Sicherheit

Zehn Instrumente für mehr Sicherheit von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum

Karin Billanitsch29. Oktober 2021
Unterführungen, dunkle Ecken rufen Unsicherheitsgefühle hervor.
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat gemeinsam mit Partnern Instrumente entwickelt, um das Sicherheitsgefühl von Kindern und Jugendlichen in der Stadt zu erfassen. Ein kostenloses Handbuch richtet sich an Akteur*innen, die sich für kinderfreundliche und sichere Städte engagieren.

Kinder und Jugendliche haben einen eigenen Blick auf ihr Lebensumfeld: „Komische Leute“ an der Unterführung, vermüllte, dunkle und schlecht einsehbare Ecken oder der menschenleere Park auf dem Heimweg: so berichten Kinder von ihren Erlebnissen. Wer ihnen genau zuhört, stößt immer wieder auf Schilderungen über verunsichernde Erfahrungen im öffentlichen Raum.

Eigener Blick der Kinder

Die Sicht von jungen Menschen auf Sicherheit im Quartier ist bislang wenig erforscht. In diese methodische Lücke stößt das Projekt „INERSIKI“. Die lange Abkürzung steht für Instrumentenentwicklung zur Erfassung der raumbezogenen Sicherheitsbelange von Kindern und Jugendlichen.

Kriminologische Konzepte wären meist auf Erwachsene ausgerichtet oder räumlich zu ungenau, so das Difu. Und lokale Beteiligungsinstrumente für Kinder und Jugendliche nähmen die Frage nach Sicherheit und Unsicherheit „oft eher zufällig als gezielt in den Blick.

Deshalb geht es den Beteiligten an dem Kooperationsprojekt – neben dem Difu sind das die Zentralstelle für Prävention des Landeskriminalamts Berlin, der Universität Hildesheim (Institut für Psychologie) und das Kinder- und Jugendbüro Steglitz-Zehlendorf – darum, geeignete Methoden zu entwickeln, die speziell auf diese Zielgruppe zugeschnitten sind.

„Sicherheit im Quartier ist mehr als der Schutz vor Kriminalität. Es geht um gefühlte Sicherheit“, betont Jan Abt, Wissenschaftler im Deutschen Institut für Urbanistik während der Abschlussvorstellung des Projekts im August im Rahmen eines Seminars des Instituts für angewandte Projektforschung (DPT). Man kann sie im Internet hier ansehen.

Kinder meiden solche Orte häufig, je jünger sie sind, desto mehr entwickeln sie Ausweichstrategien, sagt Abt. „Ganze Gebiete werden nicht mehr alleine oder nicht zu bestimmten Tageszeiten aufgesucht“, so Abt. Das engt ihre Lebenswelt stark ein. Für Polizei, Jugendarbeit sowie Stadt- und Grünplanung gilt daher, sich intensiver mit den Sicherheitsbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum auseinanderzusetzen“, heißt es.

Zehn Methoden

In dem Handbuch „Kinder und Jugendliche im Quartier“  werden die Ergebnisse zusammengefasst und zehn Methoden ausführlich dargestellt. Im einzelnen werden aufgeführt:

  • Kunstblick: Fotografien von Streetart dienen als Impuls für Assoziationen und Gesprächsanreize.
  • Punktmethode: Mit Klebepunkten werden auf einer Gebietskarte unsichere Orte markiert.
  • Schriftliche Befragung: Junge Leute beantworten anonym Fragen zu ihren Erfahrungen.
  • Adjektivsuche: Ein bestimmter Ort wird mit Adjektiven in Zusammenhang gebracht
  • Orte kommentieren: Auf Fotoplakaten notieren Kinder und Jugendliche Eindrücke, Gedanken und Gefühle zu bestimmten Orten.
  • Sprechende Bilder: Die jungen Leute erkunden das Quartier und alten ihre Eindrücke und Bewertungen in Form von Sprechblasen vor Ort fotografisch fest.
  • Stadtteilbegehungen
  • Fotostreifzug: Kinder als Expert*innen zeigen ihr Quartier und dokumentieren es fotografisch
  • Jagd nach Orten: Kinder machen sich detektivisch auf die Suche nach typischen Orten.
  • Solo Scouts: Kinder und Jugendliche fertigen über einen längeren Zeitpunkt eigenständig eine Fotodokumentation an

In dem Handbuch werden diese Methoden jeweils ausführlich dargestellt – zum Beispiel für welches Alter sie geeignet sind, wie sie ganz praktisch vorbereitet werden können, welches Material man braucht oder wie viel Zeit es erfordert, sie einzusetzen.

Laut Difu-Mitteilung sind die Projektergebnisse für alle interessant, „die für sichere Stadträume und für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen: von der städtebaulichen Kriminalprävention, der quartiersbezogenen Polizeiarbeit über die Kinder- und Jugendhilfe, kommunale Präventionsgremien bis hin zur Stadt- und Freiraumplanung.“ Auch an Akteur*innen aus der Wohnungswirtschaft und zivilgesellschaftlichen Institutionen richtet sich die neue Publikation.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt INERSIKI von 2019 bis 2021 gefördert.

 

Download:
difu.de