Blog Meine Sicht

Die documenta – eine Marke von unschätzbarem Wert

Christian Geselle20. September 2017
Christian Geselle
Christian Geselle
In Kassel ist die documenta 2017 zu Ende gegangen. Was bedeutet die alle fünf Jahre stattfindende Kunstschau für die Stadt? Oberbürgermeister Christian Geselle gibt Auskunft.

Auch nach mehr als 60 Jahren ihres Bestehens löst die documenta ihr Credo ein, dass sie sich stets erneuert und ihrem Publikum immer wieder Unerwartetes präsentiert. Mit einem Überraschungserfolg startete bereits Arnold Bode, der „Gründer“ der ­documenta, im Jahr 1955. In der schwer kriegszerstörten Stadt inszenierte er, teilweise in Ruinen, ungewöhnlich und zugleich wunderbar die Kunst der Moderne, die in der Zeit des Nationalsozialismus verbannt und dem Publikum nicht zugänglich gewesen war.

Mekka der Kunstwelt

Heute ist die documenta die bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst und Diskussionsplattform für die jeweils aktuellen Themen der Zeit. Ihr Wirkungsgrad in der Kunstwelt ist immens, für Kunstinteressierte ist sie alle fünf Jahre ein Mekka. Die documenta hat sich über diese Bedeutung hinaus auch zu einer Marke der inzwischen offiziell so benannten „documenta-Stadt Kassel“ entwickelt. Ein nicht zu kopierendes Profil, das von unschätzbarem Wert für unsere Stadt und die Region ist.

Die documenta ist auch ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor für Kassel. Sie selbst ist ein Arbeitgeber, zudem sind zahlreiche regionale Betriebe und Unternehmen für die Ausstellung tätig. Hotels, die Gastronomie und der Handel profitieren von den Gästen, deren Gesamtzahl zur documenta 13 bei rund 900 000 lag. Es ist errechnet worden, dass bei dieser Besucherzahl rund 100 Millionen Euro als „Wertschöpfung“ in Kassel verbleiben. Auch wenn dies nicht das primäre Ziel einer documenta ist, so ist es doch ein erfreulicher Nebeneffekt. Zur Halbzeit der documenta 14 sind bereits 445.000 Besucher nach Kassel gekommen, 17 Prozent mehr als in der ersten Hälfte der documenta vor fünf Jahren.

Auch hinterlässt jede documenta bleibende Spuren in unserer Stadt. Kunstwerke der Ausstellung werden mit öffentlichen Mitteln angekauft. Die documenta ist so an vielen zentralen Stellen und versteckten Ecken unserer Stadt immer präsent.

Kassel vibriert für 100 Tage

documenta Parthenon
„The Parthenon of Books“: Blick auf das Fridericianum, documenta 2017. Foto: Stadt Kassel

Die documenta ist für 100 Tage ein prägendes Element des Lebens in der Stadt. Die Einwohner Kassels, die in den frühen Jahren der Kunst und den Künstlern der documenta noch verhalten bis kritisch gegenüberstanden, identifizieren sich heute mit „ihrer“ documenta. Und sie genießen in den documenta-Sommern das vibrierende Flair, das so viele Gäste aus unterschiedlichen Nationen mit sich bringen. Das documenta-Jahr bietet auch für die Kulturakteure Kassels stets einen besonderen Rahmen und Ansporn zu außergewöhnlichen Vorhaben und Initiativen. Weit über tausend kulturelle Projekte und Veranstaltungen unterschiedlichster Sparten und Richtungen bilden den Kern von Kasselkultur2017, dem Stadtprogramm im documenta-Jahr.

Die Spuren der documenta

Eine einzigartige Schatzkammer an öffentlich zugänglichen Quellen zur zeitgenössischen Kunst ist das documenta-Archiv, dessen Gründung auf einer Idee Arnold Bodes beruht. Derzeit ist ein documenta-Institut im Aufbau begriffen. Es wird die documenta als ein Kulturerbe von internationalem Rang im Hinblick auf ihre Geschichte aufarbeiten.

Die neuberufene documenta-Professorin an der Kunsthochschule Kassel, Prof. Dr. Nora Sternfeld, will Kassel als international relevanten Standort für Ausstellungstheorie und -praxis positionieren.

Kassel ist mehr als die documenta

Unsere Stadt hat in den vergangenen Jahren eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung genommen und sich dabei zu einem der zentralen Kulturstandorte in Deutschland entwickelt. Dazu tragen die kreative Szene rund um die Kunsthochschule ebenso bei wie etablierte Einrichtungen der Hochkultur und eine vielgestaltige Museumslandschaft. Mit dem Bergpark Wilhelmshöhe ist die Stadt ein UNESCO-Weltkulturerbe, mit der GRIMMWELT Kassel auf dem Weinberg die moderne Grimmhauptstadt Deutschlands. So können wir in Kassel die Lebensqualität genießen, die ein vielgestaltiges Kulturleben mit sich bringt. Nicht zuletzt die documenta mit ihrer großartigen Geschichte hat daran einen ganz erheblichen Anteil.

 

Hintergrund:
14. documenta mit Besucherrekord

Die 14. documenta ist am vergangenen Sonntag nach 163 Tagen zu Ende gegangen. Sie wurde erstmals in zwei Städten gezeigt: Kassel und Athen. Wie die Veranstalter mitteilen, haben während der 100 Tage in Kassel 891.500 Menschen die Ausstellung besucht. In Athen wurden die Ausstellungsorte der documenta über 339.000 Mal besucht. In der Summe kommt die Schau damit auf weit mehr als eine Million Besucher. „Das macht die documenta 14 zur meistbesuchten Ausstellung zeitgenössischer Kunst aller Zeiten“, so die Veranstalter. Die documenta gilt als weltweit wichtigste Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Sie findet alle fünf Jahre in Kassel statt. (Red.)