Blog Meine Sicht

Die Grundsteuerreform – viel Arbeit für Kommunen

Frank John20. Mai 2019
Frank John, Bürgermeister der Gemeinde Kirkel
Die geplante Grundsteuerreform bereitet den Kommunen Kopfzerbrechen – nicht nur deshalb, weil sie um ihre Einnahmen fürchten. Die Reform bringt auch viel Arbeit mit sich, analysiert Kirkels Bürgermeister Frank John. Die Zeit drängt.

Am 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht ein wegweisendes Urteil in Sachen Grundsteuer vorgelegt. Es hat die bisherige Form der Steuererhebung und der Bewertung der Grundstücke für verfassungswidrig erklärt. Die Frist, eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen, endet am 31.12. diesen Jahres. Die Umsetzung des neuen Gesetzes muss bis zum 31.12.2024 erfolgt sein. Bis dato gibt es in der bundespolitischen Debatte lediglich ein Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums, dass noch nicht in einen Gesetzesentwurf gegossen worden ist. Die Zeit wird langsam knapp. In diesem Artikel geht es weniger um die politischen Fakten der hoffentlich weiterbestehenden Grundsteuer als um die Umsetzung bis 2024. Hier kommt auf die Kommunen noch viel Arbeit zu, wie wir gleich sehen werden.

Der Status quo

Kurz noch etwas zu den Eckdaten. Etwas mehr als 5.000 Grundstücke ergeben zurzeit ein Grundsteueraufkommen von etwa zwei Millionen Euro. Die Tendenz ist durch zunehmende Bebauung steigend. Eines noch zur Klarstellung in der gegenwärtigen Diskussion. Damit werden aber keineswegs Investitionen finanziert. Die Grundsteuer dient als Deckungsbeitrag für die laufenden Kosten. Bei einem Haushaltsvolumen von etwa 16 Millionen Euro fehlen dann etwa 15 Prozent der Einnahmen, ein nicht zu verachtender Posten.

Wie läuft grundsätzlich die Erhebung der Grundsteuer? Es erfolgt eine Bewertung des Grund und Bodens sowie der darauf stehenden Gebäude. Auf diesen Wert wird eine bundeseinheitliche Steuermesszahl angewendet. Das Ergebnis wird mit dem vom Gemeinderat festgelegten Hebesatz multipliziert. Dadurch ergibt sich die Steuerbelastung des jeweiligen Grundstücks. Da dieses Erhebungsmodell beibehalten werden soll, wird durch das Bundesgesetz die erste und die zweite Stufe festgelegt werden. Man könnte aber die zweite Stufe so ausgestalten, dass von Land zu Land verschiedene Steuermesszahlen möglich würden (ähnlich wie bei der Grunderwerbssteuer). Da das Ganze aufkommensneutral sein soll, kommt es dann entscheidend auf den gemeindlichen Hebesatz an. Selbst wenn diese Punktlandung gelingen sollte, wird es mitunter viele Verlierer und vielleicht nur einige Gewinner geben. Zum jetzigen Zeitpunkt sind aber alle Diskussionen Glückssache. Klar ist, dass die Kommunen die Grundsteuer zur Finanzierung ihrer gemeindlichen Leistungen benötigen.

Eckpunkte der Reform

Welche Arbeit kommt nun in diesem Konglomerat in der nächsten Zeit auf die Kommunen zu? Im Moment sind folgende Eckpunkte klar:

  1. Die Kommunen erheben weiterhin die Grundsteuer.
  2. Die Bewertung und der Erlass der Grundlagenbescheide erfolgt weiterhing durch die Bewertungsstelle der Finanzämter.
  3. Die Übermittlung des Grundsteuermessbetrages erfolgt mittels ELSTER – Transfer ausschließlich digital.
  4. Die erste Hauptfeststellung erfolgt auf den 01.01.2020, ertragswirksam wird die neue Grundsteuer ab dem 01.01.2025.
  5. Die Bewertung erfolgt aufgrund einer Selbsterklärung des Eigentümers gegenüber dem Finanzamt, die möglichst über ELSTER digital gemacht werden sollen.
  6. Eigentümer-Adressdaten, Kataster- und Liegenschaftsdaten werden anders als bisher miteinander verknüpft.
  7. Alle sechs Jahre soll eine regelmäßige Hauptfeststellung stattfinden.

