Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Ein Vorbild an Professionalität

26. August 2020
Sie stehen für eine neue Kommunikationskultur der Gemeinde Weyhe: ­Bürgermeister Frank Seidel, die Erste Gemeinderätin Ina Pundsack-Bleith und Pressesprecher ­Sebastian Kelm (v. l.).
Wie die 30.000-Einwohner-Gemeinde Weyhe in Niedersachsen seit dem vergangenen Jahr ihre Kommunikationsstrukturen modernisiert.

Mehrere Menschen, die das alles nebenbei machen: Das ist der kommunale Alltag, wenn es um die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geht. In der niedersächsischen Gemeinde Weyhe war es nicht anders. So aber, war sich die ­Verwaltungsspitze der 30.000-Einwohner-Gemeinde südlich von Bremen im Landkreis ­Diepholz einig, konnte es nicht weitergehen. Im Medienzeitalter benötigt auch eine Kommune dieser Größe ein gewaltiges Stück Professionalisierung.

Neuer Pressesprecher

Zwei Durchgänge durch die politischen Gremien sowie diverse Personalumschichtungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus weiter ist ein wesentliches Ziel geschafft: Sebastian Kelm, Journalist mit mehreren Jahren Erfahrung als Lokaljournalist, ist seit vergangenem Jahr für unterschiedliche Felder der Kommunikation zuständig. Jeweils zur Hälfte ist der 38-Jährige Pressesprecher sowie für die Bereiche Integration und Inklusion verantwortlich. Zudem kümmert sich Kelm um die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer.

Treibende Kraft dahinter, die Kommunikationsstrukturen auf neue Füße zu stellen, war Weyhes Erste Gemeinderätin Ina Pundsack-Bleith. Ihr sowie dem damaligen Bürgermeister und jetzigem Bremer Senatschef Andreas Bovenschulte (SPD) sei klar gewesen, dass die Anforderungen inzwischen so komplex und vielschichtig seien, dass sich die Arbeit nicht mehr wie bislang nebenbei von mehreren Personen bewerkstelligen lasse, sagt sie. Daran hat sich auch nichts geändert, als Weyhe mit Frank Seidel (SPD) eine neue Rathaus­spitze bekam.

„Als ich kam, war er schon da“, sagt Seidel mit einem Schmunzeln in Richtung Kelm. Doch überraschend ist die Kommunikationspersonalie für den Bürgermeister nicht gewesen. Bevor ­Seidel nämlich an die Spitze der Gemeinde wechselte, hat er als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Gemeinderat das ­Ansinnen gemeinsam mit seinen Parteifreunden unterstützt.

Pressesprecher Kelm hat nach eigener Aussage den Anspruch, „die Strukturen zu optimieren“. Dieses gelte sowohl nach innen als auch nach außen. Letzteres bedeutet für den gelernten Journalisten, den örtlichen Medien „zuzuarbeiten“ sowie die Arbeit der Gemeinde insgesamt transparent zu machen. Unter anderem deshalb hat sich Weyhe nach Auskunft von Pundsack-Bleith bereits vor vier Jahren dafür entschieden, eine eigene Facebook-Seite zu eröffnen.

Social-Media-Präsenz pflegen

Aber diese mit aktuellen Inhalten zu füllen sei nicht möglich, wenn die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nebenher läuft, fasst Pundsack-Bleith die bisherigen Erfahrungen zusammen. Das ist jetzt anders: Die Social-Media-Präsenz der Gemeinde zu pflegen, ist eine der Kernaufgaben von Pressesprecher Kelm. Und das gilt nicht nur für Facebook, sondern auch für Instagram. „Damit erreichen wir ganz andere Zielgruppen“, betont Kelm. „Wir haben auf Facebook 3.500 Abonnenten, auf Instagram sind es 2.000. Sie sind deutlich jünger.“

Deutlich nach oben geschnellt sind die Social-Media-Zugriffszahlen bei ­Bekanntwerden des ersten Falls einer Corona-Infektion Mitte März. Bis zu 30.000 Menschen, also rein rechnerisch jeden Einwohner, habe die Gemeinde erreicht, erklärt Kelm. Angesichts der großen Verunsicherung sei das Instrument Social Media für die Kommune enorm wichtig gewesen, wirft Bürgermeister Seidel ein: „Wir konnten schnell reagieren und die Menschen mit allen wichtigen Informationen versorgen.“

Keine Konkurrenz

Dabei will die Gemeinde nicht in Konkurrenz zu den lokalen Medien treten. Im Gegenteil, wie Kelm versichert: „Wir haben vor Ort zwei seriöse Tageszeitungen, und wir möchten die Medien eher stärken.“ Vor diesem Hintergrund sieht der neue Pressesprecher seine beziehungsweise die Aktivitäten der Gemeinde Weyhe auch als Serviceleistung für seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen an.

Die Weyher Social-Media-Aktivitäten haben nach Einschätzung von Seidel das Kommunikationsverhalten der Bewohner verändert: „Die Leute melden sich schneller.“ Nachrichten erhält der Bürgermeister zumeist als private Nachricht über seine eigene Facebookseite. Und zwar quer durch alle Bereiche der Kommunalpolitik. So reiche die Palette vom falschen durch den Landkreis Diepholz aufgestellten Verkehrsschild bis hin zu Hinweisen auf defekten Straßenbelag. „Die Leute erwarten schnelle Antworten“, sagt Seidel.

Fake News „einfangen“

Was ebenso wichtig ist: Pressesprecher Kelm „scannt“ nach eigenen Worten andere Gruppen in den sozialen Netzwerken. Dadurch ist die Gemeinde in der Lage, schnell auf sich aufbauende Themen zu reagieren und Fake News „einzufangen“. Seidel nennt ein Beispiel: Vor einigen Wochen gab es das Gerücht, dass die Besucher des Freibads Masken tragen müssten. Dies sei durch das Rathaus schnell richtiggestellt worden.

Pundsack-Bleith, Seidel und Kelm stellen inzwischen fest, dass die Gemeinde Weyhe Vorreiter in Sachen Kommunikation ist. Über kurz oder lang würden die Gemeinden nicht ohne Pressesprecher auskommen. Dies wurde auch im übergeordneten Landkreis Diepholz erkannt: Nachdem die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Vergangenheit über das Vorzimmer von Landrat Cord Bockhop aus gesteuert wurde, gibt es für diese Aufgabe nun eine eigene Stelle für eine Referentin für Presse- und ­Öffentlichkeitsarbeit.

 

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