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Katastrophenschutz mithilfe der Digitalisierung verbessern

Armand Zorn 08. September 2021
Der Einsatz verschiedener Warn-Apps verwirrte viele Menschen und sorgte mit dafür, dass lebenswichtige Informationen in ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit nicht einheitlich an die Bevölkerung weitergegeben wurden.
Nach den Überschwemmungen unter anderem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stellt sich die Frage, wie digitale Tools und Technologien zum Katastrophenschutz beitragen können. Armand Zorn, Experte für digitale Transformation und nachhaltige Wirtschaft und SPD-Bundestagskandidat in Frankfurt am Main, wirft einen Blick auf das Krisenmanagement während der Flutkatastrophe und offenbart einige Erkenntnisse für die Zukunft.

Ab dem 14. Juli 2021 meldete das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mehrere Warnungen über die Warn-App NINA (Notfall-Informations- und Nachrichten-App). Auch die Katwarn-App, die vom Fraunhofer-Institut FOKUS entwickelt wurde, verschickte mehrere offizielle Meldungen. Hinzu kamen noch Warnungen weiterer Apps der Bundesländer oder Landkreise mit unterschiedlichen Angaben über die Intensität der Gefahr.

Armand Zorn. Foto: peter-juelich.com

Im Ergebnis verwirrte das viele Menschen und sorgte dafür, dass lebenswichtige Informationen in ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit nicht einheitlich an die Bevölkerung weitergegeben wurden.

Zentrale Warn-Apps

In Zukunft empfiehlt es sich, im Krisenfall Informationen über eine zentrale Warn-App zu kommunizieren. Hierfür würde sich die App NINA eignen, die für eine Kapazität von bis zu 40 Millionen Personen entwickelt wurde. Derzeit besteht allerdings besteht mit zehn Millionen Nutzerinnen und Nutzern noch Potenzial in Sachen Bekanntmachung der App. Eine Werbekampagne – ähnlich wie bei der Corona App – könnte sicherlich dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad und somit auch die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer der App zu erhöhen.

Warnungen per Cell-Broadcast-Anwendung

Sich allerdings nur auf eine Krisenkommunikation über eine Warn-App zu verlassen wäre weder zielführend noch effektiv. Nicht alle Menschen werde die NINA-App auf ihren Smartphones installieren. Zudem besitzen viele (insbesondere ältere) Menschen zwar ein Handy, aber kein geeignetes Smartphone, um die volle Funktionalität der App zu gewährleisten. Folglich bedarf es eines ergänzenden Informationskanal per Broadcast-Anwendung.

Cell-Broadcast-Systeme funktionieren auf allen Handys – egal ob Smartphone oder nicht. Es handelt sich um eine Anwendung, bei der alle Menschen innerhalb einer Funkzelle im Krisenfall eine Nachricht auf ihre Mobilfunkgeräte erhalten, unabhängig von der Netzauslastung und der Installation einer App.

Dabei erscheint eine Warnmeldung auf dem Display und selbst wenn das Telefone stumm geschaltet ist, ist die Nachricht nicht zu überhören. Die USA, Japan, Israel oder die Niederlande nutzen diese Technik bereits erfolgreich. Auch in Deutschland haben sich Bund und Länder vor kurzem auf die Einführung der Cell Broadcast Anwendung im Katastrophenschutz geeinigt. Jetzt muss diese Ankündigung aber auch – und zwar zeitnah – tatsächlich umgesetzt werden.

Satellitenschüsseln mit WLAN-Zugängen an sicheren Orten als Notfallplan

Allerdings können in Katastrophensituationen, so wie zuletzt beim jüngsten Hochwasser, Funkzellen oder das Internet ausfallen, weil die Stromversorgung zusammengebrochen ist. In solch einer Situation würden weder Meldungen über Warn-Apps noch Textnachrichten über Cell-Broadcast-Systeme die Betroffenen erreichen.

Um solch ein Szenario in Zukunft zu vermeiden, bedarf es Satellitenschüsseln an sicheren Orten mit entsprechender Notstromversorgung, um Ortschaften im Notfall mit Mobilfunk und Internet versorgen zu können. Auch bei Alarmierungssystemen empfiehlt es sich auf Smarte Sirenen zurückzugreifen, die individuell und raumbezogen eingesetzt werden können und mit LEDs ausgestattet sind.

Katastrophenschutz fängt bei der Städteplanung an

Alle oben genannten Vorschläge können zu einem besseren Katastrophenschutz beitragen. Allerdings fängt ein vorausschauender Katastrophenschutz bereits in der Planung an. Auch hier können wir auf den technologischen Fortschritt zurückgreifen. So können Katastrophen wie Überschwemmungen auf Digital Twins (also einem digitalen Abbild einer potentiell bedrohten Stadt) simuliert werden, um die möglichen Auswirkungen zu visualisieren und präventive Maßnahmen einzuleiten.

Chancen der Digitalisierung wahrzunehmen, bedeutet den technologischen Fortschritt zum Wohle der Gesellschaft zu nutzen. Die Digitalisierung kann zu mehr Sicherheit beitragen. Es liegt an uns, sie auch entsprechend anzuwenden.