ADFC-Symposium

Umweltministerin Schulze verteidigt Pop-Up-Radwege

Carl-Friedrich Höck16. November 2020
Umweltministerin Schulze (Archivbild)
Svenja Schulze wünscht sich „Mut zu einer echten Verkehrswende“ und glaubt, dass Pop-Up-Radwege vor Gericht Bestand haben werden. Gegen diese zu klagen sei „kleinkariert und widersinnig“, sagte die Umweltministerin anlässlich eines ADFC-Symposiums.

In einer Videobotschaft für ein Symposium des Fahrradverbandes ADFC hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze die umstrittenen Pop-up-Radwege verteidigt. Das sind Radwege, die seit Beginn der Corona-Pandemie in mehreren Städten kurzfristig entstanden sind, indem eine Fahr- oder Parkspur umgewidmet wurde.

„Gewinn an Sicherheit”

„Auch wenn sie vielfach zeitlich parallel zur Corona-Pandemie eingerichtet wurden, so ist der eigentliche Grund doch der Gewinn an Sicherheit“, sagte Schulze in der am Freitag veröffentlichten Videobotschaft. Diesen Aspekt „hätte man hier und da in der Begründung vielleicht noch etwas deutlicher herausstellen können“, merkte Schulze an. Damit bezog sie sich auch auf eine Klage eines AfD-Abgeordneten gegen Pop-up-Radwege in Berlin. Dort hat das Verwaltungsgericht im September den Rückbau von acht Radwegen angeordnet. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Anordnung jedoch vorerst außer Vollzug gesetzt. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Temporärer Radweg in Berlin-Friedrichshain: Mit gelber Farbe und Sicherheitsbalken wurde kurzfristig mehr Platz für Radfahrende geschaffen.

Schulze kommentierte: „Die Klage eines Abgeordneten gegen die Pop-Up-Radwege ist dennoch kleinkariert und widersinnig. Kein vernünftiger Mensch kann etwas gegen mehr Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer und im Straßenverkehr insgesamt haben. Ich gehe deshalb auch davon aus, dass diese Radwege Bestand haben werden.“

Von Verkehrswende profitieren alle, meint Schulze

Sicherheit sei das A&O für mehr Radverkehr, erklärte die Ministerin. Und davon würden am Ende alle profitieren, auch die Autofahrer*innen. „Sie stehen vor allen Dingen deshalb im Stau, weil es zu viele Autos und noch zu wenige Radfahrende gibt.“ Die SPD-Politikerin ergänzte: „Wir wollen genauere Vorstellungen davon entwickeln, wie die Straße, die Kreuzung und der öffentliche Raum anders, und damit meinen wir klimafreundlicher und menschengerechter gestaltet werden kann.“

Als Beispiele verwies Schulze auf internationale Vorbilder wie die „Mini-Hollands“ und die „Modalen Filter“ in London, auf Super-Blocks in Barcelona oder geschützte Radwege (Protected Bike Lanes) in den USA. „Unsere Städte und Gemeinden können fahrradfreundlicher werden“, ist Schulze überzeugt.

In einer lebenswerten Stadt seien die Menschen weiterhin mobil, aber anders, also weniger mit dem eigenen Auto. Schulze: „Täglich müssen wir feststellen, dass die Flächenverteilung ungerecht ist. Ein Großteil des öffentlichen Raums gehört dem Auto, dem berüchtigten Stehzeug. Weniger Platz für Autos und Parkplätze bedeutet mehr Raum für platzsparende Mobilität und mehr Platz für Menschen, für Spiel, für Sport, für Freizeit und zum Verweilen.“

Bund fördert Radverkehrsprojekte

Flächen umzuwidmen und neu aufzuteilen sei daher ein ganz zentrales Anliegen ihrer Politik, betonte die Umweltministerin. Deshalb fördere der Bund entsprechende Projekte. Auch modellhafte Radinfrastruktur in den Kommunen werde vom Umweltministerium mit bis zu 90 Prozent gefördert. „Im Klimaschutzpaket der Bundesregierung werden 900 Millionen Euro zusätzlich für den Radverkehr bereitgestellt. Insgesamt sind es zwischen 2020 und 2023 1,4 Milliarden Euro.“

Svenja Schulze fügte hinzu, sie wünsche „uns allen den Mut zu einer echten Verkehrswende“. Indirekt adressierte sie damit auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU): Sie erwarte „eine Straßenverkehrsordnung mit wirksamen Strafen für Raser und einer höheren Priorität für Rad, Fuß, ÖPNV und Carsharing“, so die Sozialdemokratin.

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