Blog Aus der Praxis

67 Bürgerbusse in Rheinland-Pfalz – und es werden immer mehr

Wolfgang KröhlerManfred Scherer15. April 2019
Seit Jahren funktioniert der Betrieb mit dem Bürgerbus in der VG Sprendlingen-Gensingen bestens – zur Freude von Bürgermeister Manfred Scherer (links).
Wie gewährleistet man Mobilität auf dem Land? Das Konzept „Bürger fahren Bürger“ lebt von ehrenamtlichem Engagement. In der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen funktioniert dieses Angebot schon seit vielen Jahren reibungslos.

Unsere verschiedenen Regionen, Dialekte, Bräuche und Traditionen machen die Vielfalt unseres Landes aus. Gerade in Rheinland-Pfalz hat das Leben auf dem Land viele Vorzüge, und unsere Dörfer machen unser Land zu dem, was es ist: Ein Land, in dem sich die Menschen wohl fühlen.

Unser Ziel sind gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land. Das ist nicht immer einfach. Die Wege zum täglichen Einkaufen, zur Post, zur Bank oder zum Arzt und zur Apotheke sind auf dem Land mitunter weiter als in der Stadt. Gerade ältere Menschen können oder wollen nicht immer mit dem Auto fahren. Andererseits kann der öffentliche Nahverkehr kleine Ortschaften, verstreute Siedlungen oder abgelegenen Einzelhöfe im Westerwald, Hunsrück, in der Pfalz oder der Eifel nur mit langen Wegen und Fahrtzeiten erreichen. Zudem fahren die Linienbusse nicht alle Gemeinden an. Deshalb muss Mobilität auf dem Land als Teil der Daseinsvorsorge und Grundversorgung gewährleistet werden.

Unterstützung durch Land

Diesen besonderen Bedarf können Bürgerbusse decken. Das Motto lautet „Bürger fahren für Bürger“. Die Bürger organisieren und betreiben ihren Bürgerbus ehrenamtlich. Zu diesem Zweck kann man einen Bürgerbusverein gründen. Oftmals übernimmt auch die Verbandsgemeinde die Rechtsträgerschaft. Solche Angebote gewährleisten besonders im ländlichen Raum weiterhin Mobilität. Das Land unterstützt solche Projekte. Derzeit beläuft sich die pauschale Förderung auf bis zu 8.500 Euro. Sie kann beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau beantragt werden (Quelle: www.mwvlw.rlp.de/de/themen/verkehr/bus-und-bahn/buergerbusse/; Abruf am 15. März 2019).

Bürgerbusse fahren vor allem im Nahbereich und verbinden beispielsweise die Ortsgemeinden mit den Grundzentren oder größeren Gemeinden in der Umgebung, in denen der tägliche Bedarf gedeckt werden kann. Doch der Bürgerbus ist weit mehr als ein reines Beförderungsmittel. Er bietet gleichzeitig Raum für Kontakt- und Kommunikationspflege. Im Bürgerbusverein kommen Menschen zusammen, die sich für die Gemeinde und jeden einzelnen in der Gemeinschaft engagieren. Hier wird bürgerschaftliches Engagement mit dem bestehenden Angebot im öffentlichen Verkehr verknüpft. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.buergerbus-rlp.de/

VG macht Bürger mobil

Ein gutes Beispiel, wie man die Idee Bürgerbus in die Tat umsetzt, demonstriert die Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen. Seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Manfred Scherer (SPD) vor rund neun Jahren hat Bürgerbeteiligung in der VG einen hohen Stellenwert. Die konkrete Lebenssituation konnte durch Projektgruppen zu unterschiedlichsten Aufgabenstellungen gemeinsam mit den Bürgern wesentlich verbessert werden. Besonders erfolgreich laufen die zwei Bürgerbusprojekte, der Mob’s im südlichen Teil der Verbandsgemeinde und der HoBBs im nördlichen Teil.

Angefangen hat es mit Workshops. Gemeinsam mit den Bürgern wurden die Bedarfe der Menschen in den Gemeinden analysiert. Dabei zeigte sich, dass gerade ältere Menschen unter der mangelnden Mobilität im ländlichen Raum leiden.