Die Umsetzung der Eckpunkte erfordert aber einiges an Vorarbeiten, die vor allem, zumindest im Saarland, durch die Kommunen erfolgen müssen. In der Vergangenheit haben die Finanzbehörden ihre Adressdatenbestände nach Erlass des Einheitswertbescheides nicht mehr gepflegt, es war einfach nicht erforderlich. Die Gemeinden werden gesetzlich verpflichtet, diese Adressdaten den Finanzbehörden zur Verfügung zu stellen. Die Bereitstellung erfolgt mit dem bundeseinheitlichen Aktenzeichen, Miteigentümer sind nicht zu ermitteln.

Erheblicher Arbeitsaufwand

Dazu sind für die Kommunen umfangreiche Vorarbeiten zu erledigen. Zentrales Element der Lieferung ist das bundeseinheitliche Einheitswert-Aktenzeichen, das aus 17 Stellen besteht. Es muss lückenlos dem jeweiligen Objekt zuzuordnen sein. In der Mehrzahl der Kommunen sind diese neuen Aktenzeichen noch nicht vorhanden, da die alten Aktenzeichen ja eine eindeutige Zuordnung zuließen. Das heißt, fast alle Kommunen müssen dieses Einheitswert-Aktenzeichen erst konvertieren, ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand, den die Steuerämter wohl über das Wochenende bewerkstelligen müssen.

Doch auch nach der Konvertierung, so berichten Gemeinden, die bereits umgestellt haben, ergeben sich schwerwiegende Probleme. Es ergeben sich mehrere hundert Aktenzeichen, denen kein neues Aktenzeichen zuzuordnen ist, diese müssen dann alle von Hand zu Fuß überprüft werden, da hier die unterschiedlichsten Gründe vorliegen können. Hier muss oftmals Rücksprache mit den Finanzbehörden gehalten werden.

Es wird spannend, Verdruss ist programmiert

Ein weiteres Problem, zumindest im Saarland, sind die Bearbeitungsrückstände bei den einzelnen Bewertungsstellen für Zurechnungsfortschreibungen bzw. Neubewertungen. Diese Rückstände werden bis zum Stichtag 01.01.2020 nicht aufgearbeitet sein, sodass bei diesen Objekten im Wege der Schätzung nach den §§155, 162 AO ein Grundsteuermessbescheid oder Einheitswertbescheid zu erlassen ist (gegebenenfalls als vorläufige Festsetzung nach §165 AO). Dies funktioniert aber nur, wenn ein Objekt als Ganzes veräußert wurde und ein aussagekräftiger Kaufvertrag oder die Grundbucheintragung vorliegt.

Weitere Probleme ergeben sich durch die digitale Übertragung und die weitere Ausgestaltung des Gesetzes. Man sieht, es wird, was das Thema Grundsteuer betrifft, in diesem Jahr nicht nur im Gesetzgebungsverfahren spannend, auch die Umsetzung bis 2025 bringt einiges an Arbeit und voraussichtlich Verdruss mit. Da das nur eines unter vielen Themen sein wird, mit denen sich die Verwaltungen in den nächsten Jahren beschäftigen werden (Thema Digitalisierung), wird man um gezielte Personalisierungen mit Experten nicht herumkommen. Das Lamento über den Personalzuwachs bei den Kommunen klingt dabei schon in meinen Ohren.

 

Im Blog Meine Sicht schreiben wechselnde Autoren aus persönlicher Perspektive über kommunale Themen. Dieser Text wurde zuerst im Landes-SGK EXTRA Saarland der DEMO veröffentlicht und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der Saar-SGK.