Niedersachsen und Hessen sind Vorreiter

Wie Wasserstoffzüge den Nahverkehr verändern

Ulf Buschmann29. Dezember 2022
Ein Zug steht im Bahnhof Bremervörder
Seit August sind bei der EVB ab Bremervörde Wasserstoffzüge im Einsatz.
In Niedersachsen und Hessen sind die ersten Wasserstoffzüge im Nahverkehr unterwegs. Im Norden ging es im August los. Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) hat mit dem Fahrplanwechsel nachgezogen.

Wer auf der RB33 unterwegs ist, schwebt mehr als dass er fährt. So beschreibt Andrea Stein das neue Fahrgefühl im Norden Niedersachsens. Dort, auf der Verbindung von Bremervörde über Buxtehude und Bremerhaven nach Cuxhaven, setzt die EVB seit August Wasserstoffzüge ein. EVB steht für Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH. Andrea Stein ist Sprecherin des Unternehmens mit Sitz in Zeven. Es erbringt die Leistungen im Auftrag der Landesnahverkehrs-Gesellschaft (LNVG) Niedersachsen. Dieser gehören die 14 Triebwagen mit Brennstoffzellenantrieb. Sie haben die bislang im Einsatz befindlichen 15 dieselelektrischen Fahrzeuge abgelöst.

Rund 93 Millionen haben sich das Land Niedersachsen beziehungsweise die LNVG das Projekt kosten lassen. An dem bis dato laut LNVG weltweit einzigartigen Projekt sind überdies der Schienenfahrzeugbauer Alstom und das Gase- und Engineering-Unternehmen Linde beteiligt. Der Wasserstoff für die Brennstoffzellen kommt aus der Region: aus Stade-Bützfleth. Dort wird derzeit auch an einem der Flüssiggas-Terminals gebaut.

Mit Wasserstoff durch den Taunus

Aber nicht nur im Norden des Landes hat die Zukunft in Sachen Schienenpersonen-Nahverkehr begonnen. Mit dem Wechsel vom Sommer- zum Winterfahrplan rollen auch beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) Brennstoffzellenfahrzeuge. Dort sind es 27 Züge. Diese werden zunächst auf der RB15 eingesetzt. Bis zum Frühjahr sollen die restlichen Fahrzeuge bereitstehen und nach und nach in den Betrieb übernommen werden. Neben der RB15 rollen die neuen Züge dann auf der RB11 von Frankfurt-Höchst nach Bad Soden, der RB 12 (Frankfurt-Königstein) sowie der RB16 von Bad Homburg nach Friedberg.

Für die Verantwortlichen in Niedersachsen und Hessen ist es genau die richtige Entscheidung gewesen. Davon hätten nämlich nicht nur die Fahrgäste etwas, sondern vor allem die Umwelt. Laut LNVG kommen die neuen Züge mit nur einer Tankfüllung täglich aus. Die Reichweite betrage 1.000 Kilometer. „Damit werden 1,6 Millionen Liter Diesel pro Jahr nicht mehr verbraucht, damit werden 4.400 Tonnen CO₂ nicht mehr erzeugt“, schreibt das landeseigene Unternehmen in einer Mitteilung. Dem Regelbetrieb voraus ging eine zweieinhalbjährige Testphase von September 2018 bis Februar 2020.

Ein anderes Fahrgefühl

Für EVB-Sprecherin Stein ist die Umstellung von Diesel auf Wasserstoff aber nicht nur wegen der Klima- und Umweltaspekte richtig gewesen. Es sei für die Kunden ein ganz anderes Fahrgefühl. „Man merkt, dass es elektrisch ist“, sagt Stein. Die Reaktion der Fahrgäste beschreibt sie als „durchweg positiv“. Mit dem modifizierten, viel leiseren Angebot gehen die EVB und die LNVG für die Zukunft von steigenden Fahrgastzahlen aus. Die Pendler indes würden die Züge ja bereits aus dem Probebetrieb kennen, erläutert Stein. Über die Vorteile der Wasserstoffzüge haben sich in jüngster Vergangenheit auch immer wieder Interessenvertreter*innen anderer Kommunen und Verkehrsverbünde überzeugt.

Der Vorteil für die EVB: Sie erbringt zwar auf der RB33 im Auftrag der LNVG ihre Nahverkehrsdienstleistung. Aber dies geschieht auf ihrer eigenen eingleisigen Strecke. Vor diesem Hintergrund hat es das Unternehmen in der eigenen Hand, die Attraktivität des Schienen-Nahverkehrs zu steigen – was laut Sprecherin Stein auch geschieht. Die EVB arbeite ständig an der Trasse.

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