Energiewende

Windkraft-Ausbau gewinnt noch zu langsam an Fahrt

Carl-Friedrich Höck27. Januar 2021
Windräder hinter einer Wohnsiedlung in Wernitz
Der Ausbau von Windkraftanlagen an Land konnte 2020 gesteigert werden. Doch das bisherige Tempo reicht bei weitem nicht, um die Klimaziele zu erreichen. Das geht aus neuen Zahlen hervor, die die Windkraftbranche am Dienstag veröffentlicht hat.

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 420 neue Onshore-Windenergie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.431 Megawatt (MW) errichtet. Wie der Bundesverband Windenergie (BEW) und der Fachverband „VDMA Power Systems“ mitteilen, konnte der Zubau gegenüber dem Vorjahr um etwa 46 Prozent gesteigert werden. Das klingt nach Aufbruch, doch bei genauerer Betrachtung relativiert sich diese Zahl: Zuletzt war der Windkraft-Ausbau nämlich weitgehend zum Erliegen gekommen.

Neues EEG lässt Branche hoffen

„Wir haben mit dem Marktwachstum im Jahr 2020 den ersten Schritt aus der Talsohle erreicht“, sagt VDMA-Geschäftsführer Matthias Zelinger. Weil der Bundestag kürzlich eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedet hat, sieht er Deutschland langfristig auf einem guten Weg. „Kurzfristig bleibt jedoch eine schwerwiegende Diskrepanz zwischen Ausschreibungsvolumen und Genehmigungen“, fügt Zelinger an. Mit anderen Worten: Es fehlt an Flächen und Genehmigungen, damit die Branche genügend neue Anlagen errichten kann, um die Erwartungen der Politik zu erfüllen.

Abhilfe schaffen soll nun ein Kooperationsausschuss, den das neue EEG vorsieht. Dort sollen sich Bund und Länder abstimmen, wie die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden können. Man müsse „endlich daran, dass die Länder ganz konsequent anfangen, den Ausbau zu unterstützen“, mahnt Zelinger an. Davon sehe man leider noch zu wenig.

Ausbau-Ziele noch in weiter Ferne

Laut dem neuen EEG soll die Onshore-Windenergie bis 2030 von derzeit 55 auf 71 Megawatt ausgebaut werden. Das Bundesumweltministerium will das Ziel sogar auf 95 Megawatt anheben, um die neuen Treibhausgas-Minderungsziele der EU zu erreichen. „Zum Erreichen der Ziele brauchen wir jährlich Genehmigungen für 5.000 bis 6000 MW“, rechnet Matthias Zelinger vor. Für das Jahr 2021 erwarten die Verbände einen Ausbau von 2.000 bis 2.500 Megawatt. Selbst das sei nur zu schaffen, wenn die Grenzen bleiben offen bleiben und die Lieferketten nicht gestört werden.

Bei den Ausbau-Zielen zu berücksichtigen ist: Es werden jedes Jahr alte und nicht mehr zeitgemäße Windräder vom Netz genommen. Netto, also abzüglich der abgebauten Windräder, betrug der Zubau im Jahr 2020 sogar nur 1.208 Megawatt. Der Austausch alter Windräder ist aber auch eine Chance für die Energiewende, weil sie durch leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden können, ohne neue Flächen zu verbrauchen. Allein mit diesem sogenannten Repowering konnte die Leistung im Jahr 2020 um 339 Megawatt erhöht werden.

Kommunale Unternehmen kritisieren Bürokratie

Doch auch hier hakt es bei den Genehmigungen, kritisiert die Branche. „Besondere Aufmerksamkeit gilt es auf das Repowering zu legen“, meint Herman Albers, Präsident des BWE. Dies betont auch Michael Ebling, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen. Ein vom Bundestag gefordertes Repowering-Gesetz bezeichnet er als Hoffnungsschimmer. „Alte Windkraftanlagen müssen durch neue ersetzt werden können, ohne dass dies an Bürokratie und überzogenen Genehmigungsanforderungen scheitert. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf jedoch noch umfassend überarbeitet werden.“

Auf die Statistik für 2020 reagiert der VKU-Präsident ernüchtert. „Die Zahlen zeigen leider, dass das Ende der Talsohle beim Windenergieausbau offenbar immer noch nicht erreicht ist.“ Damit der Zubau wieder Fahrt aufnimmt, müssten die Artenschutzvorgaben rechtsverbindlich vereinheitlicht werden, fordert Ebling. Nur so gebe es künftig mehr Rechtssicherheit bei Flächenausweisungen und Windparkgenehmigungen.

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