Klage vor Bundesverwaltungsgericht

Urteil: München muss nicht für selbstbeschafften Kitaplatz zahlen

Carl-Friedrich Höck30. Oktober 2017
Justizia
Justizia hat entschieden. (Aufnahme vom Römerberg in Frankfurt/Main)
Eine Münchener Mutter sucht einen Vollzeit-Betreuungsplatz für ihr Kleinkind. Weil die von der Stadt angebotenen Plätze ihr nicht genügen, meldet sie ihr Kind in einer teuren Privat-Kita an und will von der Kommune einen Teil der Kosten einklagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun zugunsten der Stadt München entschieden. Eine gute Nachricht für Kommunen?

So manch ein Kämmerer wird aufatmen: Trotz der im Grundgesetz festgeschriebenen Kitaplatz-Garantie muss die Stadt München einer Klägerin nicht die Mehrkosten für eine teure Privat-Kita erstatten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und einen jahrelangen Rechtsstreit beendet.

Ungenügende Betreuungszeiten

Darum ging es: Eine Mutter hatte bei der Stadt München angezeigt, dass sie ab April 2014 einen Vollzeitbetreuungsplatz für ihr damals zweijähriges Kind benötige. Laut Sozialgesetzbuch VIII hatte das Kind Anspruch „auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege“. Die Stadt bot ihr insgesamt sechs freie Plätze bei Tagespflegepersonen an. Die Mutter aber lehnte ab, weil diese entweder zu früh schließen würden oder an einem Tag nicht geöffnet seien.

Daraufhin meldete die Mutter ihr Kind bei einer privaten Einrichtung an, die für eine Betreuung von 40 Wochenstunden einen Monatsbeitrag von 1380 Euro berechnete. Einen Teil ihrer Aufwendungen wollte die Mutter von der Stadt erstattet bekommen.

Kein Wahlrecht

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage abgelehnt. Die Begründung: Ein Recht, zwischen dem Nachweis eines Platzes in einer Tageseinrichtung und in Kindertagespflege zu wählen, bestehe nicht. Ebenso wenig gebe es ein Wahlrecht zwischen einem Platz in einer Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Trägers und einer Betreuung in einer privaten Einrichtung.

Allerdings, so das Gericht, existiere grundsätzlich einen Anspruch, dass der Träger der Jugendhilfe (also die Kommune) die erforderlichen Aufwendungen für einen selbstbeschafften Kitaplatz übernehmen muss. Nämlich dann, „wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung rechtzeitig über den Bedarf in Kenntnis gesetzt hat, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorgelegen haben und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat“.

Kosten müssen zumutbar sein

Diese Voraussetzungen hätten im konkreten Fall sogar vorgelegen. Jedoch verpflichte das Grundgesetz die Kommunen nicht dazu, einen kostenfreien oder zumindest kostengünstigen Kita-Platz nachzuweisen. Umgekehrt dürfen die nachgewiesenen Betreuungsplätze aber auch nicht mit unzumutbaren finanziellen Belastungen verknüpft sein – denn das würde die Kitaplatz-Garantie in der Praxis aushebeln.

Ob die Beiträge im Münchener Fall noch zumutbar waren oder nicht, war nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Das wird nun möglicherweise in einem eigenständigen Verfahren zu prüfen sein. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.

Bis dahin aber gilt: Die Stadt muss nur für die Mehrkosten aufkommen, die die Leistungsberechtigte nicht hätte tragen müssen, wenn die Stadt rechtzeitig einen Platz nachgewiesen hätte. Weil in München (anders als in anderen Bundesländern) keine Obergrenze für Kita-Gebühren gilt, hätte die Stadt einfach einen freien Platz in der Privat-Kita nachweisen können – womit der Klägerin die gleichen Kosten entstanden wären, die sie nun auch so zu tragen hatte.

Städtetag erfreut über das Urteil

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Ulrich Maly begrüßte das Urteil. Es erkenne die Qualität der familiennahen Kindertagespflege ebenso an wie die der Kindertageseinrichtungen. Die Städte hätten die Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren enorm ausgebaut. „Die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die betreut werden, hat sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt – auf fast 763.000. Gleichzeitig wächst allerdings auch der Bedarf an Betreuungsplätzen weiter.“

Maly fordert Bund und Länder auf, sich beim weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung finanziell mehr zu engagieren, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.

 

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