finden Sie eine Liste zur NO2-Belastung in deutschen Großstädten (Werte für 2016)