Erstes NRW-Mobilitätsforum

Weichen für moderne Mobilität und Barrierefreiheit gestellt

Julian Krischan12. November 2019
„Die Mobilität läuft nicht mehr so flüssig“, bilanzierte Pit Clausen (SPD), Oberbürgermeister von Bielefeld, in seinem Grußwort zur Eröffnung der Veranstaltung.
Vernetzung und Kooperation waren Ziele einer landesweiten Mobilitätsveranstaltung für Nordrhein-Westfalen, die kürzlich im Lokschuppen Bielefeld stattfand. Grundsatzvereinbarungen sollen nun dazu beitragen, Grenzen und Hürden im öffentlichen Nahverkehr zu überwinden.

Vielleicht war es kein Zufall, Bielefeld als Ort für das erste NRW-Mobilitätsforum zu wählen. Das öffentliche Verkehrssystem der dortigen Stadtbahn ist ein voller Erfolg: Im Zuge der Umstellung von Straßenbahnstrecken beziehungsweise dem Neubau von Linien verdreifachten sich die Fahrgastzahlen an mehreren Stellen. Mit Blick auf die Mobilität gibt es trotzdem einiges zu tun: „Die Mobilität läuft nicht mehr so flüssig“, führte Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) in seinem Grußwort zur Eröffnung der Veranstaltung aus. Die Einwohnerzahl in der Stadt steigt, gleichzeitig nimmt der Bestand an Autos jährlich um ein Prozent zu. Auch die Einpendlerinnen und Einpendler in die Großstadt werden immer mehr.

„Vom Fahrgast her denken“

Wie die Zukunft des Nahverkehrs mit Blick auf Klimawandel und neue, individuelle Mobilitätslösungen aussehen kann – das wurde auf der Veranstaltung in Bielefeld vielseitig diskutiert. „In diese Welt passt es nicht mehr, dass man in der Innenstadt kostenlos parken kann“, führte Clausen weiter aus. Der Schlüssel, Parkplätze „einzusammeln“, liege in guter Kommunikation: Nur mit Rückenwind der Bürgerschaft ist ein solches Vorhaben realisierbar, nicht gegen sie.

„Man muss vom Fahrgast her denken“, meinte Heiko Sedlaczek, Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH (NVR). Nicht unumstritten war es, als die Zuständigkeiten für den Schienenpersonennahverkehr in Nordrhein-Westfalen bei drei Aufgabenträgern gebündelt wurden. Heute muss Umsteigen so intuitiv funktionieren wie der Griff zum Handy in der Jackentasche“, ergänzte Andres Müller, Vorsteher des Verbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). In der Mobilität werden heute oft weitere Distanzen zurückgelegt. An einem Bahnhof aussteigen und wegen veränderter Zuständigkeit ein neues Ticket kaufen zu müssen – das erscheint wie ein Relikt aus der Steinzeit. Impulse zur Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs werden in der Zukunft weniger strukturell als vielmehr durch digitale Innovationen geprägt sein.

Kooperationsvereinbarung unterzeichnet

Brigitte Piepenbreier von der LAG Selbsthilfe NRW, Landesverkehrsminister Hendrik Wüst und Stephan Boleslawsky, DB Station&Service AG, bei der Unterzeichnung der Grundsatzvereinbarung zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit im Schienenpersonennahverkehr. Foto: Julian Krischan

In einer vor Ort unterzeichneten Kooperationsvereinbarung verständigten sich die Vertreter der Aufgabenträger darauf, in Bezug auf digitale Vertriebslösungen und Ausbau von Angebot und Infrastruktur zusammenzuarbeiten. Grenzen sollen überwunden werden – dieses Motto gilt auch für die Integration der „letzten Meile“ am eigenen Zuhause in die Mobilitätskette. Mobilitätsmanager sind in Nordrhein-Westfalen unterwegs, um mit kommunalen Vertreterinnen und Vertretern über Fahrradausleihstationen und Mobilitäts-Hubs zu sprechen.

Eine Vertragsunterzeichnung kommt selten allein – so durfte ein weiteres Dokument nicht fehlen: In einer Grundsatzvereinbarung wurde festgehalten, einen barrierefreien Zugang zum Schienenpersonennahverkehr in ganz Nordrhein-Westfalen sicherzustellen. „Es muss ein durchgehend niveaugleicher und weitgehend restspaltfreier Ein- und Ausstieg gewährleistet werden“, führte Brigitte Piepenbreier, Vorstandsvorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, aus. Bis heute liegen Einstiegshöhen von Fahrzeugen und Bahnsteighöhen oft nicht auf gleichem Niveau. Ein erstes messbares Zwischenziel einer landesweit aufeinander abgestimmten Planung ist ein barrierefreier Ein- und Ausstieg für 90 Prozent der Fahrgäste im Jahr 2030.

Ambitionierte Ziele

„Jede einzelne Maßnahme zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit erhöht die Nutzungsmöglichkeit für mobilitätseingeschränkte Menschen im Schienenpersonennahverkehr“, so Brigitte Piepenbreier. Es sind ambitionierte Ziele, die auf dem ersten NRW-Mobilitätsforum gesetzt wurden. Die Vereinbarungen werden sich an Entwicklungen im Lauf der Zeit messen lassen müssen.