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Kommunalwahlkonzept der SPD Gilching bringt frischen Wind in den Gemeinderat

Christian Winklmeier24. Juni 2020
GemeinderätInnen unter 30: Nachrücker Nico Koch (26), Selina Rieger (18), Sophie Hüttemann (19), Kerstin Königbauer (24), Christian Winklmeier (28) (v.l.n.r.)
Die SPD Gilching wollte vor der Kommunalwahl 2020 einen neuen Weg ausprobieren: mit einem umgangreichen Bürgerbeteiligungsmodell und jungen Kandidierenden. Ein Bericht vom Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktion Christian Winklmeier.

Kommunalwahlen? „Am Ende werden doch eh wieder die gewählt, die schon seit Jahrzehnten im Amt sind.“ Bürgerbeteiligung? „Muss nicht unbedingt sein. Wir wissen ja wohl am besten, was zu tun ist.“ Überspitzt? Sicherlich. Ganz aus der Luft gegriffen? Sicherlich nicht.

Umfangreiches Bürgerbeteiligungsmodell

In der 19.000-Seelen-Gemeinde ­Gilching wollten wir vor der diesjährigen Kommunalwahl einen anderen Weg gehen. Nicht, weil wir in der Vergangenheit wenig Erfolg gehabt hätten – ganz im Gegenteil: Wir stellen seit zwölf Jahren einen SPD-Bürgermeister und die stärkste Fraktion im Gemeinderat –, sondern weil wir mit Blick auf ein schwieriges Umfeld (konservativer Landkreis Starnberg, Grünen-Hype, allgemeines SPD-Image) mit einer neuen Heran­gehensweise auf uns aufmerksam machen wollten: Hand in Hand mit der Bevölkerung, mit einer ­jungen und interessanten Gemeinderats­liste, mit öffentlicher Präsenz schon lange vor der Wahl – diese Ziele haben wir unter dem Motto „Zukunft Gilching“ vereinigt.

Konkret bedeutete dies, dass wir etwa eineinhalb Jahre vor der Wahl entschieden haben, mit einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsmodell nicht nur unsere rote Fanbasis, sondern einen möglichst großen Querschnitt der Bevölkerung langfristig an uns zu binden.

Ideen und Wünsche abgefragt

Den Auftakt bildete dabei die Verteilung einer Zeitung mit dem Titel „Zukunft Gilching“, die wir im März 2019 an alle Haushalte verteilt und worin wir unser Projekt beschrieben haben. Im Mittelpunkt stand dabei die Werbung für unsere „Auftaktveranstaltung“. Im Rahmen dieser Veranstaltung haben wir uns auf neun Themengebiete (z.B. Mobilität, Kultur, etc.) konzentriert und diese anhand einer einfachen Einteilung (zufrieden, mittel, unzufrieden) abgefragt.

Dieselben Themen und ein Zusatzfeld „Meine Idee für Gilching“ haben wir im Anschluss in Quartiersinfoständen (in sechs Ortsteilen) und anhand ­eines Fragebogens, den wir immer vorher im entsprechenden Quartier verteilt haben, diskutiert. Die insgesamt knapp 1.700 Rückmeldungen zu den einzelnen Themen haben wir im Anschluss redaktionell aufbereitet, zusammengefasst und zu circa 550 einzelnen Vorschlägen geclustert. In einer „Zwischenbilanz“ haben wir in einer weiteren Veranstaltung die wesentlichen Ideen veröffentlicht. Dabei haben wir den ersten zehn ­Kandidat­Innen auf der Gemeinderatsliste die Möglichkeit gegeben, jeweils mindestens ein Thema zu präsentieren und damit als ExpertInnen für ein Thema öffentlich wahrgenommen zu werden.

Im Anschluss daran hat ein buntgemischtes Team (Fraktion, Bürgermeister, Ortsverein) alle einzelnen Vorschläge diskutiert und die eigene Position festgehalten. Die Veröffentlichung der kommentierten Vorschläge wurde in unserer Wahlkampfzeitung angekündigt, sodass die BürgerInnen in der heißen Zeit vor der Wahl jede Woche zwei Themengebiete einsehen konnten. Dass diese Positionierungen die Grundlage für unser Wahlprogramm darstellten, erklärt sich von selbst.

Junge Kandidierende

Wie vorher bereits beschrieben, haben wir im Rahmen dieses Projekts auch einige jüngere KandidatInnen eingebunden und diese dadurch bekannt gemacht. Zentral war dabei, dass wir drei Jugendbeirätinnen (18, 19 und 24 Jahre jung) überzeugen konnten, auf unserer Liste anzutreten und für die „alte Dame“ SPD einzustehen.

Als ebenfalls erst 28-Jähriger war es mir wichtig, dass gerade jüngere KandidatInnen auch eine Chance erhalten, auf einem vorderen Listenplatz zu kandidieren. Deshalb haben wir uns im Ortsverein einstimmig darauf verständigt, dass alle fünf KandidatInnen unter 30 Jahren (zu uns Vieren kam noch der Stellvertreter von mir als OV-Vorsitzender mit 26 Jahren) unter den ersten 10 (von 24) GemeinderatskandidatInnen antreten durften. Zentral war dabei, dass auch die bisherigen GemeinderätInnen mit hinteren Listenplätzen einverstanden waren.

Im Wahlkampf haben die fünf „Jungen Wilden“ darüber hinaus ein Projekt in die Wege geleitet (Petition für eine Realschule in Gilching), das ihnen weitere Aufmerksamkeit beschert hat. Mit diesem frischen und positiven Auftreten haben wir etwas geschafft, was wir nicht für möglich gehalten haben. Neben mir (als „altem“ Gemeinderat) konnten auch noch die drei jungen Damen mit jeweils hervorragenden Ergebnissen ein Gemeinderatsmandat erringen.

Hoch motiviert

Mit Hilfe des Projekts „Zukunft ­Gilching“, das nun mit der Umsetzung der einzelnen Themen weitergeführt wird, haben wir nicht nur eine massive Präsenz im Jahr vor der Wahl gezeigt, sondern auch unser zweites Ziel, die Einbindung der Bevölkerung, in vorher nicht erhofftem Maße erfolgreich hinbekommen.

Ich bin sehr optimistisch, dass wir mit diesem Team aus jungen und erfahrenen Kräften, dem überparteilichen Auftreten (drei GemeinderätInnen sind nicht Mitglied der SPD) und der Offenheit für neue Themen sechs tolle Jahre vor uns haben. Die Motivation ist riesig, Gilching in dieser Zeit Hand in Hand mit der Bevölkerung weiterzuentwickeln.

 

Dieser Text ist zuerst im Landes-SGK EXTRA Bayern der DEMO erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Bayern veröffentlicht.
Bei der Gemeinderatswahl in Gilching im März 2020 erreichte die SPD 23,7 Prozent der Stimmen und damit genauso viele Sitze (sechs) wie die CSU.