Folgerichtig ist dann die Idee für Bürgerbusse entstanden. Arbeitskreise mit ehrenamtlich engagierten Bürgern haben sich dann der Bürgerbus-Idee konkret angenommen. Viele Fragen waren zu klären, wie zum Beispiel:

  • Machen wir einen zusätzlichen Linienverkehr oder holen wir die Menschen je nach Bedarf von zu Hause ab?
  • Bieten wir nur Fahrten innerhalb der Gemeinde an oder auch überörtlich?
  • Wer trägt die Kosten?
  • Erheben wir ein Beförderungsentgelt?
  • Wie groß muss der Bus sein?
  • Wer fährt den Bus?
  • Welche Genehmigungen werden benötigt?
  • Wie organisieren wir die Planung der Fahrten?

In die Arbeit der Arbeitskreise waren die Gemeindespitzen von Anfang an eingebunden. Dies sicherte eine weitgehende Identifikation mit dem Projekt. Die Fragestellungen wurden nacheinander abgearbeitet und die Finanzierung der Anschaffung des Bürgerbusses durch die jeweilige Ortsgemeinde geklärt. Sehr schnell war auch klar, dass die Fahrten mit dem Bürgerbus für die Fahrgäste kostenfrei sein sollen.

Angebot wird angenommen

Der Bürgerbus Sprendlingen (Mob‘s) bringt nun seit dem Jahr 2011 mobil eingeschränkte Menschen von zu Hause zum Arzt, zum Frisör oder zum Einkaufen. Der Bus bringt sie dann natürlich auch wieder zurück nach Hause. Die Bürger rufen den Telefondienst an und melden eine Fahrt an. Der Telefondienst erstellt dann einen Fahrplan. Mittlerweile fahren rund 30 ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer den Mob´s. Einmal im Monat treffen sich die Fahrer zu einem Fahrerfrühstück, um die Einsatzpläne für die nächsten Wochen zu besprechen.

Rund 23.000 Euro hatte die Ortsgemeinde für die Anschaffung des Bürgerbusses bereitgestellt. Das war eine lohnende Investition. Über 5.000 Fahrgäste wurden mittlerweile befördert und das Angebot auch auf benachbarte Gemeinden ausgeweitet. Als nächstes ist die Anschaffung eines Elektrobusses geplant.

Der Horrweiler Bürgerbus (HoBBs) dreht seit September 2013 an fünf Tagen in der Woche nach einem festen Fahrplan seine Runde. Über 40.000 Kilometer wurden mittlerweile mit weit über 7.000 Fahrgästen gefahren. Schüler und Senioren aus Horrweiler und Aspisheim nehmen das Angebot gerne an. Viele Kunden sind Stammgäste, die zum Einkaufen, zur Apotheke oder zum Arzt gefahren werden und dort nach einigen Stunden dann wieder abgeholt werden. Auch Berufspendler nutzen das Bürgerbusangebot, um zum Bahnhof Gensingen-Horrweiler zu gelangen.

Sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV

Seit 2018 wird der Bürgerbus an zwei Wochentagen auch an die Ortsgemeinden Gensingen und Grolsheim ausgeliehen, wo ein weiteres Dutzend ehrenamtliche Fahrer die Fahrdienste für die Senioren anbieten. Hier ist in Kürze die Anschaffung eines weiteren Bürgerbusses mit Elektromotor durch die beiden Ortsgemeinden geplant.

Nach der nunmehr langjährigen Erfahrung zeigt sich, dass die eingesetzten Bürgerbusse eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV-Angebot darstellen und vorhandene Lücken schließen. Die Menschen bleiben so (auch im Alter) mobil.

Finanzierung

Der finanzielle Aufwand für die Ortsgemeinden hält sich in Grenzen. Neben den Anschaffungskosten sind die überschaubaren laufenden Kosten aufzubringen. Diesem Aufwand stehen jedoch freiwillige Spenden der Fahrgäste gegenüber. Zudem zahlt der Landkreis Mainz-Bingen seit 2015 für die Organisation und den Betrieb von Bürgerbussen ehrenamtlicher und gemeinnütziger Initiativen einen Zuschuss, in dem er die ungedeckten Kosten bis zu einer Höchstgrenze von 5.000 Euro/Jahr/Bus übernimmt.

Die Bürger in der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen sind mit dem Bürgerbusangebot hoch zufrieden und dankbar für den Zugewinn an Lebensqualität!

Dieser Text ist zuerst im Landes-SGK Extra Rheinland-Pfalz erschienen. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der SGK Rheinland-Pfalz.