Wahl im Kreis Oder-Spree

Die CDU hat wieder keine Brandmauer zur AfD gezogen

Karin Nink15. Mai 2023
Die Stadtmauer von Beeskow (Landkreis Oder-Spree) steht noch. Die Brandmauer gegen rechts dagegen bröckelt – zumindest bei der CDU.
Fast hätte die AfD die Chance gehabt, eine Landratswahl zu gewinnen: Im Kreis Oder-Spree erhielt ihr Kandidat knapp 48 Prozent. Dass es so weit gekommen ist, liegt auch am Verhalten von CDU und Freien Wählern. Ein Kommentar.

Frank Steffen (SPD) ist neuer Landrat im Kreis Oder-Spree. Er hat die Wahl gegen den weitgehend unbekannten AfD-Kandidaten gewonnen. Das ist erstmal eine richtig gute Nachricht, denn es hat der demokratische Kandidat gesiegt.

Die CDU duckt sich im Kampf gegen rechts weg

Die Geschichte hinter der Geschichte ist leider weniger positiv. Denn es muss bei diesem Wahlausgang auch daran erinnert werden, dass die CDU und die Freien Wähler keine Wahlempfehlung für den letzten verbliebenen demokratischen Kandidaten abgegeben haben und damit riskierten, dass erstmals in Deutschland ein AfD-Mann zum Landrat hätte gewählt werden können. Das mag auch die Stimmendifferenz von lediglich 5 Prozentpunkten erklären.

Die CDU hat es damit wieder einmal nicht für nötig gehalten, eine Brandmauer zur rechtsextremen AfD zu ziehen. Wohlgemerkt, der Verfassungsschutz in Brandenburg beobachtet die AfD seit drei Jahren als rechtsextremistischen Verdachtsfall! Doch die brandenburgische Union ficht das allen öffentlichen Bekundungen zum Trotz offensichtlich nicht an. Auch nicht die Christdemokraten im Bund. Lautstarke Kritik war jedenfalls nicht zu vernehmen.

Aus dem Fall Kemmerich nichts gelernt?

Dabei hat die brandenburgische CDU sich noch im Februar 2020 nach der Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit Stimmen von AfD, CDU und FDP ganz anderes positioniert. Als einer der Partner in der Kenia-Koalition unterschrieben die Christdemokraten eine gemeinsame Erklärung mit SPD und Grüne. Hier sei ausnahmsweise, aber aus berechtigtem Grund ausführlich daraus zitiert:

„Kooperationen mit dieser rechtsextremen Partei (AfD; die Red.) darf es nicht geben…Die gefassten Unvereinbarkeitsbeschlüsse im Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit der AfD, gleich ob institutionalisiert oder rein faktisch, auf allen politischen Ebenen von der Bundes- bis hin zur kommunalen Ebene gelten unverändert. Die Koalitionspartner betonen…, dass in diesen polarisierten Zeiten die Stärkung der politischen Mitte gegenüber den extremistischen Rändern, insbesondere dem Rechtsextremismus, und die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts ihre zentralen Anliegen sind.“

Dem wäre nichts hinzuzufügen, wenn sich die Christdemokraten denn auch so verhielten. Aber offenbar ist diese Erklärung nicht das Papier wert, auf dem sie steht.

Fatale Entscheidung

Vor der Stichwahl im Kreis Oder-Spree hatte die CDU die Wahl: Sie hätte ein klares Zeichen gegen rechtsaußen setzen können. Das hätte bedeutet: Die CDU stellt sich vor der Stichwahl – gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien – hinter Frank Steffen, denn nur er konnte die AfD noch stoppen. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus hatte die CDU noch genau das getan und so dazu beigetragen, die politische Mitte zu stärken.

Die andere Option: Man beschränkt sich auf die Rolle des passiven Zuschauers. Dafür entschied sich die CDU im Kreis Oder-Spree. Damit sendete sie implizit eine fatale Botschaft aus: „SPD oder AfD? Uns doch egal!”

Macht die CDU die AfD salonfähig?

Die CDU  setzen damit den Tabubruch fort, der mit der Wahl Kemmerichs erfolgte (auch wenn dieser schon am Folgetag seinen Rückzug ankündigte). Sei es aus Kalkül, sei es aus Nachlässigkeit. Ersteres, nämlich gezieltes machtpolitisches  Kalkül seitens der CDU, scheint zunehmend wahrscheinlich und lässt Übles für die verschiedenen Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene in 2024 erwarten. Erinnerungen an die Weimarer Republik werden erneut wach, als bürgerliche Parteien die Nazis salonfähig gemacht haben. Denn offenbar ist das für die CDU keine ausgeschlossene Option.

Deswegen müssen sich auch im Bund CDU-Chef Friedrich Merz und sein Generalsekretär Czaja fragen lassen, wo sie stehen und ob sie aus der Geschichte nichts gelernt haben. Das gilt für die kommunale Ebene bis hin zu Europa, wo der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (CSU) zunehmend die Nähe von Rechtspopulisten sucht. Oder hat CDU-Chef Merz noch nicht einmal die Autorität, in der Union gezielte Flirtversuche mit der AfD zu unterbinden?

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