Konferenz der Verkehrsminister*innen

Die ungeklärten Fragen zum Deutschlandticket

Uwe Roth23. März 2023
BVG-Bus in Berlin: Wer hier das Deutschlandticket kauft, soll künftig auch in München oder Hamburg den Öffentlichen Nahverkehr nutzen können.
Das 49-Euro-Ticket geht zum 1. Mai an den Start. Mehrere wichtige Details sind aber noch offen – die Verkehrsminister*innen konnten sich auch bei ihrem Treffen in Aachen dazu nicht verständigen. Neuigkeiten zu Tempo 30 soll es erst im Herbst geben.

Eineinhalb Tage lang berieten sich die Verkehrsminister*innen von Bund und Ländern in Aachen. Als sie anschließend am Donnerstag vor die Presse tragen, schienen sie von ihrer Einigung auf das günstige Deutschlandticket für den ÖPNV selbst noch etwas überrascht zu sein. Oliver Krischer (Grüne) ist aktuell der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VMK). Der Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen berichtete von „intensiven Verhandlungen“ und dass es nicht immer einfach gewesen sei, „16 Bundesländer unter einen Hut zu bringen“. Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, beschrieb die Atmosphäre mit den Worten, „ich schätze das offene Wort“.

49-Euro-Ticket wird als „Revolution“ gefeiert

Am Ende zählte das Ergebnis, das nach Überzeugung der saarländischen Mobilitätsministerin Petra Berg (SPD) „den ÖPNV so attraktiv wie noch nie“ macht. Für den Infrastrukturminister des Landes Brandenburg, Guido Beermann (CDU), „beginnt für den ÖPNV eine neue Zeitrechnung“. Der hessische Verkehrskollege Tarek Al-Wazir (Grüne) spricht von „einer Revolution“. Die VMK-Teilnehmenden betonten das Epochale ihres Grundsatzbeschlusses auch deswegen, weil Detailfragen offengeblieben sind, die aber den Durchbruch nicht schmälern sollten.

Das betrifft zum Beispiel die Mitnahme von Fahrrädern oder Hunden ohne Aufpreis. Al-Wazir begründete die offenen Punkte mit dem „40-jährigen Wucherungen der Tarifstrukturen, die nicht mit einem Schlag zu beseitigen sind“. Die Verkehrsminister*innen hoffen nun auf die Verkehrsverbünde in ihren jeweiligen Bundesländern, dass diese sich untereinander einigen, ob im Monatsbetrag für das deutschlandweit gültige Nahverkehrsticket die Mitnahme eines Fahrrads inklusive ist. Mit der Einführung des 49 Euro-Tickets sollen nach den Worten des VMK-Vorsitzenden Krischer nicht gleichzeitig „alle Regelungen vereinheitlicht werden“.

Upgrade für Studierende?

Wie das Semesterticket in das ab Mai geltende Tarifsystem integriert werden soll, gab weiteren Stoff für Diskussionen. Welche Erwartungen Studierende an die Politik diesbezüglich haben, war in der Unistadt Aachen am Ort der Konferenz in lauten Protesten zu hören. Die Verkehrsminister*innen schienen beeindruckt und versprachen in der Abschlusspressekonferenz, dass „diese entscheidende Kundengruppe“ (Al-Wazir) weiterhin nur ein Ticket benötigen werde. So könnte es das 49-Euro-Ticket zum Preis des bisherigen Semestertickets geben, eine sogenannte Upgrade-Lösung. 

Der hessische Minister machte auf ein Modell in seinem Bundesland aufmerksam, das den Absatz von Jobtickets fördert. Neben dem Semesterticket ein weiteres mächtiges Instrument zur Kundeneugewinnung, sagte er. Je mehr dauerhafte Kund*innen das Deutschland-Ticket gewinne, umso geringer falle das Defizit aus, das sich Bund und Länder teilen. Davon müssten die Unternehmen und Verwaltungen überzeugt werden.

An Tempo-30-Zonen wird politisch gearbeitet

Die Proteste der Studierenden am Tagungsort haben dem Thema Klimaschutz zusätzliche Aufmerksamkeit beschert. Erst vor kurzem hat der Bericht des Expert*innenrates für Klimafragen aufgeschreckt, laut dem der Verkehrssektor weiterhin keinen Trend zur Einsparung von CO2 zeigt. Ministerin Berg zeigte sich überzeugt, dass das wachsende Bewusstsein in der Bevölkerung, zum Schutz des Klimas selbst einen Beitrag leisten zu müssen, eine „hohe Nachfrage nach dem 49-Euro-Ticket sicherstellen“ werde. „Wir müssen weg vom Individualverkehr“, sagte sie.

Mehr Klima- und Lärmschutz bringen Tempo-30-Zonen. Viele Kommunen würden sie gerne nach eigenem Ermessen einrichten. Bislang ist deren Handlungsfreiheit stark eingeschränkt. Das soll besser werden, haben die Verkehrsminister*innen beschlossen. Dazu haben sie der Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium einen Arbeitsauftrag erteilt. Welche Vorschläge sich die Mitarbeitenden dort dazu einfallen lassen, will sie in der Herbstkonferenz in Köln präsentieren.

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