Weltflüchtlingstag am 20. Juni

Flüchtlingen solidarisch helfen

Hussien Khedr18. Juni 2021
Graffitto in Berlin
In der Corona-Pandemie sind die Anliegen Geflüchteter ins Hintertreffen geraten. Es war sehr schwer für jene, die immer noch auf der Flucht sind sowie auch für die, die es nach Europa oder Deutschland geschafft haben, die nötige Hilfe zu bekommen. Für uns Sozialdemokraten ist die Integration eine dauernde gesellschaftliche, aber auch staatliche Aufgabe. Deswegen werden wir uns weiter einsetzen, den Menschen, die zu uns kommen, den Anspruch auf Integrations- und Beteiligungsangebote zu gewährleisten, meint Autor Hussien Khedr anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni.

Die Welt hat sich seit März des vergangenen Jahres hauptsächlich mit der Corona-Pandemie beschäftigt, wir sind zu wahren „Corona-Experten“ gereift und mussten das Leben quasi neu erfinden. Dabei ist ein wichtiges Thema – wie so viele andere Dinge auch – ins Hintertreffen geraten: Der Weltflüchtlingstag am 20. Juni ist ein guter Anlass, daran zu erinnern, dass nach wie vor über 80 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind.

Hussien Khedr ist seit 2017 Beisitzer im Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD und seit 2019 Vize-Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD und ist neben weiteren Funktionen seit 2015 Vorsitzender des Integrationsrats der Gemeinde Hiddenhausen. Der gebürtige Ägypter lebt seit 2011 in Hiddenhausen, dem Heimatort seiner Frau, Nach einer Ausbildung zum Fachinformatiker und dem Studium der Rechtswissenschaften arbeitet er als Perspektivberater beim DRK. Foto: SPD Hiddenhausen

Mehr als 60.000 Asylanträge nicht entschieden

Zwischen Januar und Mai 2021 wurden 67.646 Asylanträge in Deutschland gestellt. Das sind etwa 40 Prozent mehr Anträge als im Vorjahr. Das heißt also, nach wie vor flüchten Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen aus ihrem Heimatland und nach wie vor brauchen viele dieser Menschen Schutz, denn in ihrer Heimat drohen ihnen unter Umständen Krieg, Folter, Vergewaltigung, Verfolgung, oder Tod. Ende Mai 2021 lagen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sogar 60.425 Asylanträge, bei denen die Entscheidung noch anstand.

Diese Menschen sind also auf Hilfe von Europa und Deutschland angewiesen. Aber im vergangenen Jahr war es sehr schwer für jene, die immer noch auf der Flucht sind sowie auch für die, die es nach Europa oder Deutschland geschafft haben, diese Hilfe zu bekommen.

Lange Ungewissheit belastet Geflüchtete zusätzlich

Angefangen bei den Erstaufnahmelagern, in denen in der Regel schon in normalen Zeiten katastrophale Umstände herrschen, bis hin zu den Zentralunterkünften, wo es auch schwierig ist, die Corona-Vorschriften umzusetzen und einzuhalten: Häufig gab es Corona-Ausbrüche in den Zentralunterkünften, was auf die gemeinsame Nutzung von Gemeinschaftsräumen, Toiletten usw. zurückzuführen ist.

Ausländerbehörden sind per se schon überlastet, in Corona-Zeiten sind viele Mitarbeiter im Homeoffice und die Bearbeitung der Anträge geht nur schleppend voran, beim BaMF oder auch beim Gericht sind viele Verfahren in der Schwebe, Ungewissheit über einen langen Zeitraum belastet die Geflüchteten zusätzlich. Viele Ehrenamtliche konnten während der langen Lockdown-Zeiten auch nicht mehr so unterstützen, wie sie es sonst getan haben.

Auch die Integration von Geflüchteten blieb das letzte Jahr weitestgehend auf der Strecke. Sprach- und Integrationskurse konnten nicht stattfinden, zudem fehlt es oft an den richtigen Mitteln, um zumindest einen Online-Kurs zu absolvieren. So treten diese Menschen momentan auf der Stelle und können kaum etwas dazu beitragen, um zum Beispiel ihren Asylantrag voranzutreiben oder einen wichtigen Schritt in Richtung Arbeit zu tun. Abwarten ist angesagt.

Es muss schnell etwas passieren

Was der übrigen Bevölkerung in Deutschland schon arg zugesetzt hat, nämlich das Fehlen von sozialen Kontakten, geregelten Tagesabläufen und das Gefühl von Einsamkeit, ist etwas, das Geflüchtete viefach auch schon vor Corona erlebt haben. Hinzu kommen jetzt oft Angst und Ungewissheit. Nicht wenige Geflüchtete haben Depressionen. Je länger sich diese Ungewissheit und das Fehlen sozialer Teilhabe hinziehen, umso schwerer wird es, die Menschen noch erfolgreich zu integrieren.

Es muss also etwas passieren, um sie schnell zu integrieren, beispielsweise durch schnelle dezentrale Unterbringungen in den Kommunen und einen raschen Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Sprachkurs.

Auch bei den Geflüchteten sind es die Kinder, die besonders unter den Auswirkungen der Pandemie leiden. Oft haben sie schon durch die Flucht Monate oder gar Jahre an Bildung verloren. Kommen sie nach Deutschland sprechen sie meistens kein Deutsch, teilweise kennen sie die lateinische Schrift nicht. In den Zentralunterbringungen fehlt es dann an Platz und Ruhe, um sich auf das Lernen konzentrieren zu können. Kommt nun noch der Distanzunterricht während des Lockdowns dazu, wird es sehr schwierig, den Kindern noch eine gute Bildung zu vermitteln. Häufig fehlt es an Lernmaterialen, eigenen Schreibtischen oder gar Computern und Internetzugang, was Homeschooling unmöglich macht.

Für Sozialdemokraten ist die Integration eine dauernde gesellschaftliche, aber auch staatliche Aufgabe

Für uns Sozialdemokraten ist die Integration eine dauernde gesellschaftliche, aber auch staatliche Aufgabe. Deswegen werden wir uns weiter einsetzen, den Menschen, die zu uns kommen, den Anspruch auf Integrations- und Beteiligungsangebote zu gewährleisten. Der Zugang zu Integrations- und Sprachkursen muss von Tag 1 gegeben sein, die Kinder müssen den direkten Zugang zum Bildungsangebot bekommen, denn aus jedem Kind kann alles werden. Dafür stehen wir.