Aus den Bundesländern

20 Jahre Region Hannover

Axel Priebs08. November 2021
Schloß Marienburg in Pattensen
Seit dem 1.11.2001 trägt eine direkt gewählte Regionsversammlung die politische Verantwortung für die Region Hannover. Regionale Kooperation hat im Großraum Hannover eine lange Tradition.

Regionale Kooperation hat im Großraum Hannover eine lange Tradition. Bereits 1963 wurde für die Landeshauptstadt und ihre Nachbarkommunen ein Verband gebildet, der seit 1994 unter der Bezeichnung „Kommunalverband Großraum Hannover“ (KGH) für die Regionalplanung, den Nahverkehr, die Wirtschaftsförderung und die Naherholungsgebiete verantwortlich war.

Als nach den politischen Umbrüchen der Jahre 1989/90 intensiv über die Rolle der Regionen im „neuen Europa“ diskutiert wurde, ergriffen die SPD-Verwaltungschefs der Landeshauptstadt, des Landkreises und des KGH die Initiative, um den Großraum Hannover noch besser zu positionieren. Im Oktober 1996 schlugen sie in ihrem „Blauen Papier“ die Bildung einer „Region Hannover“ vor, die als neue Gebietskörperschaft für den gesamten Großraum an die Stelle des Landkreises und des KGH treten sollte und außerdem von der Landeshauptstadt deren Aufgaben der Kreisebene übernehmen sollte.

Nachdem das „Blaue Papier“ auf breite Zustimmung in den Medien und in der Öffentlichkeit gestoßen war, bildete sich eine erweiterte „Lenkungsgruppe Region Hannover“, die den Vorschlag so weit konkretisierte, dass die Gesetzgebung des Landes nahtlos anschließen konnte. Nachdem alle Stadt- und Gemeinderäte, der Kreistag und die KGH-Verbandsversammlung ebenso wie die wichtigsten Parteien dem Konzept zugestimmt hatten, konnte der Landtag das Regionsgesetz zügig beraten und rechtzeitig vor der Kommunalwahl 2001 beschließen.

Seit dem 1.11.2001 trägt eine direkt gewählte Regionsversammlung mit 85 Mitgliedern die politische Verantwortung für die Region Hannover. Seitdem ist die SPD stärkste Kraft in der Regionsversammlung und bildete über 15 Jahre eine Mehrheit mit den Grünen und von 2016 bis 2021 mit der CDU.

Die Region Hannover hat die Aufgaben des Kommunalverbandes (sowie dessen Unternehmen, insbesondere den Zoo, die Verkehrsbetriebe und die Klimaschutzagentur) sowie die sonst den Landkreisen obliegenden Aufgaben übernommen. Das Personal der Region wurde zu einem großen Teil von der ehemaligen Kreisverwaltung und vom KGH übernommen, außerdem wurden mit den jeweiligen Aufgaben auch Beschäftigte der Landeshauptstadt (insbesondere des Gesundheitsamtes und des Umweltamtes) und der Bezirksregierung übernommen.

Nach der Regionsgründung wurden auch die Kliniken, die Abfallbetriebe und die Sparkassen der Landeshauptstadt und des aufgelösten Landkreises fusioniert. Es wurden neue regionale Konzepte für die Wirtschaftsförderung, die Naherholung, den Verkehrsverbund sowie die Ausrichtung und Standorte von Berufsschulen und Kliniken entwickelt. 2005 wurde gemeinsam mit der Agentur für Arbeit das Jobcenter Region Hannover gebildet. Übergeordnetes Ziel der Region ist, in allen Teilräumen die Daseinsvorsorge zu sichern, weswegen sie und ihre Unternehmen mit Sozialhilfestützpunkten, Kliniken, Berufs- und Förderschulen, Wertstoffhöfen, Busdepots sowie Naherholungsangeboten präsent sind.

Wichtiges Motiv für die Regionsbildung war die Schaffung einer Solidargemeinschaft, mit der auch die Landeshauptstadt entlastet werden sollte. Durch die von allen Städten und Gemeinden zu entrichtende Regionsumlage ist gewährleistet, dass sich diese entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit an den Kosten der sozialen Sicherung beteiligen. Ein besonderes Augenmerk legt die Region auf eine enge Kooperation mit ihren Städten und Gemeinden, was sich u. a. in einen regelmäßigen Austausch mit den beiden Sprechern der Gemeinden sowie einer jährlichen Klausur mit allen 21 Bürgermeisterinnen und (Ober-) Bürgermeistern zeigt.

Im Laufe der Jahre erhielt die Region zusätzliche Aufgaben durch gesetzliche Vorgaben, aber sie übernahm auch auf Wunsch von Städten und Gemeinden solche Aufgaben, bei denen spezielles Know-how erforderlich ist oder wo es Vorteile bei einer gemeinsamen Aufgabendurchführung gibt. Erfolgreich ent w icke l t hat sich auch der von der Region gegründete IT-Dienstleister HannIT, dem nicht nur alle 21 Städte und Gemeinden der Region, sondern inzwischen auch weitere Kommunen angehören.

Mit ihrer Struktur und ihren Kompetenzen ist die Region Hannover die am weitesten entwickelte stadtregionale Organisation Deutschlands und war u. a. Vorbild für die 2009 gebildete StädteRegion Aachen. Für die Zukunft ist sie gut aufgestellt – ihre größten Herausforderungen dürften darin liegen, ihre Besonderheiten immer wieder zu vermitteln und dafür zu sorgen, dass sie nicht als Selbstverständlichkeit gesehen wird. Denn zu leicht werden die Zeiten vergessen, in denen das Verhältnis zwischen Hannover und seinem Umland durch Spannungen und Konkurrenzen geprägt war. Um den intraregionalen Ausgleich zu bewirken, hohe Lebensqualität zu sichern und nach außen Strahlkraft zu entwickeln, muss die Region gut aufgestellt sein, wovon alle in der Region profitieren.

Der direkt gewählte Regionspräsident ist Mitglied der Regionsversammlung und Chef der Regionsverwaltung mit ca. 3.000 Beschäftigten. Als Nachfolger des ersten Regionspräsidenten Dr. Michael Arndt wurde 2006 Hauke Jagau in dieses Amt gewählt, das er 2014 erfolgreich verteidigte. Er ist Volljurist und war von 1989 bis 1990 Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der SPD-Landtagsfraktion. Anschließend arbeitete er als Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Niedersächsischen Justizministerium. Nach einer Referententätigkeit in der Niedersächsischen Staatskanzlei unter Gerhard Schröder wurde er 1996 zum hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Laatzen gewählt und 2001 im Amt bestätigt. Als Regionspräsident hat er stets Flagge gegen Antisemitismus und Rassismus gezeigt und sich für die Gedenkstätte in Hannover-Ahlem eingesetzt, in der den Opfern des Nationalsozialismus gedacht wird und wo Veranstaltungen insbesondere auch für junge Menschen angeboten werden.

2021 trat Hauke Jagau nicht erneut zur Wahl an. Als dritter SPD-Regionspräsident wurde Steffen Krach gewählt.