Blog Aus den Bundesländern

Der Haushaltsplan: ein Buch mit sieben Siegeln

Steffen Barthels27. Dezember 2021
Respekt ist gut – Angst ist fehl am Platz. Das gibt Steffen Barthels Politiker*innen mit auf den Weg, die den Haushaltsplan für ihre Kommune bearbeiten sollen. Für sie hat er zwar kein Patentrezept, aber einige Tipps.

Gerade vielen neuen Kommunalpolitiker*innen treibt es manchmal den Angstschweiß auf die Stirn, wenn sie den dicken Wälzer „Haushaltsplan“ das erste Mal in die Hand oder die mehrere hundert Seiten lange PDF-Datei per E-Mail zugesandt bekommen. Der kommunale Haushalt macht vielen Kommunalpolitiker*innen immer ein wenig Angst.

Verstehe ich alles, was da drin steht? Woran erkenne ich, ob meine Projekte enthalten sind? Kann ich einfach Vorschläge zur Kürzung oder Erhöhung von Einnahmen und Ausgaben machen?

Auch mir ging das in den ersten Jahren so und ich hatte enormen Respekt vor den Haushaltsexperten in meiner Stadt- und Kreistagsfraktion und natürlich vor dem Kämmerer und der Verwaltung, die das Zahlenwerk zusammengestellt haben.

Respekt ist gut – Angst ist fehl am Platze. Letztlich ist der Haushalt auch nicht anders zu behandeln als jeder andere Antrag in der Gemeinde- oder Stadtverordnetenversammlung und dennoch hat sein Beschluss die größten Auswirkungen auf alle ­Tätigkeiten der Kommune.

Lesen, prüfen, fragen, korrigieren, ändern, beschließen!

Viele wichtige Eckpunkte stehen in der Regel bereits im Vorbericht und aus diesem lassen sich oftmals schon eine Vielzahl von Fragen ableiten, die in den anschließenden Produkten und Konten nur detailliert darstellen, wie sich die Erträge und Aufwendungen bzw. Ein- und Auszahlungen darstellen.

Mit der Einführung der Doppik vor einigen Jahren hat sich die Grundlage für viele Gemeindevertreter*innen dennoch gewandelt. So gibt es sowohl positive als auch negative Aspekte. Die Einführung von Kennzahlen und Fallzahlen sollte vor allem der Steuerung zuträglich sein und die tatsächlichen „Werte“ einer Stadt oder Gemeinde abbilden.

Die Tücken der Doppik

Doch wenn wir ehrlich sind, dann ist die Steuerungsfunktion mittels Kenn- und Fallzahlen bisher in den meisten Kommunen nur ein hehrer Wunsch geblieben. Zwar können wir anhand dieser Zahlen Veränderungen in der Bewirtschaftung unserer Städte und Gemeinden ablesen, aber tatsächlich mit ihnen gearbeitet wird in den meisten Kommunen nicht. Auch ist es für viele schwierig, die Einzelpositionen für bestimmte Dinge herauszulesen und zu finden. Zwar bieten die Konten in der Doppik einen besseren Gesamtüberblick, jedoch kann durch die Zusammenfassung verschiedener Unterkonten die Übersichtlichkeit über die tatsächlichen Ausgaben für bestimmte Bereiche verloren gehen.

Deshalb scheut euch nicht, immer wieder zu fragen, was sich dahinter verbirgt. Nobody is perfect und auch ich erwische mich nach über 15 Jahren Haushaltlesen jedes Jahr aufs Neue, dass ich manchmal die gleichen Fragen habe wie im Vorjahr.

Welchen Teil zuerst?

Eine Patentlösung, wie man sich dem Haushalt nähert und wie man alles versteht, was darin enthalten ist, gibt es nicht. Jede und jeder hat da seine eigene Herangehensweise. Empfehlen würde ich allen aber zunächst die generelle Übersicht über den Ergebnishaushalt und Finanzhaushalt zu betrachten.

Hier lohnt sich der Blick auf die untersten Spalten Gesamtüberschuss/Gesamtfehlbetrag bzw. voraussichtlicher Bestand an Finanzmitteln am Anfang und Ende des Haushaltsjahres. In der Regel ist festzustellen, dass viele Verwaltungen gern die Einnahmen etwas vorsichtiger planen und die Ausgaben dafür etwas größer fassen. Die Stellschrauben herauszulesen ist oftmals das einzige Geheimnis und somit sind insbesondere im Produkt 61101 „Steuern, allgemeine Zuweisungen, allgemeine Umlagen“ die interessantesten Positionen für Veränderungen zu finden, wenn es um geplante Einnahmen geht.

Auch in die alten Pläne schauen

Wichtig ist: Betrachtet die tatsächlichen Ergebnisse der Vorjahre. Dafür braucht ihr nicht zu warten, bis die Jahresabschlüsse der vorangegangenen Jahre geprüft und festgestellt wurden. Auch das vorläufige Rechnungsergebnis ist in der Regel aussagekräftig genug und kann euch als Richtschnur dienen. Das Ergebnis des Vorvorjahres sowie den geplanten Ansatz des vergangenen Jahres findet ihr in jedem einzelnen Produkt und in den Übersichten zum Gesamthaushalt. Ein Blick in die Haushaltspläne der vergangenen Jahre lässt euch zudem die absolut erzielten Zahlen der Vorjahre erfahren.

Was die Ausgabenseite angeht: Seht euch die Investitionen in den einzelnen Bereichen an. Einige Vorhaben erstrecken sich über mehrere Jahre. Hier ist es sinnvoll zu prüfen, ob man mit Verpflichtungsermächtigungen arbeitet oder die Verwaltung jährlich neue Planzahlen in den Haushalt einstellt. Auch ist es sinnvoll, sich einen Überblick über mögliche Haushaltsreste zu verschaffen.

Die nächsten Investitionen schon mitdenken

Zwar landen diese, anders als in der Kameralistik, letztlich als „Überschuss“ im Gesamthaushalt und dienen der Liquidität eurer Gemeinde, jedoch müssen begonnene Maßnahmen auch beendet werden. Nicht selten wurde somit in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die gleiche Summe an Haushaltsmitteln für ein Projekt eingestellt, obwohl bereits ein Großteil der Ausgaben erledigt und abgegolten waren. Das ist dann zwar gut für das Jahresergebnis, hindert euch aber möglicherweise daran, weitere und notwendige Investitionen in einer gewissen Größenordnung zu planen und zu tätigen. Auch hier gilt es nachzufragen!

Haushalt und Doppik ist leider nicht in so kurzen Artikeln zu erklären und dennoch ist es ein spannendes und interessantes Feld, über das es viel zu lernen und zu berichten gibt. Viele Grundlagen vermitteln auch die Seminare unserer SGK, die ich euch wärmstens ans Herz legen möchte.

Haushaltsrecht ist das wichtigste Recht der Kommunalpolitiker*innen! Habt keine Angst davor, sondern nutzt es weise.

 

Dieser Text ist zuerst im Landes-SGK EXTRA Brandenburg der DEMO erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Brandenburg veröffentlicht.