Blog Aus den Bundesländern

Die digitale Sitzung: Eine Herausforderung für Verwaltung und Vorsitzende

Thomas Irmer25. Mai 2021
Digitale Sitzungen sind Alltag geworden.
Digitale Rats- oder Kreistagssitzungen sind in der Corona-Krise Normalität geworden. Doch manche Verwaltungen tun sich mit der Umstellung schwer. Thomas Irmer, selbständiger Medienberater und Fraktionsvorsitzender der Kreistagsfraktion Dahme-Spreewald, gibt Tipps, was zu beachten ist.

Wer hätte vor gut einem Jahr gedacht, dass wir über die Organisa­tion einer Gemeindevertretersitzung, Stadtverordnetenversammlung oder gar Kreistagssitzung in digitaler Form nachdenken? Wo einige Regionen unseres Bundeslands Brandenburg noch nicht mal mit einer zeitgemäßen ­Internetverbindung ausgestattet sind? Corona kann Fluch und Segen sein. Machen wir doch das Beste daraus – und lernen dabei dazu.

Ein Professor sagt mal zu mir, besser einen alten Gesetzeskommentar als keinen. So ähnlich dürfte es sich bei der Frage der Organisation einer digitalen Sitzung verhalten. Denn ich kann vorwegnehmen – es gibt keine perfekte Lösung. Es gibt aber viele ­gute Beispiele und im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit ist Fragen und „Abgucken“ erlaubt. Sie werden sicher Verständnis dafür ­haben, dass man in dieser Ausgabe keine komplette Anleitung zur perfekten Umsetzung schreiben kann. Ich möchte dennoch versuchen ein paar Impulse zu geben.

Am Anfang steht die Frage: Was wollen wir?

Es gibt viele Wege, die nach Erkner führen. Zunächst sollte man sich die Frage stellen, was sollen wir konkret machen. Sollen die Mitglieder der Vertretung digital an der Sitzung teilnehmen? Sollen die BürgerInnen digital teilnehmen können? Oder beides?

Denn jede dieser Überlegungen bringt einen zusätzlichen Aufwand mit sich. Die Sitzungsleitung wird beispielsweise bei einer Mischvariante – also im Saal anwesenden Mitgliedern der Vertretung und digital anwesenden Mitgliedern – einen erhöhten Aufwand in der Sitzungsleitung haben. Da ist es gut, wenn man sich vorher mit dem Präsidium abstimmt, wer welche Aufgaben übernimmt. Ebenso sollte man vorab eine Sitzung üben – jeder muss mit den technischen Gegebenheiten vertraut gemacht werden. Es müssen zusätzliche „Spielregeln“ vereinbart werden. Weiterhin kann man auch über eine voll elektronische Sitzung nachdenken. Hierbei wäre zu bedenken, dass die „Öffentlichkeit“ hergestellt werden muss. Möchte man jetzt noch BürgerInnen aktiv teilhaben lassen, wird hier ein weiterer Aufwand unumgänglich sein.

Sie merken schon an dieser Stelle: Es gehört immer Mut dazu. Sie werden aber merken, dass dieser Mut belohnt wird. Es gibt noch keine statischen Erhebungen – aber allein die Kreistagssitzung des Landkreises Dahme-Spreewald vom 17.02.2021 hat derzeit 1158 Aufrufe. (Quelle: https://www.youtube.com) und damit mehr virtuelle TeilnehmerInnen  als jemals zuvor.

Technische Herausforderungen meistern

Nachdem man sich also überlegt hat, welches Modell man umsetzen möchte, kommt die Verwaltung ins Spiel. Nicht jeder Sitzungssaal ist entsprechend ausgestattet. Mittlerweile sind unserer Verwaltungen aber in der Lage – auch durch den eigenen Tagesablauf – Videokonferenzen zu organisieren.

Was ist also eine Grundvoraussetzung? Internet, Computer, Mikrofon und Kamera sowie eine Software.

Ein PC oder Laptop wird in der Verwaltung ganz sicher vorhanden sein. Bezüglich einer Kamera gibt es bereits ab 30 Euro gute USB-Geräte mit einem Weitwinkel. Damit decken Sie auch einen großen Sitzungsbereich ab. Hier merkt man schon, dass es im Vorfeld einiges zu überlegen gibt, etwa: Wie kann ich die Teilnehmer so abbilden, dass der digitale Sitzungsteilnehmer auch ordnungsgemäß und allumfassend informiert wird? Sollte das beispielsweise nicht möglich sein, greifen Sie auf ein Rednerpult zurück!

Wenn bereits eine Mikrofonanlage vorhanden ist, lässt sich der PC mittels Adapter dort integrieren und einer digitalen Sitzung steht fast nichts mehr im Weg. Achtung an dieser Stelle: Ohne eine Mikrofonanlage muss man der Tonübertragung ein besonderes Augenmerk widmen. Hier wäre ein Raummikrofon (Konferenzmikrofon) über Bluetooth beispielweise denkbar.

Eine gute Internetverbindung sollte vorhanden sein

Die Internetverbindung sollte nicht das Problem werden. Bei einer komplett digitalen Sitzung sind alle Teilnehmer über die eigene Internetverbindung zugeschaltet. Sollten Sie jedoch eine Mischvariante einplanen, muss am Ort der Sitzung eine Internetverbindung vorhanden sein. Auch hier stoßen einige Sitzungsorte an Grenzen. Sollte kein fester Anschluss vorhanden sein, tut es ein Mobilfunk-Datentarif auch. Wichtig hierbei ist ein guter Datendurchsatz – man sollte schon mindestens 20 MBit/s erreichen, um eine größere Sitzung ohne „Ruckeln“ durchzuführen. Je nach Tarif sind hierfür zwischen 30 und 80 Euro pro Monat fällig.

Es gibt derzeit (noch) keine perfekte Software

Wenn wir der Berliner Datenschutzbeauftragten vertrauen, sollten Sie an der Stelle den Artikel beiseitelegen und für die Sitzung wieder wie gewohnt einladen. Denn es wird tatsächlich schwierig, ein System zu finden, welches zu 100 Prozent den aktuellen Datenschutzbestimmungen entspricht. Die Systeme, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind derzeit an einen eigenen Server oder an einen selbst angemieteten Server gebunden. Allein für eine digitale Sitzung der Vertretung wird hier die Kostenseite nicht in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen stehen. Sie werden also auf die gängigen Anbieter wie CiscoWebex, Zoom oder Microsoft Teams ausweichen.

Warum schreibe ich das so locker hier auf? Weil Verwaltungen – ohne Mut – gern mit der technischen Keule kommen. „Es geht nicht, weil …“ Solche Sätze kennen wir alle. Lassen Sie sich an der Stelle nicht entmutigen. Auch die Investition einer Summe bis 5.000 Euro für die technische Umsetzung ist an sich völlig in Ordnung und letztlich auch eine gute Investition in die ­Zukunft.

Eine Alternative – externe Dienstleister ins Boot holen

Eine weitere Möglichkeit zur Realisierung kann die Beauftragung einer externen Firma mit der Dienstleistung sein. Hier gibt es diverse Möglichkeiten, je nach Budget. Es lohnt sich auf jeden Fall, beispielsweise mit einem regionalen Fernsehsender oder einer Veranstaltungsfirma den Kontakt zu suchen.

Ich habe auf meiner Webseite eine Linksammlung eingefügt, um einige der hier beschriebenen Anbieter ­zusammenzufassen. Sie finden die Links unter:
www.thomas-irmer.de/linksammlung

 

Dieser Text stammt aus dem Landes-SGK EXTRA Brandenburg der DEMO und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Brandenburg.